Goslars Polizei reicht es - Präventionsmaßnahme für Senioren

von Nino Milizia


v.l. Oliver Grotha, Leiter Zentraler Kriminaldienst, Harald Töpfer, Prävention, Polizeioberrat Hans-Werner Röhrken und Polizeidirektorin Petra Krischker. Foto: Nino Milizia
v.l. Oliver Grotha, Leiter Zentraler Kriminaldienst, Harald Töpfer, Prävention, Polizeioberrat Hans-Werner Röhrken und Polizeidirektorin Petra Krischker. Foto: Nino Milizia | Foto: Nino Milizia

Goslar. Senioren im Landkreis Goslar werden immer häufiger zu Opfern. Betrugsmaschen zielen seit etwa einem Jahr auf hohem Niveau auf ältere Menschen ab. Die Polizei sieht daher Handlungsbedarf und hebt gemeinsam den Seniorenvertretungen des Landkreises eine neue Präventions-Initiative aus der Taufe: M U T ("Mit Uns nichT!") - Senioren stärken Senioren.


Die Leiterin der Polizeidirektion Goslar, Petra Krischker, gab sich bei einem Pressegespräch bezüglich der auf ältere Menschen abzielenden Kriminalität emotional: "Das ist eine Sache, die mich maßlos ärgert und ein Stück weit wütend macht. Wie man ältere Menschen in ihrer Angst ausnutzen kann, ist moralisch einfach absolut verabscheuungswürdig." Daher trete man nun mit einem Appell an die Bevölkerung heran, um ein neues Projekt ins Leben zu rufen. Bei "M U T" werde es darum gehen, im Team Seniorenberater auszubilden, die als Multiplikatoren dienen könnten.

Diese könnten in Gesprächen mit älteren Menschen wichtige Botschaften vermitteln. Man setze somit auf das Schneeballprinzip. Das bisherige Präventionsteam bestehe mit Stephanie Gobernack und Harald Töpfer aus zwei Beamten, doch der Landkreis sei groß. Gelänge es, rüstige Ehrenamtler zu finden und sie mit polizeilicher Fachlichkeit auszustatten, könnte man ein Netzwerk über den Landkreis spannen. Harald Töpfer beschrieb dann sogleich das Anforderungsprofil: "Wir suchen Menschen von 60 Plus, die mobilsind und mitten im Leben stehen. Diese sollen zu Seniorensicherheitsberatern ausgebildet werden, die ihr bei uns erworbenes Wissen im Rahmen ihrer sozialen Kontakte weitertragen wollen." Die Akzeptanz und das Vertrauen zu anderen sei einfach größer, man wende sich lieber an Bekannte als an Institutionen.

Opfer wenden sich aus Scham nicht an die Polizei


Schamgefühl spiele eine große Rolle, da sich viele Opfer aus eben diesem Grund oftmals nicht bei der Polizei meldeten. Ein zweiter wichtiger Aspekt sei, so Krischker, dass durch das Netzwerk auf bisher unausgesprochene Probleme aufmerksam gemacht werden könnte. Probleme, die Ältere sonst nicht erzählen wollen, da sie sich denken: "Das sagst du mal lieber nicht." So könnten endlich Dunkelfelder beleuchtet werden. An drei Vormittagen sollen nun also Menschen in so verschiedenen Bereichen wie Enkeltrick, Anrufe falscher Polizeibeamter, Gewinnversprechen, Einbruchschutz, Verkehrsprävention und vielem mehr geschult werden. Unterstützung erfolgt durch den Kreisseniorenrat im Landkreis Goslar, Seniorenvertretung der Stadt Goslar, Seniorenbeirat der Stadt Seesen und die Alzheimer Gesellschaft im Landkreis Goslar e.V..

Gerne verbreiten auch wir den Aufruf der Polizei: "Haben wir ihr Interesse geweckt? Sind Sie aktiv, mobil, in guter körperlicher Verfassung und bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren? Dann melden Sie sich bei uns!" Pro Region werden zwei Sicherheitsberater gesucht. Bis zum 30. September können sich interessierte Kandidaten unter den Rufnummern 05321/339-109 oder -103 oder per E-Mail unter praevention@pi-gs.polizei.niedersachsen.de melden. In einer ersten Informationsveranstaltung könne man dann erfahren, worauf man sich einlasse, zu etwas verpflichtet habe man sich zuvor noch nicht. Man würde zunächst in der Aula der Heinrich-Pieper-Straße in Goslar einander kennenlernen.

Mit einfallsreichen Geschichten gelangen die Täter an Geld und Schmuck


Das Thema sei auch deshalb so wichtig, da kriminelle Anrufe nicht zu verhindern seien und nur selten aufgeklärt würden. Ermittlungsgegenstände seien oft nur die Aussagen der Opfer und die Telefonnummern, die oftmals ins (nicht-europäische) Ausland führten. Dann werde es für die Ermittler schwierig. Folgende Beispielverbrechen sollen endlich nicht mehr vorkommen können: Die 76 Jahre alte Rentnerin Erna B. mit einer kleinen Rente hat einem Unbekannten 35.000 Euro gegeben. Dieser sollte das Geld an ihren Enkel übergeben, der sich in einer Notsituation befand. Doch der Enkel war nie in einer Notsituation, das Geld kam nie bei dem Enkel an, der Mann lediglich ein gemeiner Betrüger. Die lange und mühsam angesparte Altersvorsorge der Frau war unwiederbringlich weg.



Hubert S., 74 Jahre alt, erhielt telefonisch die freudige Botschaft, 39.000 Euro gewonnen zu haben. Die Gewinnübergabe an ihn konnte aber erst nach einer Vorabüberweisung der Gebühren in Höhe von 5.000 Euro erfolgen. Die 5.000 Euro wurden überwiesen, aber Hubert S. hat seinen Gewinn niemals bekommen.

Außerdem verschaffen sich Fremde unter Vorspiegelung einfallsreicher Geschichten Zugang in die Wohnungen von Senioren, um ihnen Schmuck oder Geld zu stehlen. Das Beispiel mit der Bitte um ein Glas Wasser sei hier nur das Schlichteste. Für die Goslarer Polizei ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, neue Wege in der Prävention einzuschlagen.

Enkeltrickbetrug


Michael Ahrens, Spezialist der Polizei Goslar für Betrugsfälle und Cybercrime, erklärte den Enkeltrickbetrug, der fast immer nach einem speziellen Muster abläuft:


Lesen Sie auch


https://regionalgoslar.de/praeventionsboerse-hilft-buergern-sich-selbst-zu-schuetzen/


mehr News aus Goslar


Themen zu diesem Artikel


Kriminalität Polizei Rente