Landkreis Goslar gegen Asklepios - Wurden dem Kreistag Informationen vorenthalten?

Dr. Tyge Claussen (AfD) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kreisverwaltung. Ein Gutachten aus dem Jahr 2018 sei geheim gehalten, die Entscheidung des Kreistages so zugunsten der Verfahrensfortsetzung beeinflusst worden.

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Kreistag im Lindenhof in Goslar.
Kreistag im Lindenhof in Goslar. | Foto: Marvin König

Goslar. In der Kreistagssitzung am 22. Februar hat der Kreistag mehrheitlich für ein Berufungsverfahren im Rechsstreit zwischen dem Landkreis Goslar und dem Krankenhausbetreiber Asklepios gestimmt (regionalHeute.de berichtete). Die AfD erhebt unter Berufung auf ein Gutachten aus dem Jahr 2018 nun schwere Vorwürfe gegen die Kreisverwaltung: Das Gutachten sei dem Kreistag vorenthalten worden. Als Dr. Tyge Claussen, Vorsitzender der AfD-Kreistagsfraktion, versucht habe, es in den Kreistag einzubringen, sei ihm von der Kreistagsvorsitzenden das Wort entzogen worden.


Die AfD-Fraktion im Kreistag stimmte gegen ein Berufungsverfahren und hatte auch schon alle vorhergehenden Anträge zu dem Thema abgelehnt. Im Verlaufe der Wortmeldungen zitierte Claussen aus einem Einschätzungspapier aus dem Jahre 2018, verfasst von Dr. Henning Schneider - dem für den Fall zuständigen Anwalt der Kanzlei Latham & Watkins. Die Kreistagsvorsitzende Renate Luksch (SPD) stoppt den AfD-Abgeordneten. Er dürfe nicht aus einer nichtöffentlichen Vorlage in öffentlicher Sitzung zitieren.

Claussen moniert nun in einer Anfrage für den Kreistag am heutigen Montag, dass die Kreistagsvorsitzende ihm das Wort zu Unrecht entzogen habe. Der Kreistag habe die Anfertigung dieses Gutachtens in öffentlicher Sitzung beschlossen. Vorgelegt worden sei dieses jedoch nur dem Ältestenrat - einem inoffiziellen und informellem Gremium, welches nicht für politische Beratungen zuständig sei. Das Gremium, so Claussen, sei natürlich "nichtöffentlich". Es wird auch nicht im Sitzungskalender im öffentlichen Ratsinformationssystem angezeigt. Das am 4. Dezember 2017 beauftragte Papier zeichnet ein eher düsteres Bild zu den Erfolgsaussichten des Landkreises gegen Asklepios. "Die Kreisverwaltung hat von Anfang an die Kreistagsmitglieder - im Hinblick auf ihre Chancen-Risiken-Abwägungen und Beschlussfassungen zugunsten der Klage sowie Berufung - nicht neutral und umfassend informiert", so der Vorwurf von Dr. Claussen.

"Im Rechtsstreit des Landkeises gegen Asklepios Kliniken hatte die Kreisverwaltung von Anfang an den Kreistag einseitig zugunsten eines Klage-Beschlusses informiert."

- Dr. Tyge Claussen, AfD-Fraktionsvorsitzender



In dem Einschätzungspapier der Anwaltskanzlei Latham & Watkins heißt es:
„Nach unserer Einschätzung sind die Einflussmöglichkeiten auf die Asklepios Kliniken stark begrenzt. Insbesondere besteht keine Möglichkeit, die Asklepios Kliniken in die Aufbau- und Ablauforganisation, den operativen Betrieb oder eine entsprechende Weisung zur Vornahme bestimmter Handlungen (z. B. Investitionen, Baumaßnahmen, Umstrukturierungen, Personalentscheidungen) und dadurch zur Sicherstellung des Versorgungsauftrages zu verpflichten. Weder gesetzliche noch vertragliche bzw. gesellschaftsrechtliche Regelungen sehen eine derartige direkte Einflussmöglichkeit des Landkreises Goslar auf die Asklepios Kliniken vor. Der Landkreis hat keine direkten Mitbestimmungs- oder Einflussmöglichkeiten auf die operative Geschäftsführung und Leitung der einzelnen Krankenhausstandorte.“

Anwalt ändert seine Meinung



Anwalt Dr. Henning Schneider
Anwalt Dr. Henning Schneider Foto: Marvin König



Nach der Vorlage im Ältestenrat sei die Stellungnahme der Kanzlei auf "Nimmerwiedersehen" verschwunden, berichtet Claussen: "Damit fiel die einzige auf der Contra-Seite liegende Unterlage aus der sogenannten 'Abwägungsmasse' heraus. Dem Kreistag lagen so für seine eben genannten Klagebeschlüsse nur klage-befürwortende Informationen und Argumente zur Verfügung." In diesem Zusammenhang fragt sich der AfD-Fraktionsvorsitzende weiterhin, weshalb derselbe Anwalt, der das Einschätzungspapier verfasst habe, nun eine "Kehrtwende" hingelegt habe: "Ausgerechnet dieser Anwalt vertrat danach völlig unerwartet, und das sogar vehement, nur noch klage-befürwortende Informationen und Argumente. Mehrmals durfte er auf Einladung durch persönliches Erscheinen vor Abgeordneten in Gremien seine geänderten Ansichten vertreten. Der Unabhängigkeit des Kreistages hätte es gutgetan, wenn sich die Abgeordneten mal auch die Auffassung des gegnerischen Anwalts angehört hätte. Dafür hätte auch Frau Lucksch sorgen können. Als Vorsitzende des Kreistages hätte sie dazu das Recht gehabt."

"Nichtöffentlichkeit" der Stellungnahme rechtmäßig?


Die Kreisverwaltung habe laut Claussen versäumt, die Vorlage mit dem Prüfungsergebnis - welches in öffentlicher Sitzung beschlossen wurde - mit einer Vorlagennummer versehen in den politischen Geschäftsgang zu geben. Zu diesem Vorgehen gehöre auch, die Vorlage mit einer Anmerkung "öffentlich" oder "nichtöffentlich" zu versehen. Der Inhalt des Gutachtens, führt Claussen abschließend aus, sei nicht geheimhaltungsfähig: "Der Datenschutz greift hier nicht. Im Gegenteil: Die Bedeutung des zitierten Inhalts ist für die Öffentlichkeit und die steuerzahlende Bürgerschaft immens, zumal die fortgesetzte Rechtsstreiterei inzwischen sage und schreibe rund 4 Millionen kostet. Vor allem schlagen hier die horrenden Anwaltshonorare zu Buche. Was hier verpflichtend greift, ist das Öffentlichkeitsgebot im Sinne des Kommunalverfassungsgesetzes."

Die AfD-Kreistagsfraktion hat die erhobenen Vorwürfe in einer Anfrage an den Kreistag zusammengefasst. Laut Landkreissprecher Maximilian Strache werde diese am heutigen Montag mündlich in der Sitzung beantwortet.


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