Luchsin Rikki aus der Ukraine soll im Harz für Nachwuchs sorgen

Über ein Jahr wurde geplant, organisiert und gewartet. Doch nun ist die Raubkatze in Deutschland angekommen.

Die sieben Jahre alte Luchsin Rikki aus dem Zoo Kyiv ist Ende September in Deutschland angekommen.
Die sieben Jahre alte Luchsin Rikki aus dem Zoo Kyiv ist Ende September in Deutschland angekommen. | Foto: Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen

Bad Harzburg. Nach mehr als einem Jahr des Planens, Organisierens und angespannten Wartens hat es endlich geklappt: Die sieben Jahre alte Luchsin Rikki aus dem Zoo Kyiv in der ukrainischen Hauptstadt ist Ende September in Deutschland angekommen. Das berichtet der Nationalpark Harz in einer Pressemitteilung.



Rikki wird im Harz sehnlich erwartet: Die Katze soll nach einer vierwöchigen Quarantäne in der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen bei Hannover in das große Freigehege des Nationalparks Harz an der Rabenklippe einziehen und dort im Rahmen eines europäischen Erhaltungszuchtprogramms für Nachwuchs sorgen. Im August war bereits ihr zukünftiger Partner, ein Kuder aus der Schweiz, eingetroffen. Er habe sich mittlerweile in seinem neuen Domizil eingelebt.

Transport aus dem Kriegsgebiet


An einem Freitagmorgen erhielt Ole Anders, Luchsexperte der Harzer Nationalparkverwaltung, die erlösende Nachricht, dass Luchsin Rikki nach einer rund dreitägigen Reise von Kiew über Polen nach Deutschland wohlbehalten in Sachsenhagen eingetroffen war und nach dem langen Transport durch das holländische Spezialunternehmen Crossborder Animal Services einen topfitten Eindruck machte. „Ich bin darüber mehr als erleichtert. Das war eine nervenaufreibende Zeit. Die größte Herausforderung war, das Tier nach Deutschland zu holen. Ein Lufttransport war aufgrund der Kriegssituation unmöglich, der Transport auf dem Landweg war sehr schwer zu organisieren“, berichtet er.

Galt es zunächst, bürokratische Hürden im Zusammenhang mit der Ausfuhr der geschützten Tierart aus der Ukraine zu überwinden, die erforderlichen Dokumente zu besorgen und die organisatorischen Probleme eines Tiertransports aus dem vom Krieg heimgesuchten Land zu bewältigen, kam es dann auch noch bei den Grenzübertritten zwischen der Ukraine, Polen und der Bundesrepublik zu erheblichen Verzögerungen, die die Reise der Luchsin quasi auf der letzten Etappe nochmal zu einem Krimi für die Beteiligten machte.

Probleme bei der Zollabfertigung


Wegen Problemen und sprachlichen Schwierigkeiten bei der Zollabfertigung aufgrund von für die Grenzbehörden offenbar ungenügenden Papieren gingen stundenlang Telefonate, E-Mails und Messenger-Nachrichten zwischen Geert Wijnands, dem Chef der Transportfirma, der selbst im Cockpit des Transporters saß, dem Zoo in Kiew, Ole Anders, den Grenzbehörden und dem zuständigen deutschen Veterinäramt hin und her, bis schließlich klar war, dass Luchsin Rikki die EU Grenze nach Polen und dann auch die deutsch-polnische Grenze passieren darf.

Die Zuchtempfehlung für die ukrainische Luchsin hatte die Zuchtbuchführerin im Tiergarten Bern bereits am 3. September 2024 ausgestellt, also vor mehr als einem Jahr – so viel Zeit nahm die Vorbereitung des Transports letztendlich in Anspruch. Bei der Zuchtbuchführerin sind alle Tiere in diesem Erhaltungszuchtprogramm (EEP) gelistet, so auch der Schweizer Kuder.

Weibchen sind selten


„Auf dem Papier passen die beiden Tiere genetisch gut zusammen“, erklärt Ole Anders. Die Vorgaben: Es soll eine unterarten-reine Zuchtlinie mit einem niedrigen Inzuchtgrad sein. Doch ist es alles andere als einfach, ein Zuchtpaar zu bilden: „Weibchen sind im EEP extrem selten, fast alle sind in anderen Paaren gebunden“, weiß der Harzer Luchsexperte. So war es schon großes Glück, dass überhaupt eine passende Luchsin für den Harz zur Verfügung stand.

„Wir haben Kontakt mit dem Zoo in Kiew aufgenommen und dort war man sofort einverstanden mit einer internationalen Kooperation“, berichtet er. Den Verantwortlichen in der Ukraine war es trotz der aufgrund des Krieges schwierigen und belastenden Bedingungen wichtig, an dem europäischen Artenschutzprojekt teilzunehmen. Als der Transporttermin näher rückte, die Zeit drängte und wichtige Papiere noch nicht vorlagen, bekam das Team des Harzer Luchsprojektes Unterstützung von der ehemaligen EU-Abgeordneten Viola von Cramon, die am Rande von politischen Konsultationen in der Ukraine direkt beim zuständigen Minister um Unterstützung für das Artenschutz-Vorhaben bat und damit dafür sorgte, dass die entscheidenden Schriftstücke kurzfristig ausgestellt wurden.

Große Anerkennung für den Nationalpark


„Für den Nationalpark Harz und das Harzer Luchsprojekt ist es eine große Anerkennung, dass wir vom Europäischen Verband der Zoos und Aquarien (EAZA) ins das Erhaltungszuchtprogramm einbezogen werden“, betont Anders. „Wir hatten die Fürsprache von anerkannten Experten. Das große und naturnahe Gehege an der Rabenklippe war dafür sicherlich ausschlaggebend.“ Die Zucht von Luchsen ist neues Terrain für die Nationalparkverwaltung, in Person von Tierpfleger Paul Bridge verstärkt aber seit diesem Jahr ein ausgewiesener Fachmann das Team. Bridge war zuvor im Zoo Osnabrück beschäftigt und hat dort unter anderem mit Raubtieren wie Hyänen und Vielfraßen gearbeitet.

Luchsin Rikki wurde im Jahr 2018 geboren. Sie hat bisher noch keinen Nachwuchs gehabt. Nach der Quarantäne wird sie im Harz zur Eingewöhnung zunächst in einem Kleingehege untergebracht, noch durch Zaun von ihrem zukünftigen Partner getrennt. „Zum Beschnuppern“, sagt Ole Anders. „Wenn sie sich vertragen, kommen sie in ein gemeinsames Gehege.“ Dann heißt es abwarten. Paarungszeit ist bei den Luchsen im zeitigen Frühjahr.

Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite des Nationalparks Harz unter www.luchsprojekt-harz.de.

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