Goslar. Am vergangenen Freitag kam es auf dem Betriebsgelände der Electrocycling GmbH zu einem Großbrand. Es ist nicht das erste Mal, dass es bei dem Recycling-Unternehmen brannte. Die Feuerwehr war über Stunden im Einsatz, der dunkle Rauch sei sogar bis ins benachbarte Vienenburg gezogen. Es kam Kritik auf zu den Sicherheitsvorkehrungen des Betriebes. Doch wie kam es zu dem Brand? regionalHeute.de fragte beim Unternehmen nach.
In einer Pressemitteilung hatten sich die Naturschutzbünde BUND und NABU kritisch geäußert. So würde es hier immer wieder zu Bränden kommen, dies gefährde nicht nur Feuerwehrleute, sondern sorge auch für die Freisetzung von giftigen Brandgasen und Löschwasser. Durch Brände von Plastik und Metall würden hochgiftige Dioxine freigesetzt.
„So kann es nicht weitergehen bei Electrocycling, wir stehen dazu, dass Recycling gesellschaftlich und wirtschaftlich wichtig ist, aber offenbar taugt das Sicherheitssystem der Firma trotz aller versprochenen Nachbesserungen der letzten Jahre nicht“, so die beiden Verbände.
Liegt es am Sicherheitssystem?
Wie Diplom-Ingenieur Hannes Fröhlich, einer der Geschäftsführer der Electrocycling GmbH, erklärt, habe sich ein Haufen mit gelagertem Elektronikschrott am Rande des Geländes entzündet. Dies sei auch auf Überwachungsbildung deutlich zu sehen. Diese stammen vom Brandfrüherkennungssystem, welches das Feuer erfolgreich erkannt und automatisch der Feuerwehr gemeldet habe. Bereits nach circa 15 Minuten seien dann die ersten Einsatzkräfte vor Ort gewesen und hätten umgehend Löschmaßnahmen eingeleitet.
Während des Brandes wurden umfangreiche Löschmaßnahmen ergriffen. Die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Gelände bestehen aus mehreren, 80 Zentimeter starken Betonmauern abgegrenzten Lagerbereichen, um Brandübergriffe zwischen den Materialien zu verhindern. Der komplette Lagerbereich wird mit einem Brandfrüherkennungssystems überwacht. Mit diesem System können visuell Temperaturen, Helligkeit und Kontraste verarbeitet werden. Diese Informationen werden über einen Algorithmus verarbeitet und ermöglichen somit, einen Brand in einem frühen Stadium zu erkennen. Die Erkennung eines Brandes wird automatisch über unsere Brandmeldezentralle an die Leitstelle der Feuerwehr weitergeleitet. "Das Brandfrüherkennungssystem haben wir in Zusammenarbeit mit einem regionalen Partner auf unserem Betriebsgelände integriert", erklärt der Geschäftsführer.
Für die Zukunft gibt es allerdings weitere Pläne: "Aktuell befinden wir uns in der Projektierungsphase für ein automatisches Löschsystem mittels mehrerer Wasserwerfer, die auf dem Lagerbereich verteilt angeordnet sind."
Was brannte genau?
Den meisten Müll erhält das Unternehmen von kommunalen Sammelstellen: Bei dem am Freitag brennenden Schrott handelte es sich um Elektroaltgeräte der Gruppe 5 (Kleingeräte) gemäß Paragraph 14 ElektroG (Elektro- und Elektronikgerätegesetz). Diese Lieferungen stammten aus der kommunalen Elektroaltgerätesammlung und wurden von unterschiedlichen kommunalen Übergabestellen angeliefert, erklärt der Geschäftsführer. Der "Übeltäter", der zum Brand führte, dürfte wahrscheinlich eine Batterie gewesen sein, die sich entzündete.
Laut ElektroG dürfen im 30 Kubikmeter Großcontainer eigentlich nur batteriefreie Elektroaltgeräte gesammelt und transportiert werden. Elektroaltgeräte mit fest eingebauten Batterien müssen von den ÖRE (Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) an den Sammelstellen in separaten, kleinen Sammelboxen erfasst werden. Lose Batterien fallen nicht in den Anwendungsbereich des ElektroG und dürften nicht an den Sammelstellen zusammen in den Sammelbehältern für Elektroaltgeräte erfasst werden, schildert der Geschäftsführer das Problem.
"In den bei uns angelieferten Containern mit Kleingeräten befinden sich täglich diverse Elektroaltgeräte mit Batterien sowie ebenfalls eine große Anzahl an losen Batterien." Pro Jahr würden um 100 Tonnen lose Batterien im Container zusammen mit den Altgeräten angeliefert werden.
Ein gesellschaftliches Problem?
Neben der Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen wiesen BUND und NABU auf das grundsätzliche Problem mit dem Elektromüll hin. In der Pressemitteilung heißt es:
"Aber auch die Verbraucher können selbst etwas tun. Solche Brände im Elektronikschrott werden häufig durch Kurzschluss festverbauter Batterien ausgelöst. In der neuen Batterieverordnung hat die die EU beschlossen, dass ab 2027 die Batterien zukünftig einfach austauschbar sein müssen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg und ob sich dann die Gefahrenlage minimiert, wird die Erfahrung zeigen. Die Verbände verweisen schon seit Jahren auf diese Missstände hin und veröffentlichen ihre Forderungen zur Sammlung und Recycling. Nunmehr ist eine vermehrte Anstrengung notwendig, um die Gefahrenlage bei Electrocycling weiter und effektiv zu minimieren, denn das Aufkommen von Elektromüll in unserer Gesellschaft ist leider weiter steigend."
Das Aufkommen an Elektroaltgeräten pro Jahr sei in Deutschland ansteigend. Zukünftig sei eine deutliche Steigerung der Gesamtmengen zu erwarten. Über die letzten 5 bis 6 Jahre habe Electrocycling jedoch einen deutlichen Anstieg an batteriehaltigen Elektroaltgeräten verzeichnet, so berichtet auch Electrocycling. "Unseren Schätzungen nach wird der Anteil an batteriehaltigen Altgeräten auch in den kommenden Jahren weiter zunehmen."
Geschäftsführer Fröhlich sieht Probleme bei der Umsetzung: "Das Gesetz ist in Ordnung und es wird auf alle wesentlichen Punkte eingegangen. Die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen von allen Beteiligten, hier speziell ÖRE (Öffentlich-Rechtliche-Entsorger) und andere Sammler (Elektrofachmärkte) muss, durch mehr Aufklärung und den Vollzug sichergestellt werden. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Jeder Bürger/Nutzer möchte leistungsfähige Batterien in seinen genutzten Geräten haben, jeder Besitzer ist dafür verantwortlich, dass die Batterien korrekt und sicher entsorgt werden. Eine Entsorgung der Batterien und batteriehaltigen Altgeräte in beispielsweise Hausmüll- oder Papiertonne ist ebenfalls sehr problematisch und nicht gesetzeskonform."
Wie können Brände vermieden werden?
Um das Problem in den Griff zu bekommen, könnten auch die Verbraucher helfen. Fröhlich rät: "Möglichst den Akku entnehmen und in die vorgesehene Batteriesammlung geben. Bei allen Sammelstellen darauf drängen, dass das batteriehaltige Gerät und lose Batterien nicht im Container erfasst werden, sondern in dafür vorgesehenen Gitterboxen beziehungsweise im Batteriesammelsystem."
Hier seien die Aufsichtsbehörden gefordert, auch bei den ÖRE auf korrektes, gesetzeskonformes Handeln zu achten. "Wenn die kommunalen Sammelstellen beziehungsweise Recyclinghöfe darauf achten dass keine Batterien und kein batteriehaltiges Altgerät im Sammelcontainer landet, sondern, wie vom ElektroG vorgeschrieben, in der passenden Gitterbox, dann hätten wir kaum Probleme mit Bränden."
Über Electrocycling
Electrocycling recycelt seit 1995 Elektroaltgeräte nach dem neuesten Stand der Technik und hat bis jetzt über 1,13 Millionen Tonnen Elektroaltgeräte verwertet. Aktuell verarbeitet der Betrieb 60.000 bis 70.000 Tonnen Altgeräte pro Jahr.
In Zusammenarbeit mit einem Umweltinstitut hat das Unternehmen aktuell eine Studie zum Thema CO2 für das Jahr 2022 erstellen lassen. Diese besagt, dass pro verarbeiteter Tonne circa 1,8 Tonnen CO2 eingespart werden im Vergleich zu primärer Rohstoffgewinnung. Demnach würden durch Electrocycling jährlich rund 100.000 Tonnen CO2 eingespart.
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