Seesen. Wenn sich bei Seesen die Erde auftut: Schon in der Topographischen Beschreibung Seesens bei Matthäus Merian im Jahr 1654 wird die besondere Seenlandschaft bei der Siedlung behandelt und kommt man wegen der vermeintlichen Unergründlichkeit zu dem Ergebnis, „daß der grund deß Orts uffm Wasser stehen müsse“. Dass die auffällige Häufung von (mit Wasser gefüllten) Erdlöchern im Stadtgebiet auch einen geologischen Grund hat, ist lange bekannt. Aus aktuellem Anlass, hat das Städtische Museum jetzt eine kleine Ausstellung zum Phänomen Erdfall zusammengestellt, die ab sofort und bis zum 26. März 2023 zu sehen ist. Dies teilte die Stadt mit.
Auf der Galerie im Obergeschoss des ehemals herzoglichen Jagdschlosses wird zum einen anhand von Fotos und Artikeln eine Chronik der Ereignisse um den jüngsten Erdfall vom Juni letzten Jahres im Amtsgerichtspark gezeichnet (regionalHeute.de berichtete).
Daneben werden aus dem Bestand des Museumsarchivs einzelne Dokumente und Bilder vergangener Erdfälle in Seesen präsentiert, - inklusive der historisch bedeutendsten Erdfälle Reddekolk und Silberhohl sowie aus dem Bereich des Bahnhofs.
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„Das uns bisher in unserem Archiv vorliegende Material zum Thema Erdfall ist nur punktuell auf einzelne Ereignisse bezogen und systematisch insgesamt lediglich lückenhaft vorhanden“, stellt Museumsleiter Dirk Stroschein nach einer Überprüfung aus Anlass der jüngsten Ereignisse fest. Um dies zu ändern und die Materiallage der Archivdokumentation für die Zukunft zu verbessern, ruft er die Bevölkerung zur Mitarbeit auf.
Die Seesener werden gebeten und sind aufgefordert, eigenes Material, Bilder, Dokumente und Erinnerungen sowohl zum aktuellen sowie gleichermaßen zu länger zurückliegenden Erdfallereignissen für das Stadtarchiv beizusteuern und Kontakt zum Museum aufzunehmen. Dies ist möglich unter der Telefonnummer 05381-48891 oder per E-Mail: museum@seesen.de.
Broschüre zu Erdfällen in Seesen im Museum erhältlich
Passend zur Ausstellung ist zudem gerade unter dem Titel „SEESEN UND SEINE ERDFÄLLE“ ein historisch-geologischer Überblick in Broschürenform erschienen. Verfasst wurde er von Rainer Hartmann aus Göttingen und Firouz Vladi aus Osterode am Harz, herausgegeben vom Förderverein Deutsches Gipsmuseum und Karstwanderweg e.V.
Die Autoren waren beim aktuellen Erdfall hinter dem Amtsgericht als Gutachter gerufen und mussten bei ihren Recherchen feststellen, dass trotz der mehrere Hundert im weiteren Stadtgebiet nachgewiesenen Erdfälle bisher offensichtlich keine die Geologie und die Stadtgeschichte zusammenschauende Bearbeitung oder Veröffentlichung vorlag.
Sie führen anschaulich aus, wie die Quellen an der St. Annen-Straße und ebendort in und an der Seckau mit aufgelöstem Gipsgestein gesättigt sind und deren Wässer also auf ihrem Weg von der weiter oberhalb permanent versickernden und im Sommer ganz trockenfallenden Schildau hierher jährlich allein ein Hohlraumvolumen von ca. 400 Kubikmeter in einem Untergrund erzeugen, der zwischen Schloss, Reddekolk und Bahngelände höchst instabil ist und in der tausendjährigen Geschichte der Stadt schon zu manchen Einbrüchen der Erde geführt hat. Viele davon wurden später mit Boden oder Bauschutt verfüllt. Aber die Erde lebt!
Die 16-seitige Broschüre mit Texten und zahlreichen Abbildungen ist im Städtischen Museum für 5 Euro erhältlich.
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