Weniger Notarztstandorte - Landkreis trotzdem gut versorgt

Politischer Ausschuss sprach über die probeweisen Nichtbesetzung des Notarztstandortes in Clausthal-Zellerfeld und die Situation im gesamten Landkreis.

Die Arbeit von Notfallsanitätern mit Unterstützung des Telenotarztes beim Patienten vor Ort.
Die Arbeit von Notfallsanitätern mit Unterstützung des Telenotarztes beim Patienten vor Ort. | Foto: Landkreis Goslar

Bad Harzburg. Rund eine Stunde befasste sich der Ausschuss für Ordnung, Rettungswesen, Gesundheit und Verbraucherschutz (ORGV) des Landkreises Goslar in seiner gestrigen Sitzung mit der probeweisen Nichtbesetzung des Notarztstandortes in Clausthal-Zellerfeld ab dem 1. Dezember 2023. Dies teilte der Landkreis mit.



Das öffentliche Interesse fiel deutlich geringer aus, als die Ankündigungen im Vorfeld vermuten ließen. Lediglich zwei Bürger aus der Berg- und
Universitätsstadt waren in die Bad Harzburger Feuerwehrwache gekommen, um ihre Fragen zu platzieren.


Zuvor hatte aber Dr. Tobias Steffen, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst (ÄLRD), das Wort. Mit seinem Vortrag gelang es dem erfahrenen Notfallmediziner, die mitunter in der Zeitung und den sozialen Medien emotional geführte Debatte zu versachlichen. Nachvollziehbar und belegbar zeigte er auf, dass mit der zunächst versuchsweisen Nichtbesetzung des Notarztstandortes im Oberharz keine Schlechterstellung der
rettungsdienstlichen Versorgung einhergeht.

Gute Versorgung sichergestellt


„Die rettungsdienstliche Versorgung im Landkreis Goslar war, ist und wird auch in Zukunft sehr gut sein“, wiederholte Dr. Steffen unter anderem seine Aussage aus dem Videointerview, das die Kreisverwaltung bereits vor zwei Wochen veröffentlichte. Wie gut die notfallmedizinische Versorgung und damit auch die Verfügbarkeit von Notärzten im Goslarer Kreisgebiet und darüber hinaus ist, veranschaulichte Dr. Steffen in der Folge anhand unterschiedlicher Karten und Statistiken. Die Festlegung von Notarztstandorten richte sich dabei vor allem nach dem
Einsatzgeschehen. Hinzu komme, dass das Kreisgebiet quasi von Notarzteinsatzfahrzeugen „umzingelt“ ist.

Ferner unterstrich Dr. Steffen mehrfach, dass das seit 2014 eingeführte Berufsbild des Notfallsanitäters zu einem umfassenden Kompetenzanstieg
geführt habe, der die Notärzte entlaste und zu einem Rückgang der Einsätze geführt hat. „Den Notarzt, der bei Bedarf zu schwerwiegenden
Einsätzen eilt, werden wir auch in Zukunft immer brauchen“, so Dr. Steffen, „doch der Notfallsanitäter übernimmt eben inzwischen eine Vielzahl an Aufgaben, für die früher ein Notarzt zwingend erforderlich gewesen ist.“

Telenotarzt eine Bereicherung


Für weitere Entlastung und eine Kompetenzerweiterung der Notfallsanitäter sorgt in diesem Zusammenhang der Telenotarzt, der bei Bedarf binnen einer Minute in den Rettungswagen oder an den Einsatzort, und damit direkt zum Patienten, zugeschaltet werden kann. „Der Telenotarzt
unterstützt die Notfallsanitäter bei ihrer Arbeit vor Ort und kann medizinische Entscheidungen treffen, für die früher ein Notarzt vor Ort sein musste“, führte Dr. Steffen aus. „Falsch ist an dieser Stelle aber die Schlussfolgerung“, so Steffen weiter, „dass der Telenotarzt für einen
Rückgang der physischen Notarzteinsätze sorgt. Richtig ist vielmehr, dass die Notfallsanitäter unseres Rettungsdienstes, und ich verbürge mich für jeden einzelnen, die Ressource Notarzt schonen und verfügbar halten. Diese Kombination aus Notfallsanitäter, physischen Notarzt und Telenotarzt in der Rettungsleitstelle führt dazu, dass wir noch nie so viel notärztliche Kompetenz auf der Straße hatten wie heute.“

Nicht mit Ängsten spielen


Landrat Dr. Alexander Saipa räumte im Verlauf der Sitzung ein, dass die Kommunikation im Vorfeld hätte besser laufen müssen. Damit reagierte er unter anderem auf Kritik einiger Abgeordneter aus dem Kreistag. Dr. Saipa brachte aber auch zum Ausdruck, dass er die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger aus Clausthal-Zellerfeld versteht und ernst nimmt; das Spielen mit Ängsten aber ein schlechter Ratgeber sei: „Wir dürfen in dieser Debatte auf keinen Fall mit Ängsten und vorgetäuschter Sicherheit spielen, und wir müssen auch deutlich machen, dass die notärztliche
Versorgung nicht mit der kassenärztlichen und Krankenhausversorgung in einen Hut geworfen wird. Ein Notarzt vor Ort stellt keinen Ersatz für ein
Krankenhaus oder den niedergelassenen Arzt dar.“

Positives Fazit


Die Ausschussmitglieder zeigten sich in der Folge nicht nur gut informiert und aufgeklärt, sondern äußerten sich ausgesprochen positiv mit Blick auf die Entwicklung des Rettungsdienstes im Landkreis Goslar, der mit der Einführung der Telenotfallmedizin und dem eigenen Notfallmedizinischen Ausbildungszentrum eine Vorreiterrolle eingenommen hat, die nicht nur bundesweit Beachtung findet. So das Fazit des Landkreises.

Ulrich Eberhardt, Vorsitzender des ORGV, zog ebenfalls ein positives Fazit: „Eine solche Entscheidung ist dann nachvollziehbar, wenn sie sachlich
dargestellt wird. Das ist heute gelungen und sollte grundsätzlich der Maßstab für die Ausschussarbeit sein.“

Über die weitere Entwicklung sowie die Evaluation der Probephase wird die Verwaltung in den kommenden Ausschüssen berichten.


mehr News aus Goslar


Themen zu diesem Artikel


Bad Harzburg