Kampfmittel-Räumarbeiten: Seltener Kammmolch muss umgesiedelt werden

Während der seit dem letzten Winter andauernden Arbeiten zur Beseitigung der Kampfmittelreste auf dem Gelände der früheren Heeresmunitionsanstalt, mussten einige Maßnahmen getroffen werden.

Auf dem Gelände lagern noch etwa 20 Prozent der Kampfmittel aus beiden Weltkriegen.
Auf dem Gelände lagern noch etwa 20 Prozent der Kampfmittel aus beiden Weltkriegen. | Foto: Niedersächsische Landesforsten

Lehre/Helmstedt. Auf dem Gelände der Niedersächsischen Landesforsten nahe der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt (kurz: MUNA) im Kampstüh bei Lehre im Landkreis Helmstedt stehen die Kampfmittel-Räumarbeiten des ersten Abschnittes vor dem Abschluss. Dort ruhten unzählige Splitter der Kampfmittal aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, die eine Gefahr für das Gebiet und seine Bewohner darstelle. Dies berichten die Niedersächsischen Landesforsten in einer Pressemitteilung. Aufgrund des hohen Naturschutzwertes des Geländes müsse der dort angesiedelte, seltene Kammmolch umgesiedelt werden, bevor die Arbeiten im kommenden Winterhalbjahr abgeschlossen werden könnten.


Auf dem Gelände der MUNA wurden im Ersten und Zweiten Weltkrieg große Mengen Munition und Kampfmittel gelagert. Nach Einnahme durch die britischen Truppen wurden die Kampfmittel auf große Haufen gestapelt und gesprengt. Hierbei seien erfahrungsgemäß zirka 80 Prozent aller Munition und Kampfmittel zerstört worden, heißt es in der Pressemitteilung. Die restlichen 20 Prozent sowie unzählige Splitter seien auf der Fläche rund um die Sprengtrichter großflächig verteilt oder im Boden verpresst worden. In den vergangenen 70 Jahren hätten diese gefährlichen Reste im Waldboden des Waldgebietes Kampstüh geschlummert.

Durch eine erste Räumung Anfang der 1990er Jahre konnte ein kleiner Bereich bereits saniert werden. Mit den in 2020 begonnenen zweiten Räumarbeiten soll das Gelände der Neuen Wiese in insgesamt drei Abschnitten bis Ende 2022 vollständig saniert werden.

"Arbeiten auf das Winterhalbjahr begrenzt"


„Aufgrund des hohen Naturschutzwerts im FFH-Gebiet 102, im EU-Vogelschutzgebiet V 48 und im Landschaftsschutzgebiet des Landkreises Helmstedt „Beienroder Holz“ wurden die Arbeiten im Kampstüh bei Lehre für den Herbst und das Winterhalbjahr begrenzt“, beschreibt Dr. Michael Lücke, Projektmanager der Niedersächsischen Landesforsten die schwierigen Bedingungen.

Kammmolch musste umgesiedelt werden


„Im Vorfeld der Räumarbeiten haben wir bereits ein Ersatzhabitat für den seltenen Kammmolch geschaffen und in einer größeren Umsiedlungsaktion besetzt. Weiter wurden als Ausgleich für die während der Räumarbeiten entfernten Vegetation rund 700 Sträucher verschiedener Waldarten gepflanzt und so der Waldrand an der Neuen Wiese strukturiert und aufgewertet“, ergänzt Katja von Münster, Försterin für Waldökologie und Naturschutz.

Die Räumung des ersten Abschnittes gliederte sich in mehrere Phasen. Zunächst wurde der Baumbestand schon im Winter 2020 entnommen und weiter störender Bewuchs auf der Fläche, wie Büsche und Gräser, entfernt. Anschließend wurden in der zweiten Phase die vordefinierten Flächenabschnitte rund um den Sprengtrichter in Zwei-Mann-Teams mit Metallsuchgeräten (Sonde) auf Störkörper im Boden bis zu einer Tiefe von 40 cm sondiert und vorsichtig per Hand angegraben, fachkundig beurteilt und wenn nötig mittels gepanzertem Bagger freigelegt. In der dritten Phase wurde der Sprengtrichter mit Körperschutz und einem Spezialbagger vorsichtig geräumt.


"Kleinbomben und Granaten freigelegt"


„Im ersten Bauabschnitt konnten rund 1,2 Tonnen Munitonssplitter sowie einige Kleinbomben und Granaten freigelegt und sichergestellt werden. Vermutete Kampfstoffe konnten nicht gefunden werden“, erklärt Thomas Gierke, Baustellenleiter vom Ingenieurbüro IFAH. „Die Arbeiten an dem ersten Räumabschnitt sollen bis Ende der ersten Novemberwoche abgeschlossen werden. Im Herbst 2021 werden die Arbeiten im zweiten Räumabschnitt voraussichtlich fortgesetzt“, so Gierke weiter.

„Die Kosten der bisherigen Räum- und Vorbereitungsmaßnahmen werden sich bis Ende 2020 auf rund 350.000 Euro belaufen. Die Niedersächsischen Landesforsten finanzieren die Arbeiten vollständig vor. Da es sich bei der Munition auf dem Gelände der ehemaligen MUNA bisher ausschließlich um „Reichseigene Munition“ handelt, refinanziert das Land und der Bund abschließend einen Großteil der Arbeiten“, erklärt Ralf Kremeike, Sachgebietsleiter für Liegenschaftsmanagement der Niedersächsischen Landesforsten.

Nach Abschluss der Arbeiten im ersten Räumabschnitt ist das geschaffene Biotop so vorbereitet, dass es nach einsetzenden Niederschlägen und Wachstum der Pflanzen im kommenden Frühjahr vielen Arten einen neuen, wertvollen Lebensraum bietet.


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