Schöningen. Am gestrigen Dienstagabend lud der DGB Kreisverstand Helmstedt die beiden Schöninger Bürgermeisterkandidaten Malte Schneider (parteilos mit SPD-Unterstützung) und Markus Sobotta (parteilos mit CDU-Unterstützung) zur Podiumsdiskussion in den Herzoginnensaal des Schöninger Schlosses ein. Dabei beantworteten die Kandidaten nicht nur die Fragen der Gewerkschafter, auch die anwesenden Bürger bekamen die Gelegenheit ihre Fragen an die Kandidaten zu stellen.
Gleich zu Beginn der Diskussion stellten die Moderatoren Michael Franke (DGB Kreisvorsitzender) und Michael Kleber (DGB Regionsgeschäftsführer) klare Regeln auf: Die beiden Kandidaten mögen sich kurz fassen, bei der Wahrheit bleiben und: "Wir sind alle Demokraten. Wir beleidigen uns nicht!" Gerade die Wahrheit hob Franke als wichtig hervor. Immerhin könne alles, was an diesem Abend gesagt würde überprüft werden, auch wenn man schon das Amt des Bürgermeisters bekleide. Vor dem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal begannen die beiden also die Diskussion. Die Redebeiträge sollten abwechselnd gegeben werden und auf maximal fünf Minuten begrenzt werden.
Schneider punktet mit Neuigkeiten, wackelt bei der Faktentreue
Malte Schneider präsentierte sich auch bei der Podiumsdiskussion als Kandidat der jungen Familien. Auch hier plädierte der mittlerweile 36-Jährige für einen Ausbau der KiTaplätze, eine erhöhte Unterstützung des Ehrenamtes und eine konsequente Bekämpfung des Ärztemangels. Gerade bei letzterem wurde Schneider konkret: Demnach könne er sich vorstellen das Büsumer Modell auch auf Schöningen anzuwenden. Dabei hat die Gemeinde Büsum im Angesicht einer schwindenden ärztlichen Versorgung ein eigenes Ärztehaus gebaut und darin die verbliebenen Ärzte angestellt. Das Modell habe nicht nur nach drei Jahren schwarze Zahlen geschrieben, es habe auch weitere junge Ärzte angelockt.Von den vormals fünf Ärzten seien mittlerweile vier im Ruhestand. Im kommunalen Ärztehaus arbeiten laut Schneider aber mittlerweile sieben Ärzten "Das Problem existiert schlicht nicht mehr!", erklärt Schneider. Er räumt zwar auch ein, dass Büsum ein sehr attraktiver Wohnort sei, das solle jedoch nicht davon abhalten das Modell als unpassend für Schöningen anzusehen. Auch in der Wohnraumentwicklung sieht Schneider Handlungsbedarf. Der Leerstand führe zu Verfall. Das müsse verhindert werden. Im Zweifel auch durch Abriss. Nur so könne attraktiver Wohnraum geschaffen werden. Zumal der Abriss von verfallenen Gebäuden laut Landesregierung auch in Zukunft gefördert werden soll.
Schneider überraschte außerdem die Besucher mit der Ankündigung einer großen Investition durch einen "lokalen Unternehmer", dessen Namen er bewusst nicht nennen wollte. Zwar sei das Projekt noch nicht in trockenen Tüchern, es gebe jedoch einen konkreten Plan. Geplant sei ein Pflegeheim mit angeschlossenem Betriebskindergarten. Ein echter Gewinn für Schöningen, findet Schneider. Bei einem anderen Punkt kam Schneider jedoch ins Straucheln: Als er über seine Hausbesuche im Wahlkampf sprach, kam er auf die umstrittene Bebauung der Bürgermeisterwiese und behauptete, dass der Rat einstimmig dafür votiert hätte. Erste Einwände tat er mit dem Satz "Ja gut, mit einer Gegenstimme..." ab. Sein Ratsvorsitzender und Gegenkandidat Sobotta stellte die Situation richtig: Eshabekeinen Beschluss zur Bebauung gegeben, zum Verkauf schon gar nicht. Viel mehr habe der Investor sein Projekt mittlerweile zurückgezogen. Er habe nicht gegen den Willen der Schöninger agieren wollen, berichtet Sobotta.
Sobottawiderspricht den Aldigerüchten
Markus Sobotta sieht Schöningen vor einem beschwerlichen Weg. Auch er sieht in der ärztlichen Versorgung eins der drängendsten Probleme der Stadt. Laut Sobotta bestehe die Gefahr, dass in zehn Jahren schlicht kein Arzt mehr übrig wäre.In den letzten Jahren sei in diesem Bereich zu wenig getan worden. Die Situation sei bedrohlich, so Sobotta. Vor allem besorge ihn der Eindruck der kassenärztlichen Vereinigung, demzufolge ein Ärztehaus im Helmstedter Südkreis keine Zukunft mehr habe. In diesem Zuge bezweifelt der von der CDU gestützte Kandidat die Sinnhaftigkeit die Bindungder ärztlichen Versorgung an ein gewinnorientiertes Unternehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach eine Anspielung auf das von der Helios GmbH betriebene Ärztehaus. Hier müsse ein fraktionsübergreifender Plan her. Überhaupt müssten die öffentlichen Leistungen verbessert werden. Schulen und Kindergärten seien heute ein wichtiger Faktor im Wettbewerb um neue Einwohner. Eltern suchten ihren Wohnort heute auch nach Qualität der Schule aus. Da müsse nachgesteuert werden. Zu diesem Wettbewerb gehöre auch eine erweiterte Innenstadtentwicklung. Im Zweifelsfall eben mit einer Entwicklunsgesellschaft.
Einfach verfallene Gebäude abzureißen, so Sobotta, sei aber nicht ohne weiteres möglich. "Die gehören ja auch jemandem", betont der Bürgermeisterkandidat. Viel mehr müsse man dafür sorgen, dass die Gebäude wieder profitabel würden. Ein Abriss könne nur mit dem Einverständnis des Eigentümers vorgenommen werden. In der Zuschauerfragerunde bezog Sobotta auch Stellung zu den hartnäckigen Gerüchten um seine Rolle in der Entstehung der Aldiplatte. "Ich habe in den letzten Wochen auf Facebook lesen dürfen, welche Rollen und Funktionenich für Aldi in den vergangenen Jahren bekleiden durfte - 99 Prozent sind nicht wahr!", stellt Sobotta klar. Viel mehr habe er sich von Anfang an gegen das Vorhaben ausgesprochen - so wie die ganze CDU-Fraktion. Er selbst sei der Überzeugung, dass der Bau schlicht rechtswidrig sei. Er jedenfalls verspricht, dass der aktuelle Zustand nicht von Dauer sei: "Am Ende steht da entweder ein Aldi oder ein Abriss, das kann ich Ihnen versprechen!"
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