Horror vor später Absage - Weihnachtsmarkt für Schausteller ein Risiko

Auf den wirtschaftlichen Erfolg in diesem Jahr können viele Schausteller nur hoffen. Die größte Angst besteht jedoch vor einer späten Absage aufgrund steigender Inzidenzwerte.

von


Der Weihnachtsmarkt in Braunschweig.
Der Weihnachtsmarkt in Braunschweig. | Foto: Archiv

Region. Nach aktuellem Stand sollen die Weihnachtsmärkte in den Städten unserer Region in diesem Jahr stattfinden. Doch statt vorweihnachtlicher Besinnlichkeit verspüren viele Schausteller vor allem Angst. Davor, dass es einfach nicht reicht. In Braunschweig spiegelte sich das schon vor Beginn des Weihnachtsmarktes in vielen Absagen von Standbetreibern wider. Laut Stefan Franz, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Braunschweig, sei die Teilnahme an den Weihnachtsmärkten in diesem Jahr ein großes Risiko.


In Braunschweig ist der Weihnachtsmarkt von 150 geplanten Ständen auf 116 zusammengeschrumpft. Der Grund: im Vorfeld haben viele Betreiber abgesagt. "Viele konnten in der Kürze der Zeit den Wareneinkauf nicht mehr tätigen. Manchen war das Risiko dabei auch einfach zu groß", so Stefan Franz. Gerold Leppa ergänzt: "Es waren kaufmännische Entscheidungen. Die Betriebe waren auch unsicher, ob die Besucherfrequenz ausreichend ist."



Willi Robben ist Aufsichtsratsvorsitzender der Goslarer Marketing Gesellschaft (GMG) und fasst es im Gespräch mit der Goslarschen Zeitung in Zahlen: "Wir werden maximal 50 Prozent des Umsatzes von 2019 erreichen". Im schlimmsten Falle müsste der Weihnachtsmarkt im laufenden Betrieb schließen. Auf Anfrage von regionalHeute.de wollen sich einige Schausteller diesbezüglich nicht festlegen. "Ich lasse mich überraschen", gibt sich Hajo Palm vom Wolfenbütteler Kult-Stand Hajo's Feuerzangenbowle optimistisch. Markus Karl Meier (Mandel-Meier) meint nach einigem Überlegen: "Ich würde mich grob so der ganzen Aussage anschließen, wenn ich eine Prozentzahl nennen müsste. Ich denke, das ist schon realistisch." Vorsichtshalber steht er aktuell auch auf dem Parkplatz des Globus-Baumarktes auf der Otto-von-Guericke-Straße und verkauft dort seine Mandeln: "Man muss ja irgendwie ein bisschen abgesichert sein, wenn der Weihnachtsmarkt, was wir nicht hoffen, doch noch wegen eines Lockdowns unterbrochen werden müsste."

Jede Viertelstunde produziert Markus Karl Meier an seinem Stand frische Mandeln. (Archivbild)
Jede Viertelstunde produziert Markus Karl Meier an seinem Stand frische Mandeln. (Archivbild) Foto: Alexander Dontscheff


"Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die gesagt haben, ich gehe in diesem Jahr aufgrund der Situation nicht auf den Weihnachtsmarkt."

- Markus Karl Meier, "Mandel-Meier"



Derartige Teufel malt der Schaustellerverband Braunschweig zwar nicht an die Wand, jedoch sind die Bereiche der Einbußen offensichtlich: Die Hotels sind gut gebucht, allerdings nicht auf dem Niveau der Vorjahre. Um eine Überfüllung zu vermeiden, hat man auch auf nationale Werbung im Bereich Tourismus verzichtet. Hinzu kommen neben den Personenbegrenzungen in den vier eingezäunten Verzehrbereichen in Braunschweig natürlich die Einzäunungen selbst - diese kosten Laufkundschaft. Meier bestätigt: "Ich habe mit vielen Leuten gesprochen, die gesagt haben, ich gehe in diesem Jahr aufgrund der Situation nicht auf den Weihnachtsmarkt. Eine schwierige Situation."


Personalprobleme kommen hinzu


Im weiteren Verlauf des Gesprächs mit regionalHeute.de offenbart Mandel-Meier ein weiteres Problem. Einsparen wolle man eigentlich nicht, aber Personal zu finden, sei schwer: "Das ist die allgemeine Situation, in unserem Gourmetcafé ist es ähnlich. Überall sehen sie Schilder, dass Personal und Mitarbeiter gesucht werden." Viele, so Meier weiter, hätten sich wegen des Lockdowns anderweitig beruflich orientiert.

Stefan Franz, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Braunschweig.
Stefan Franz, Vorsitzender des Schaustellerverbandes Braunschweig. Foto: Archiv



Stefan Franz vom Schaustellerverband in Braunschweig spricht noch ein Problem an: "Wir hatten einen hohen Zulauf an osteuropäischen Mitarbeitern, die durch den Lockdown weggebrochen sind. Und auch den Sektor der studentischen Hilfskräfte muss man erst wieder aufbauen." Zudem, so Franz, sei es auch kein attraktiver Arbeitsplatz: "Einigen kurzfristig beschäftigten Mitarbeitern wird es zu kalt. Und natürlich spiegelt sich auch der Mindestlohn wider. Man muss das in seine Kalkulation alles mit einbauen."


Größte Sorge vor Weihnachtsmarktabsagen


Selbst die aktuellen Planungen, so kurz vor dem Start, laufen noch immer unter Vorbehalt. Das stellen die zuständigen Stellen immer wieder klar. Der Präsident des Deutschen Schaustellerverbandes e.V. (DSB), Albert Ritter, stellt in einer Pressemitteilung hierzu klar: "Im Falle einer Absage stehen sie vor dem finanziellen Ruin!". Man verzeichne "mit größter Sorge eine täglich stark steigende Zahl von Absagen als Reaktion der meist kommunalen Veranstalter auf hohe Inzidenzwerte."

"Im Falle einer Absage stehen Sie vor dem finanziellen Ruin!"

- Albert Ritter, Präsident DSB



Die Reserven und Altersrücklagen vieler Familienbetriebe seien längst aufgebraucht, die Branche bereits seit Beginn der Coronapandemie im März 2020 stillgelegt. "Es ist unerträglich, im zweiten Winter in Folge den Kopf für Versäumnisse des Sommers hinzuhalten! Die Schaustellerinnen und Schausteller, aber auch die von der Verödung bedrohten Innenstädte brauchen die Weihnachtsmärkte zum Überleben! Wer uns jetzt mit einem Federstrich erneut die Ausübung unseres Berufes unmöglich macht, muss auch die Frage beantworten, wie unsere Familien die einkommenslose Winterpause von Januar bis März trotz dieser massiven Existenzbedrohung überstehen", so DSB-Präsident Albert Ritter. Vor dem Hintergrund all dieser Erkenntnisse fasste eine Journalistin bei der Pressekonferenz zum Weihnachtsmarkt in Braunschweig sehr treffend zusammen: "Unter diesen Bedingungen, sie sind schon ein bisschen zum Erfolg verdammt, oder?" Franz antwortete etwas zögerlich: "Naja, wir müssen es annehmen."


mehr News aus der Region