Region. Das Niedersächsische Innenministerium hält Gewaltaktionen von Querdenkern gegen einzelne Personen für möglich. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Grünen Landtagsabgeordneten Julia Willie Hamburg, Volker Bajus und Christian Meyer hervor. Demnach verliefen die Montagsspaziergänge zwar größtenteils friedlich, dennoch sei besonders online eine Verrohung der Szene zu beobachten. Gewaltfantasien, so das Ministerium, könnten durchaus in reale Aktionen münden.
Laut Ministerium seien seit Anfang Dezember 1.698 "versammlungsrechtliche Aktionen" registriert worden, 313 davon seien angemeldet gewesen. Dabei registrierte die Polizei laut Ministerium 139.520 Teilnehmer in ganz Niedersachsen. Strafverfahren wurden bei diesen Versammlungen 298 eingeleitet, daneben stehen 4.550 aufgenommene Ordnungswidrigkeiten. Nur sehr wenige davon seien Gewalts- oder Widerstandsdelikte gewesen, die sich allerdings spontan aus den Situationen ergeben hätten. Wie die Verfahren allerdings verfolgt und schlussendlich vollzogen wurden, ist nicht bekannt.
Also alles friedlich in der Szene? Nein, glaubt zumindest das Innenministerium und warnt davor, das Gewaltpotenzial, das sich besonders online zeige, zu unterschätzen. Immer wieder sei registriert worden, dass sich Gewaltfantasien dort zeigten, besonders gegen Politiker, Wissenschaftler und andere Entscheidungsträger. Es sei durchaus denkbar, so das Innenministerium, dass sich diese Fantasien eines Tages in realen Taten manifestierten.
Filterblasen und die Widerstandserzählung
Dem zugrunde liegen nach Ansicht des Ministeriums besonders Filterblasen, die sich auf digitalen Plattformen wie Telegram bilden. Gruppen und Kanäle werden hier zu Echokammern, in der Widerstandsnarrative und Freund-Feind-Bilder gepflegt werden. Eine Wir-gegen-Die-Mentalität entsteht, in der sich die Nutzer als tatsächliche Kämpfer gegen ein diktatorisches System sehen. Die Folgen sind weitere Abkapselung und letztlich sogenannter "Verbalradikalismus", also nach außen hin vertretene radikale Positionen, die aber nicht zwangsweise zu Straftaten führen müssen. Dennoch halten die Niedersächsischen Behörden dies für denkbar.
Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) fordert deshalb ein härteres Vorgehen in Sachen "Hass und Hetze im Netz" und will die Plattformen weiter in Pflicht nehmen. Telegram ignoriere die Vorgaben laut NetzDG jedoch größtenteils, wobei letzte Woche bekannt wurde, dass der Messenger in der vergangenen Woche mehrere Kanäle aus ganz Deutschland dicht machte. Zuvor hatte die Führungsriege der App ein von Google vermitteltes Gespräch mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geführt. Pistorius aber fordert laut der Antwort seines Ministeriums auf die Anfrage der Grünen, dass die App im Zweifel aus den Stores von Apple und Google entfernt werden soll, sollte sie ihren Pflichten ungenügend nachkommen. Immerhin würde derlei Verstöße auch gegen die internen Regeln der beiden Unternehmen verstoßen.
mehr News aus der Region