Ischinger erwartet keinen schnellen Verhandlungsfrieden in Ukraine

Der ehemalige deutsche Botschafter in Washington, Wolfgang Ischinger, erwartet im Gegensatz zur neuen US-Regierung keinen schnellen Verhandlungsfrieden im Ukraine-Krieg. Ischinger sagte dem Fernsehsender "Welt" bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), bei dem Thema werde von den USA "aufs Tempo gedrückt", man wolle sich offenkundig noch vor Ostern mit Putin treffen.

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Wolfgang Ischinger am 14.02.2025
Wolfgang Ischinger am 14.02.2025 | Foto: via dts Nachrichtenagentur

München. Der ehemalige deutsche Botschafter in Washington, Wolfgang Ischinger, erwartet im Gegensatz zur neuen US-Regierung keinen schnellen Verhandlungsfrieden im Ukraine-Krieg.


Ischinger sagte dem Fernsehsender "Welt" bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), bei dem Thema werde von den USA "aufs Tempo gedrückt", man wolle sich offenkundig noch vor Ostern mit Putin treffen. Doch der langjährige Leiter und heute Stiftungsrats-Präsident der Konferenz ist sich sicher: "Wir werden bei diesen Verhandlungen, wenn sie denn mal losgegangen sind, relativ schnell feststellen, dass Präsident Putin eine ganz harte Nuss sein wird, die Trump so einfach nicht knacken kann."

Denn, so Ischinger weiter: "Die Vorstellung, die in manchen europäischen, aber auch in manchen amerikanischen Köpfen herumgeistert, dass man nur eine Linie durch die Ostukraine ziehen muss, die mit so ein paar Sicherheitsgarantien absichern muss und zack ist die Veranstaltung erledigt - so wird es nicht gehen." Putin habe in seinem Telefonat mit Trump gesagt, dass man an die "Grundlagen des Konflikts herangehen" müsse.

Ischinger: "Damit meint er die gesamte Frage der Sicherheitsarchitektur Europas, damit meint er die amerikanische Präsenz in Europa, damit meint er die Einflusssphäre Russlands in Europa, damit meint er das Herausdrängen Amerikas aus Mitteleuropa."

Er halte es daher für möglich, dass die US-Seite der russischen Seite in ganz anderer Weise entgegentreten werde, sollte Putin auf seinen Maximalforderungen bestehen: "Sanktionsdrohungen, weitere militärische Aufrüstung, weiter militärische Hilfe an die Ukraine - das ist alles noch nicht gegessen."

Ischinger, der mehr als fünf Jahre deutscher Botschafter in Washington war, sprach den USA zudem die Eignung ab, als Lehrmeister in Sachen Demokratie aufzutreten. Zur Rede von US-Vizepräsident JD Vance in München sagte er, man habe es bei den USA "mit einem Land zu tun, das tiefer polarisiert ist als jedes europäische Land, mit einem Land, bei dem die beiden Parteien, die miteinander im Wettstreit stehen, inzwischen überhaupt nicht einmal mehr miteinander reden." Die demokratische Kultur sei in den USA "am Zerbrechen" und "am Tiefpunkt".

"Und wenn man sich diese Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft anschaut, dann finde ich schon ein kleines bisschen verwegen, sozusagen vom Podest aus den Europäern Lektionen zu erteilen, wie man Demokratie definieren und exekutieren soll. (…) Wir brauchen die USA für die Bewältigung der großen Konflikte und Krisen. Aber wir brauchen sie nicht als Lehrmeister für die Art und Weise, wie wir mit unserer Demokratie umgehen."

Die Tatsache, dass die AfD vom MSC-Chef Christoph Heusgen von einer Teilnahme an der Konferenz ausgeschlossen worden war, rechtfertigte Ischinger damit, dass die AfD bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Deutschen Bundestag den Saal verlassen und dadurch gezeigt habe, "dass man an einer solidarischen Unterstützung dieses angegriffenen Landes anscheinend nicht interessiert ist".

Und weiter: "Ich persönlich glaube, dass man die Entscheidung meines Kollegen Heusgen verteidigen kann." Für die MSC im kommenden Jahr schloss Ischinger aber eine andere Entscheidung nicht aus: "Warten wir jetzt mal den Ausgang der Bundestagswahlen ab." Da sei "nichts in Stein gegossen". Und dann werde im nächsten Jahr neu entschieden.

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