Lebenslänglich: Was dieses Urteil wirklich bedeutet

Muss ein Mensch wirklich für den Rest seines Lebens ins Gefängnis, wenn er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde?

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Symbolfoto | Foto: Pixabay

Region. Gespannt wird das Urteil im sogenannten "Mordprozess ohne Leiche" erwartet. Sollte in diesem Fall ein Schuldspruch wegen Mordes ergehen, würde das für den Angeklagten Martin G. eine lebenslange Freiheitsstrafe bedeuten. Doch was genau bedeutet eigentlich „lebenslänglich“? Die Antwort liefert uns Richterin Lisa Rust, Sprecherin des Landgerichts Braunschweig.



In Niedersachsen verbüßen derzeit insgesamt 157 Gefangene - 147 Männer und zehn Frauen - eine lebenslange Freiheitsstrafe. Davon 18 in der JVA Wolfenbüttel, berichtet Hans-Christian Rümke, Sprecher des Niedersächsischen Justizministeriums, auf Nachfrage von regionalHeute.de. Das bedeutet, dass die Inhaftierten viele Jahre hinter Gittern verbringen müssen. Doch wer in Deutschland wegen eines Deliktes wie beispielsweise Mord zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wird, der landet zwar für sehr lange Zeit in einer Haftanstalt, jedoch nicht zwingend bis zu seinem Lebensende.

"Eine lebenslängliche Freiheitsstrafe bedeutet, dass man mindestens 15 Jahre der Strafe im Gefängnis verbüßt", erklärt Gerichtssprecherin Lisa Rust. Erst dann besteht die Möglichkeit einer Aussetzung der Freiheitsstrafe. Dazu muss aber durch den Inhaftierten ein Antrag auf Haftverkürzung gestellt werden, über den das Gericht zu entscheiden hat. Wird dem stattgegeben, kann nach den verbüßten 15 Jahren eine Bewährungsstrafe verhängt werden. Diese beträgt dann fünf Jahre. "Die Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung im Sinne dessen, dass der Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, gibt es nicht. Diese Möglichkeit besteht nur bei einer sogenannten zeitigen Freiheitsstrafe - nicht bei lebenslänglich", so Lisa Rust.


Besondere Schwere der Schuld


Eine weitere Voraussetzung für eine Entlassung aus der Haft nach verbüßten 15 Jahren ist, dass nicht die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde. In diesem Fall hat der oder die Verurteilte nicht die Möglichkeit nach 15 Jahren entlassen zu werden. Hier wird im Einzelfall über die Fortdauer der Haft entschieden. "Eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld setzt voraus, dass das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen so sehr abweicht, dass eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach fünfzehn Jahren auch bei dann günstiger Täterprognose unangemessen wäre", erklärt die Richterin weiter. Sie betont zudem, dass diese Strafen nur im Erwachsenstrafrecht angewendet werden.


Der Fall Martin G.


"Die Frage nach der besonderen Schwere der Schuld kann allerdings nur bezogen auf den Einzelfall beantwortet werden. Fallgruppen gibt es also nicht. Es müssen also Umstände von Gewicht vorliegen, die das Gericht in einer Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit zu bewerten und im Urteil darzulegen hat", so Lisa Rust weiter.

Mit eben dieser Frage wird sich auch die Kammer im Fall von Martin G. in den kommenden zwei Wochen beschäftigen müssen. G. der wegen des Verdachts des Mordes an seinem Freund Karsten Manczak seit sechs Monaten auf der Anklagebank sitzt, soll nach Willen der Staatsanwaltschaft zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Außerdem wird seitens der Anklage gefordert, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Martin G. würde dann für mehr als 15 Jahre ins Gefängnis gehen.


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