Niedersachsen. Am heutigen Mittwoch präsentierte Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne anlässlich des Starts ins zweite Schulhalbjahr aktuelle Zahlen zu Unterrichtsversorgung und Personalentwicklung bei Lehrern. Außerdem nannte er aktuelle Maßnahmen in der Corona-Lage. Hierzu äußert sich der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte in einem Presse-Statement. Insbesondere über die Situation der Unterrichtsversorgung zeigt man sich entsetzt.
„Auch wenn wir im Vorfeld bereits wussten, dass die Unterrichtsversorgung in diesem Schuljahr schlecht sein wird, sind wir über die heute von Kultusminister Grant Hendrik Tonne bekanntgegebenen Zahlen zur Unterrichtsversorgung schlichtweg entsetzt. Es sind seit zwanzig Jahren die schlechtesten Werte. Unsere Befürchtungen, dass die Unterrichtsversorgung an den nicht-gymnasialen Schulformen im Sekundar-I-Bereich schlecht sein wird, sind leider übertroffen worden", betont Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte VNL/VDR. Mit einer durchschnittlichen Unterrichtsversorgung von 94 Prozent sei die Unterrichtsversorgung an vielen dieser Schulen katastrophal. Hier müsse dringend schnellstens nachgesteuert werden, denn es gehe schlichtweg um die Bildungschancen einer ganzen Generation.
Anhebung der Besoldung als Anreiz
Dass so wenig Stellen an den Ober-, Real-, Haupt-, Gesamt- und Förderschulen ausgeschriebene wurden und auch nicht besetzt werden konnten, habe verschiedene Gründe, die auch frühere Landesregierungen zu verantworten hätten. Eine Möglichkeit, die Misere jetzt zu beheben, sei die Anhebung der Besoldung aller Lehrkräfte auf mindestens A13. Andere Bundesländer hätten schon länger erfolgreich die Besoldungsfrage in diesem Sinne gelöst, so dass für Bewerberinnen und Bewerber aus anderen Bundesländern eine Stelle an nicht-gymnasialen Schulformen in Niedersachsen nicht mehr attraktiv genug sei.
"Wenig überzeugend sind die Auslassungen, dass Förderbedarfe wie Ganztag und Inklusion zur schlechten Unterrichtsversorgung beitragen. Sie sind seit Jahren bekannt und politisch gewollt. Ebenso müsste es klar sein, dass bei Einstellung junger Bewerberinnen und Bewerber die Inanspruchnahme von Elternzeit und Teilzeitarbeit steigen wird", betont Neumann.
Ganz klar sei, dass Corona den Schulbetrieb auch weiterhin sehr erschwere. Insofern könnten die Handreichungen des Kultusministers zu verschiedenen Themenbereichen durchaus eine Hilfe darstellen, gerade in den Zeiten, wo die Gesundheitsämter ebenfalls am Limit arbeiten und nicht immer die Schulen so schnell unterstützen können wie es nötig wäre. Die tägliche Selbsttestungspflicht an Schulen sei richtig und wichtig. "Es bedeutet aber nicht, dass dadurch Ansteckungen vermieden werden. Wir laufen vielmehr der Pandemie lediglich hinterher. Es ist in der Vergangenheit zu wenig für die Prävention getan worden. Daran muss weiter gearbeitet werden. Die Sicherheit und die Gesundheit aller an Schule Beteiligten muss absolute Priorität haben", so Neumann abschließend.
"Niedersachsen zahlt schlechter als andere Länder"
Auch der bildungspolitische Sprecher der niedersächsischen FDP-Landtagsfraktion, Björn Försterling, reagiert in einem Presse-Statement bestürzt auf das heute präsentierte Fazit von Kultusminister Tonne zum Beginn des neuen Schulhalbjahres. „Minister Tonne selbst hat im Sommer noch davon gesprochen, in diesem Schuljahr einen Wert von 99 Prozent zu erreichen. Jetzt liegt er bei nur 97,4 Prozent. Der Minister kennt die Realität an den Schulen nicht“, so Försterling. Dass der Lehrerberuf in Niedersachsen so unattraktiv sei, sei hausgemacht. „Niedersachsen bezahlt die Lehrkräfte gerade beim Einstieg in den Beruf schlechter als die meisten anderen Bundesländer. Wir brauchen deshalb die Anhebung auf A13 für alle Anwärter. Außerdem fehlt die Flexibilität bei den Einstellungsmöglichkeiten und Minister Tonne tut nicht genug dafür, dass mehr Quereinsteiger motiviert und dann auch schnell in den Schuldienst übernommen werden“, meint Försterling.
Besonders fatal seien die vielen fehlenden Lehrkräfte angesichts der anhaltenden Corona-Pandemie. „Schon ohne Krankheits- oder Quarantänefälle wird in Niedersachsen im laufenden Schuljahr mindestens jede zehnte Schulstunde ausfallen. Damit Corona hier nicht zu noch mehr Ausfällen führt, brauchen die Schulen einen noch größeren Handlungsspielraum und die volle Rückendeckung des Ministers, um auch kurzfristig und individuell reagieren zu können. Sinnvoll wären dabei auch endlich die Schaffung der technischen Möglichkeiten für hybriden Unterricht, damit auch Kinder, die selbst oder deren Angehörige zu einer vulnerablen Gruppe gehören oder die sich in Quarantäne befinden, sicher am Unterricht teilhaben können“, fordert der FDP-Bildungspolitiker.
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