Berlin. Nach dem Veto von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) gegen sein geplantes Steuergesetz hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sich erneut gegen eine hohe "Kindergrundsicherung" ausgesprochen. "Eine fünfköpfige Familie, die Bürgergeld bezieht, erhält heute schätzungsweise 36.000 bis 38.000 Euro im Jahr vom Steuerzahler", sagte Lindner der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitagausgabe).
Aus seiner Sicht helfe es aber wenig, "ihnen jetzt hohe zusätzliche Transfers zu zahlen, seien es 1.000 oder gar 3.000 Euro im Jahr." Solchen Familien "einfach nur mehr Sozialtransfers zu überweisen, verbessert nicht zwingend die Lebenschancen der Kinder", sagte Lindner. Paus hatte am Mittwoch überraschend das von Lindner vorgelegte Wachstumschancengesetz zur Stärkung der Wirtschaft im Bundeskabinett gestoppt. Dazu sagte Lindner: "Es ist nicht hilfreich, ganz unterschiedliche Vorhaben sachfremd miteinander zu verknüpfen."
Außerdem gelte: "Die logische Voraussetzung einer neuen Leistung wie etwa der Kindergrundsicherung ist, dass wir überhaupt eine prosperierende Wirtschaft haben." Paus hat angekündigt, bis Ende des Monats ein konkretes Konzept zur Kindergrundsicherung vorzulegen, mit der sie Leistungen für Familien zusammenfassen und diese zugleich erhöhen will. Lindner machte deutlich, dass es dafür nicht nur wegen knapper Haushaltsmittel Begrenzungen geben müsse: "Es muss auch spürbare Anreize geben, die Hilfen des Sozialstaats zu Sprachförderung, Qualifikation und Arbeitsaufnahme anzunehmen", mahnte Lindner. Dies sei nicht zuletzt "eine zentrale Frage der Gerechtigkeit all jenen gegenüber, die für ihr Einkommen arbeiten".
Lindner äußerte außerdem Verständnis für Bürger, die den Staat derzeit für überfordert halten. Er bleibe unter seinen Möglichkeiten. "Wir lähmen uns derzeit durch Bürokratismus. Der Staat steht sich selbst im Weg. Er ist enorm kostenträchtig", so der FDP-Chef.
"Bis heute machen wir keinen Haushalt, der Mittel einspart. Wir begrenzen nur das zusätzliche Ausgabenwachstum. Aber wir schaffen es gegenwärtig trotzdem nicht, mit den enormen Finanzmitteln die wirklichen Probleme zu lösen", so der Finanzminister.
"Das Problem besteht aus immer mehr Umverteilung durch einen immer weniger treffsicheren Sozialstaat." Darum fehlten die Mittel dort, wo sie für Modernisierung gebraucht würden. "Das muss sich ändern, dann wächst auch wieder das Vertrauen der Menschen in den Staat." Zugleich warnte Lindner davor, aus Frust über Missstände in Deutschland die AfD zu wählen.
"In der Partei gibt es ein Programm, das mit dem Austritt aus der Europäischen Union und der Nato unser Land isolieren, wirtschaftlich ruinieren und dadurch politisch und gesellschaftlich destabilisieren würde", sagte Lindner. "Die Probleme, die sich für Großbritannien aus dem Brexit ergeben, würden um ein Vielfaches übertroffen werden von dem, was sich aus der Umsetzung des AfD-Programms für unser deutsches Vaterland - ich verwende das Wort bewusst - ergeben würde."
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