Mädchen heißt wie Sprachassistent - Gericht erlaubt Namensänderung

Das Kind im Vorschulalter leidet unter Mobbing.

Sprachassistenten wie Amazons Alexa sind weit verbreitet und beliebt.
Sprachassistenten wie Amazons Alexa sind weit verbreitet und beliebt. | Foto: Pixabay

Göttingen. Ein Vorschulkind aus Niedersachsen leidet unter seinem Vornamen, weil dieser das Aktivierungswort eines bekannten Sprachassistenten ist. Nachdem die zuständige Stadt Göttingen eine Änderung des Vornamens abgelehnt hatte, zog das junge Mädchen mit ihren Eltern vor Gericht und bekam am heutigen Donnerstag Recht zugesprochen. Das geht aus einer Mitteilung des Verwaltungsgerichts Göttingen hervor.



Die Familie wollte das Hinzufügen eines zweiten Vornamens erreichen. Dies hätten die Eltern damit begründet, dass ihre Tochter aufgrund der Namensidentität ihres Vornamens mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten erheblich unter Mobbing und Hänseleien leide. Immer wieder würden andere Personen der Klägerin Befehle erteilen, da der Name sofort mit dem Namen des Sprachassistenten in Verbindung gebracht werde. Dies würde das Mädchen seelisch belasten.

Stadt sieht nachträgliche Reue bei den Eltern


Die Stadt Göttingen habe das jedoch nicht als wichtigen Grund anerkannt, der eine Namensänderung erlaube. Die seelische Belastung des Mädchens sei ihrer Ansicht nach nicht durch ärztliche oder psychologische Gutachten belegt. Der Namensänderungswunsch beruhe vielmehr auf nachträglicher Reue der Eltern an der früheren Namensgebung und auf Mobbingbefürchtungen. Ein Produktname könne nicht automatisch zu einem Anspruch der vielen Inhaber gleichlautender Vornamen auf Namensänderung führen. Insgesamt könne quasi jeder Name mit einiger Fantasie ins Lächerliche gezogen werden.

Seelische Belastung würde auch in Zukunft anhalten


Das sah das Verwaltungsgericht Göttingen jedoch anders und kam zu der Überzeugung, dass die seelische Belastung der Klägerin ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG darstelle. Die Eltern hätten in der mündlichen Verhandlung zahlreiche Vorfälle beschrieben, bei welchen die Klägerin aufgrund ihres Vornamens belästigt worden sei. Dabei sei nachvollziehbar, dass es aufgrund dieser Vorfälle zu einer seelischen Belastung gekommen sei, der die Klägerin aufgrund ihres jungen Alters nichts entgegensetzen könne.

Insgesamt sei zu erwarten, dass die Hänseleien auch in Zukunft weiter andauern würden. Die Bekanntheit des Sprachassistenten und die Tatsache, dass es sich bei dem Namen des Sprachassistenten nicht nur um eine reine Produktbezeichnung handele, sondern um das "Schlüsselwort" zur Nutzung des Geräts, führten dazu, dass der Name des Sprachassistenten in einem besonders herausragenden Maße missbrauchsgeeignet sei. Der Name sei nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lade vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen.

Gegen die Entscheidung des Gerichts kann die Stadt Göttingen jetzt in Berufung gehen. Ob es sich bei dem Sprachassistenten um Alexa, Siri oder Cortana handelt, lässt das Verwaltungsgericht in einer öffentlichen Mitteilung zum Schutz des Kindes offen. Das tatsächliche Aktivierungswort hätte aber vermutlich auch keinen Einfluss auf das Urteil gehabt, wie ein Gerichtssprecher gegenüber regionalHeute.de erklärt.


mehr News aus der Region