Braunschweig. Fünf Zeugen waren für den Prozesstag im Fall des seit fast einem Jahr vermissten und von der Staatsanwaltschaft für tot gehaltenen Karsten Manczak am heutigen Mittwoch vor dem Braunschweiger Landgericht geladen. Nur vier tauchten auf. Was die Aussagen dieser vier Zeugen, alle wollen das mutmaßliche Mordopfer nach dessen Verschwinden noch gesehen haben, letztendlich im Verfahren für eine Rolle spielen werden, müssen die weiteren Verhandlungen zeigen.
Die erste Aussage des Tages kam von einem 24-jährigen Pflegeassistent aus Blankenburg. Er will - und dessen sei er sich ganz sicher - Karsten Manczak am 21. April in der Nähe von Blankenburg gesehen haben. Der Mann, der in Motorradkluft an einer Bushaltestelle zwischen Blankenburg und Wienrode stand, sei ihm aufgefallen, weil er die Aufmerksamkeit der Autofahrer suchte. Er habe winkend am Straßenrand gestanden, schildert der Zeuge seine Erinnerungen. Da er davon ausging, dass der Mann Hilfe bräuchte, vielleicht sogar einen Unfall hatte, habe er angehalten und kurz mit ihm gesprochen. Die Person habe zu ihm gesagt, dass er so schnell es ginge zum nächsten Bahnhof müsse. Da der Zeuge anhand der Kleidung annahm, dass der Hilfesuchende selbst einen fahrbaren Untersatz haben muss, hätte er gefragt, warum er nicht selber fahre. Dies habe der Mann damit erklärt, dass er das aufgrund seiner Augen nicht könne (Anm.d.Red: Manczak soll eine starke Sehschwäche gehabt haben und ohne Brille kein Fahrzeug habe lenken können). Ein Motorrad, einen Helm oder anderes Fahrzeug habe der Zeuge auch nicht in der Nähe des Mannes gesehen.
Da er selbst mit dem Motorrad unterwegs war, aber niemanden mitnehmen konnte, habe der Augenzeuge seine Fahrt fortgesetzt und seine Beobachtung später der Polizei gemeldet, weil er sich an die Vermisstenmeldung erinnerte. Der Mann an der Bushaltestelle sei der vermisste Karsten Manczak gewesen, war sich der 24-Jährige sicher. Und auch auf einem der acht Fotos, die ihm während des heutigen Prozesstages vorgelegt wurden, erkannte er das mutmaßliche Opfer wieder. Seitens der Staatsanwaltschaft hinterließ das Wiederkennen auf den Fotos jedoch leise Zweifel. Der Zeuge hatte eingeräumt, vor der Verhandlung noch Fotos von Karsten Manczak angesehen zu haben.
Zeuge erkennt Angeklagten
Fotos wurden auch dem zweiten und dritten Zeugen des Tages vorgelegt. Ein 33-Jähriger aus Groß Döhren konnte anhand der Fotos gar nicht sagen, ob der Mann, den er am Steuer eines Caddys an einem Dienstagmorgen im April gesehen hat, der Vermisste war. Doch er sei sich ziemlich sicher, dass es das Auto der Familie Manczak war, das er auf der Straße zwischen Groß Döhren und Hahndorf gesehen habe. Einige Kennzeichenfragmente habe er erkannt. Und er sei sich sicher, dass zwischen seinem Fahrzeug und dem Caddy ein weiterer Wagen fuhr - ein weißer Seat Mii (Anm.d.Red: Ein weißer Kleinwagen war auch mit dem Angeklagten Martin G. in Verbindung gebracht worden).
Der dritte Zeuge des Tages sorgte mit seiner Aussage vollends für Verwirrung und verpasste der Hoffnung der Verteidiger einen kleinen Dämpfer, wie der Bonner Anwalt Martin Nitschmann auch anschließend einräumte. Denn die Beobachtung, die ein 56-Jähriger aus Bad Gandersheim gemacht haben will, klang zunächst zumindest für die Verteidigung vielversprechend. Der Mann will am 14. April in der Seesener Fußgängerzone mit dem mutmaßlichen Opfer geradezu zusammengeprallt sein. Daher könne er sich auch ziemlich genau an das Gesicht erinnern. Es soll Karsten Manczak gewesen sein - ohne Brille, aber dafür mit Bart. Als Verteidiger Nitschmann zur Definition der Bartlänge den Angeklagten bat, die Maske abzunehmen - auch G. trägt Bart - glaubte der Zeuge, in G. den Mann wiederzuerkennen, den er in Seesen sah. Die Vorlage von verschiedenen Fotos zeigte hier: Der Zeuge erkannte Manczak auf den Bildern nicht wieder - stattdessen aber eine Person, die nichts mit dem Verfahren zu tun hat.
Zeuge bittet um gerechtes Urteil
Auch der vierte Zeuge war sich sicher, dass er das Auto von Karsten Manczak an einem Dienstag im April gesehen haben will. An das Kennzeichen und die Farbe des Fahrzeugs könne er sich gut erinnern. Leider ließ sich auch während seiner Aussage nicht mehr genau eruieren, wann er auf der B6 unterwegs war. Zumindest konnte er den 12. und 14. April ausschließen - denn an diesem Tag sei es nicht so sonnig gewesen. An die Sonne, das Auto und das Kennzeichen könne er sich aber genau erinnern. Mit einer Entschuldigung dafür, dass er nicht mehr zu dem Fall beitragen könne, verließ der 77-Jährige den Gerichtssaal. Und mit einer Botschaft an die Kammer: "Fällen Sie ein gerechtes Urteil."
Wann das Urteil vor dem Braunschweiger Landgericht gesprochen wird, ist noch nicht ganz klar. Inzwischen suchen Kammer, Verteidiger und Nebenklage nach weiteren Terminen. Derzeit ist der letzte Verhandlungstag für den 19. April angesetzt. Dann ist Karsten Manczak seit mehr als einem Jahr spurlos verschwunden.
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