Massiver Andrang bei Maskenausgabe - Auch "schwarze Schafe" unter Apothekern

Neben Apotheken mit Lieferschwierigkeiten gab es nach Angaben eines Vorstandsmitgliedes im Apothekerverband auch welche, die einfach nicht teilnehmen wollten - Sie erhalten trotzdem Geld vom Bund.

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(Symbolbild) | Foto: Pixabay

Region. Seit Dienstag können bestimmte Risikogruppen drei kostenlose FFP2-Masken oder Schutzmasken mit vergleichbarem Standard kostenlos in ihren Apotheken erhalten. Dr. Mathias Grau, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbands Niedersachsen (LAV) berichtet über drei Mal so viele Kunden wie an gewöhnlichen Tagen: "Mit dem Ansturm hab ich nicht gerechnet, ganz ehrlich nicht". Viele Apotheken kämpften mit logistischen Problemen, weshalb die Masken oft schnell vergriffen waren. Grau übt jedoch auch scharfe Kritik an Apotheken, die sich erst gar nicht an der Verteilaktion beteiligen.


Noch vor den "schwarzen Schafen", die sich nicht an der Ausgabe beteiligen wollten, habe die schwierige Logistik die Verfügbarkeit in den Apotheken belastet. Grau erklärt, dass mindestens 81 Millionen Masken binnen kürzester Zeit durch die Bundesrepublik gebracht werden mussten - und das hätten auch die Apotheken erst gewusst, als Bundesgesundheitsminister Spahn vor die Kamera trat. "Das war eine Herkulesaufgabe, ich kenne Kollegen, die die Masken erst heute gekriegt haben. Natürlich sind die Leute erstmal irritiert, wenn sie in die Apotheke kommen und nichts ist da. Aber dass es keine verlässlichen Zahlen gibt, wie viel man braucht, ist ein viel größeres Problem", sagt Grau und fährt fort: "Man muss entweder seinen Kundenstamm kennen oder die Anzahl der Menschen in seinem Einzugsgebiet schätzen. Und darüber schwebt dann noch die Ungewissheit: 'wie wird das vergütet'?"

"Schwarze Schafe" zerren an Glaubwürdigkeit


Bei all den Unwägbarkeiten und nachvollziehbaren Problemen mit der nicht rechtzeitigen Lieferung der Masken zum Stichtag hätten sich aber auch einige Apotheken einfach nicht an der Ausgabe beteiligt. "Das ist eine ganz große Katastrophe und das zerrt an der Glaubwürdigkeit der Apotheken", verurteilt Grau diese Praxis einiger Apotheken. "Da schwillt mir die Faust in der Tasche. Wir bezeichnen uns als Helfer in der Not, und es gibt ja auch kein Geld pro ausgegebener Maske vom Staat dafür, sondern eine Pauschale. Und die kriegen dann auch die Apotheken, die nicht mitmachen", berichtet Grau weiter. "Mein Appell: Gehen sie im Januar dann mit ihren Gutscheinen in die Apotheken, die Sie jetzt auch beliefert haben. Die haben es verdient."

"Die Leute wollen keinen Müll"


Doch wie sicher ist die Maskenversorgung aus den Apotheken? In der laufenden Woche hat die AWO mit Kritik an den vom Bund gelieferten Masken aus der "eisernen Reserve" für Aufsehen gesorgt. Diese seien für medizinische Zwecke "unbrauchbar". Und auch die Menschen in den Apotheken seien sensibilisiert, wenn es um die Qualität der Masken geht. Grau erklärt: "Es ist zwar ein verschwindend geringer Anteil der Leute, aber es gibt schon die, die das Zertifikat mitnehmen und sehen wollen. Und das ist ja auch ihr gutes Recht. Die Leute wollen ja keinen Müll mit nach Hause nehmen."



Anders als die Masken der AWO oder jene, die bei einem Feldversuch in Bremen an Risikogruppen ausgegeben wurden, stammen die ausgegebenen Schutzmasken in den Niedersächsischen Apotheken nicht aus der Bundesreserve, sondern aus dem Großhandel. "Im Einkauf kann man darauf achten, wo man welche Ware bekommt und mit welchem Siegel. Es gab ja vor Wochen Gerüchte, dass die Masken aus der Bundesreserve kommen sollen, da haben wir Alarm geschlagen." Grau berichtet aus Bremen: "Das war teilweise wirklich minderwertige Qualität. Die haben manche direkt weggeschmissen. Aber ich gehe davon aus, dass die, die sich jetzt bevorratet haben auch qualitative Ware eingekauft haben. Eine Abgabe minderwertiger Ware können sich die Apotheken auch gar nicht leisten, dafür sind die Leute zu sehr sensibilisiert. Allein dass da vier Zahlen hinter der CE-Kennzeichnung sein müssen, die Leute achten jetzt auf sowas."

Missbrauch eher unwahrscheinlich


Eine große Sorge vor Missbrauch könne Grau nicht bestätigen. "Man kann natürlich nur an die Leute appellieren, nicht in sechs oder sieben Apotheken zu gehen und da seinen Ausweis vorzuzeigen. Andererseits glaube ich nicht, dass das große Ausmaße hat und sich die Leute wirklich wegen drei Masken jedes Mal eine halbe Stunde in die Schlange stellen." Grau mahnt: "Man muss den Leuten klar machen, was hier auf Kosten des Staates passiert. Das ist Schutz, der einer vulnerablen Gruppe zusteht. Wer das System sprengt, weil er meint sich damit besser zu fühlen, der soll das tun. Das ist aber wirklich nicht im Sinne des Erfinders."

Unmut wegen "Vergütung mit der Gießkanne"


Für Unmut unter den Apothekerinnen und Apothekern sorge das bislang angedachte System der Vergütung - nicht nur würden auch Apotheken profitieren, die sich gar nicht an der Ausgabe beteiligen, aus Sicht von Mathias Grau sei diese "Pauschale" auch in anderen Punkten "noch nicht ganz gerecht." Apotheken erhalten die Pauschale auf Basis der Anzahl der eingezogenen Rezepte für verschreibungspflichtige Medikamente im dritten Quartal 2020. "Apotheken mit vielen Rezepten in diesen Monaten kriegen dann eine relativ hohe Pauschale. Dann gibt es aber zum Beispiel die Apotheken, die auch Altenheime beliefern, die haben auch viele Rezepte. Wohingegen die Apotheken mit hoher Laufkundschaft in Einkaufszentren, wo sich die Leute Schmerz- und Vitamintabletten kaufen, aber selten Rezepte da lassen, leer ausgehen", erläutert Grau und schlussfolgert: "Per Gießkannenprinzip eine Pauschale über alle auszuschütten sorgt für viel Unmut unter den Kollegen. Das ist noch nicht ganz gerecht. Das müsste auch abhängig gemacht werden vom Standort und der durchschnittlichen Kundenmenge."

Häufig werden Atteste verlangt


Auch eines habe sich in den vergangenen zwei Tagen schon gezeigt - das Glaubhaftmachen einer Berechtigung für die Schutzmasken bei Personen unter 60 gegenüber dem Apotheker gestaltete sich bisweilen schwierig. Viele Apotheken hätten daher ärztliche Atteste verlangt, um den Prozess angesichts des hohen Andrangs zu verkürzen: "Wenn ich den Menschen gar nicht kenne, glaube ich ihm nicht. Hat er Bluthochdruck oder eine Niereninsuffizienz? Das sehe ich den Leuten ja nicht an." Am einfachsten sei es daher, wenn die Leute in ihre Stammapotheke gehen. "Ich muss als Apotheker ja eine Selbsterklärung ausfüllen. Aber in der Stammapotheke sind meine Kundendaten alle gesichert, die kennen meine Medikation, meinen Verlauf und ich kann meine Masken direkt mitnehmen. Das geht dann auch für alle anderen schneller!", so Graus abschließender Ratschlag.


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