Der Mindestlohn gilt in Deutschland nun bereits seit dem 1. Januar 2015. Im Juni wurde beschlossen ihn auf 8, 84 Euro anzuheben. Wie fällt ein erstes Fazit aus? regionalHeute.de hat sich in Wirtschaft und Politik umgehört.
Im ersten Teil lassen wir Rainer Balke, Hauptgeschäftsführer, DEHOGA Niedersachsen und Florian Bernschneider, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Region Braunschweig zu Wort kommen. Im zweiten Teil äußern sich die Bundestagsabgeordneten der Region, Carsten Müller, Uwe Lagosky, CDU und Carola Reimann, sowie Wilhelm Priesmeier, SPD.
Rainer Balke, Hauptgeschäftsführer, DEHOGA Niedersachsen, bekräftigte, dass sich die Betrieb an den Mindestlohn halten würden. "Allein schon vor dem Hintergrund, dass es ständig Kontrollen geben kann, haben sich alle in ihr Schicksal gefügt." Die große Herausforderung für viele kleine Betriebe sei es weiterhin rentabel zu bleiben. "Oft bleibt dann der Unternehmerlohn auf der Strecke, damit das Geschäft am Laufen gehalten werden kann", erklärt er. Die Bürokratie sei zudem weiterhin eine große Belastung. Hintergrund: Um sicherzustellen, dass dieser tatsächlich für jede Arbeitsstunde bezahlt wird, besteht in bestimmten Branchen die Pflicht, die Arbeitszeiten zu notieren.
Änderungen müssten her
Er ergänzt, dass es unbedingt in dem ganzen Zusammenhang unbedingt eine Gesetzesänderung geben müsse. "Das Arbeitsrecht an das wir uns halten müssen ist aus dem vergangenen Jahrhundert und nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen zu einer Wochenarbeitszeit Betrachtung kommen." Acht Stunden ist die Norm, über zehn Stunden geht legal nichts und das ist gerade für Veranstaltungen, wie Hochzeiten oder ähnliches ein Problem. "Dort werden gerade von kleineren Betrieben Mitarbeiter auf 450 Euro Basis beschäftigt, die sich am Wochenende etwas dazu verdienen wollen. Da geht eine Veranstaltung dann auch einmal 14 Stunden und muss begleitet werden, für die Mitarbeiter meist kein Problem, da sie nur einen Tag arbeiten würden", so Balke. Ob es durch den Mindestlohn zu Geschäftsschließungen in der Region gekommen sei, könne man nicht pauschal sagen. "Wenn Betriebe schließen müssen, dann ist das nie monokausal zu betrachten. Der Mindestlohn belastet aber natürlich Betriebe, die sowieso schon schwach aufgestellt sind und kann zu einer Pleite beitragen", so Balke.
Gefahren dürfen nicht übersehen werden
Nicht alle Mitgliedsbetriebe seien vom Mindestlohn betroffen, so Florian Bernschneider, Hauptgeschäftsführer vom Arbeitgeberverband Region Braunschweig. "Doch gerade im Bereich der Hilfsarbeiten, in denen auch Mitarbeiter ohne berufliche Vorbildung tätig sein können, kommt der Mindestlohn schon zum Tragen. Mit einigen Ausnahmen können die Auswirkungen hier allerdings durch Preiserhöhungen oder durch die insgesamt gute wirtschaftliche Entwicklung bisher abgefedert werden", berichtet er.
Die Mindestlohnkommission habe sich mit ihrer jüngsten Entscheidung zur Erhöhung des Mindestlohns für einen weiterhin sehr positiven Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Monate entschieden. "Das ist ohne Frage wünschenswert, aber die Gefahren dürfen nicht übersehen werden. Auch wenn der Mindestlohn bisher nur wenige Branchen zu Preissteigerungen oder Entlassungen gezwungen hat, gibt es keine Garantie, dass eine Erhöhung nun wieder verhältnismäßig spurlos an der Wirtschaftlichkeit der Mehrzahl der Betriebe vorbeigeht. Die Folgen des Brexit, eine Zinssteigerung oder Verteuerung bei Energiepreisen können sehr schnell dazu führen, dass der Mindestlohn doch zum Problem für viele Betriebe wird", gibt er zu bedenken.
Zugangsbarrieren bedenken
Zudem sei jede Erhöhung des Mindestlohns auch eine Erhöhung der Zugangsbarrieren in den Arbeitsmarkt. Mit Blick auf die großen Herausforderungen bei der Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt sollte dies Beachtung finden. "Hier ist Politik aufgerufen auch im Sinne der Anhebung auf keinen Fall Ausnahmen zu streichen, sondern eher nach Möglichkeiten zu suchen, die Barrieren weiter abzusenken", so Bernschneider. Gleiches gelte auch im Bereich der Geringqualifizierten. "Dass bei der Diskussion um die Erhöhung des Mindestlohns die übrige Lohnentwicklung berücksichtigt wird, ist nachvollziehbar, nur gilt auch: Jede Lohnsteigerung muss auch immer einer Produktivitätssteigerung entsprechen. Bei dieser Entwicklung dürfen wir Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose ohne Job nicht abhängen", bemerkt er.
Weitere offene Fragen
Man müsse beachten, dass nur rund 50.000 von über 1,2 Millionen Aufstockern durch den Mindestlohn aus ihren Transferzahlungen gehaltlich herausgewachsen seien. Das zeige, dass der Mindestlohn kein Allheilmittel sei. "Auch eine Erhöhung des Mindestlohns wird hier keine fundamental anderen Zahlen liefern. Hier geht es um andere arbeitsmarktpolitische Fragestellungen, um die es sich in vielen Fällen viel mehr lohnen würde zu diskutieren, als über die Höhe des Mindestlohns", schließt Bernschneider.
Lesen Sie im morgigen Teil, wie die Bundestagsabgeordneten aus der Region die bisherige Entwicklung sehen.
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