Möglicher Corona-Herbst: Sind unsere Schulen vorbereitet?

regionalHeute.de fragte bei den Hauptverwaltungsbeamten der Landkreise und kreisfreien Städte unserer Region nach, wie die Lage rund um technische Schutzmaßnahmen, rechtliche Möglichkeiten oder schlimmstenfalls Distanzunterricht eingeschätzt wird.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Auch wenn aktuell andere Krisen das Thema etwas in den Hintergrund drängen, so gibt es doch Experten, die warnen, Corona könnte in Herbst und Winter wieder eine größere Rolle spielen. Aus diesem Anlass fragte regionalHeute.de bei den Hauptverwaltungsbeamten der Landkreise und kreisfreien Städte unserer Region nach, wie gut die Schulen auf einen Corona-Herbst oder Winter vorbereitet sind. Dabei sollte es um technische Schutzmaßnahmen wie Luftfilteranlagen, eine Einschätzung der rechtlichen Möglichkeiten für Test- oder Maskenpflicht aber auch um das Szenario gehen, falls doch wieder Distanzunterricht nötig wird.



In den meisten Landkreisen und Städten wurden einige Klassenzimmer mit Luftfiltern und anderen raumlufttechnischen Anlagen aufgerüstet. So seien alle Räume der Wolfsburger Schulen und auch der Kindertagesstätten, bei denen entsprechende Bedarfe festgestellt worden seien, mit mobilen Luftreinigungsgeräten ausgerüstet worden. "Um das regelmäßige und infektionsschutzgerechte Lüften zu unterstützen, wurden die Wolfsburger Schulen mit über 1.000 CO²-Ampeln ausgestattet", teilt Oberbürgermeister Dennis Weilmann mit. Die Stadt Wolfsburg habe hierfür Fördermittel in Höhe von rund 164.000 Euro erhalten. Die Lüftungsgeräte seien in den Ferien durch eine Fachfirma gewartet worden, sodass diese zum Schulbeginn wie bislang einsatzbereit gewesen seien.

Förderprogramm aufgestellt


Ähnlich sieht es im Landkreis Helmstedt aus. „Alle landkreiseigenen Schulen wurden im Rahmen eines entsprechenden Förderprogramms mit mobilen Luftfilteranlagen ausgestattet. Die Ausstattung beschränkt sich allerdings auf schlecht zu belüftende Räume", so Landrat Gerhard Radeck. Einen weiteren Bedarf sehe man derzeit nicht. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel seien komplett in Anspruch genommen worden.

Landrat Gerhard Radeck. Archivbild
Landrat Gerhard Radeck. Archivbild Foto: Thomas Stödter


Auch die Stadt Braunschweig habe sich frühzeitig mit dem Thema Lüften befasst, um dort, wo es nötig war, die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, dass Unterricht weitestgehend gefahrlos stattfinden könne. "Wir haben in 224 Klassenräumen Fensterlüfter eingebaut, vereinzelt auch Luftfilter, und mittlerweile 400 hochwertige, Raumluftgüte-Ampeln beschafft und eingerichtet. Letztere finden große Akzeptanz. Nach unserem Eindruck sind Schüler- und Lehrerschaft mit den Maßnahmen zufrieden und fühlen sich angemessen sicher", erklärt Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum.

Reibungsloser Unterrichtsbetrieb


Die Stadt Salzgitter betont ebenfalls, dass man als Schulträger in den vergangenen Monaten alles getan habe, damit ein reibungsloser Unterrichtsbetrieb in der Schule stattfinden könne. "So haben wir 175 Luftfilter in insgesamt 90 Unterrichtsräumen in Salzgitteraner Schulen verbaut, die nicht oder nicht ausreichend zu belüften sind", berichtet Oberbürgermeister Frank Klingebiel. Die Kosten in Höhe von rund 285.000 Euro habe zu 80 Prozent das Land übernommen, dennoch seien die übrigen 20 Prozent sowie die entstehenden jährlichen Wartungskosten in Höhe von rund 37.000 Euro durch die Stadt zu tragen.

Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel.
Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel. Foto: Thomas Stödter


Auch der Landkreis Wolfenbüttel setzt an den Schulen in seiner Trägerschaft Schutzmaßnahmen um. "So haben wir beispielsweise in allen 5. und 6. Klassen sowie den Klassen 1 bis 4 an den Förderschulen Infektionsschutzampeln angeschafft", berichtet Landrätin Christiana Steinbrügge. Die Geräte messen die CO2-Konzentration und zeigen an, wann gelüftet werden sollte. Für die Lüftungsempfehlung würden diese auch auf die lokalen Inzidenzen zugreifen und dementsprechend die Lüftungsempfehlung anpassen.

Verzögerung durch Lieferengpässe


Im Landkreis Gifhorn läuft der Prozess zur Beschaffung und Aufstellung der als Bedarf ermittelten Luftfilter und raumlufttechnischen Anlagen noch. Zum Teil sei er aber bereits abgeschlossen, lässt Landrat Tobias Heilmann wissen. Es bestünden weiterhin die bekannten Lieferengpässe mit der Folge von Verzögerungen bei der Aufstellung. Für sämtliche als Bedarf ermittelten Geräte seien entsprechenden Förderprogramme genutzt worden.

Landrat Tobias Heilmann. Archivbild
Landrat Tobias Heilmann. Archivbild Foto: Thomas Stödter


Einen anderen Weg ist man dagegen im Landkreis Goslar gegangen. "Unter breiter und öffentlicher Beteiligung der Politik hat sich der Landkreis bereits sehr früh mit der Wirksamkeit von Luftfilteranlagen in Klassenräumen auseinandergesetzt. In diesem Zusammenhang wurde auch die Lüftungssituation in allen Schulliegenschaften des Landkreises untersucht und bis auf ganz wenige Ausnahmen als gut eingestuft. Die gemeinsame und transparente Meinungsbildung führte am Ende zu der überzeugten Entscheidung, dass an den Schulen in Trägerschaft des Landkreises keine mobilen Lüftungsanlagen installiert werden", so Landrat Dr. Alexander Saipa. Ferner sei es mit Blick auf die steigenden Energiepreise und die gesetzlichen Vorgaben in öffentlichen Gebäuden wiedersinnig hier nun entsprechende Anlagen aufzustellen. Dies würde dem Aufruf zum Energiesparen entgegenstehen.

Umsetzung durch Land steht noch aus


Die Frage, ob es eine ausreichende rechtliche Grundlage für gegebenenfalls notwendige Maßnahmen gibt wie Masken- oder Testpflicht, kann aktuell nur bedingt beantwortet werden, da das Bundesinfektionsschutzgesetz erst kürzlich geändert wurde und eine Umsetzung durch das Land Niedersachsen noch aussteht. "Was die rechtlichen Voraussetzungen für Masken- und Testpflicht angeht, so müssen wir zunächst abwarten, welche Regelungen das Land Niedersachsen trifft", befindet daher Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum. Grundsätzlich sei es natürlich gut, wenn flexibel gehandelt werden könne, je nach Betroffenheit einer Region oder eines Bundeslands.

Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum.
Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum. Foto: Thomas Stödter


Gifhorns Landrat Tobias Heilmann versichert, dass wie seit Beginn der Pandemie die jeweils geltenden Vorgaben von Bund und Land auch künftig umgesetzt würden. Entsprechende Erfahrungen und Prozesse, um kurzfristig auf neue sowie auch auf bereits bekannte Regelungen reagieren zu können, bestünden unterdessen sowohl auf Seiten der Schulen als auch der Schulträger.

"Ermächtigung ist ausreichend"


„Eine Masken- und Testpflicht ist seitens der Landesregierung derzeit nicht vorgesehen, die rechtliche Grundlage dazu haben die Länder aber durch das neue Infktionsschutzgesetz. Und diese Ermächtigung der Länder ist unserer Meinung nach auch ausreichend", betont Helmstedts Landrat Gerhard Radeck. Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrer könnten außerdem bis zu zwei Tests pro Woche über die Schule bekommen. Es sei aber freiwillig, ob man sich testen lässt. Das Tragen von „eigenen“ Masken sei ausdrücklich erlaubt, nur würden die nicht vom Land über die Schule zur Verfügung gestellt.

Oberbürgermeister Dennis Weilmann. Archivbild
Oberbürgermeister Dennis Weilmann. Archivbild Foto: Thomas Stödter


Einig ist man sich natürlich bei dem Wunsch, dass es nicht wieder zu Schulschließungen kommt. Wolfsburgs Oberbürgermeister Dennis Weilmann hierzu: „Wir haben unsere Schulen bestmöglich auf die Herbst- und Winterzeit vorbereitet, um das Infektionsrisiko für die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte zu minimieren und gleichzeitig das Lernen in Präsenz zu ermöglichen. Ich wünsche mir, dass die Situation deutlich entspannter ist als in den letzten beiden Jahren und ein Distanzlernen hoffentlich nicht wieder nötig sein wird.“ Doch was ist, wenn die Lage es dennoch erfordert? Die Stadt Wolfsburg setze auf standardisierte und weitgehend zentrale technische Lösungen, um den Schulen digitale Arbeits- und Lernumgebungen zur Verfügung stellen zu können. Mit dem Portal für die Wolfsburger Bildungslandschaft „Wobila“ könnten Schüler und Lehrkräfte bereits auf eine Plattform mit zentralen Diensten zugreifen. So seien hier unter anderem das Lernmanagementsystem „itslearning“ und die Videokonferenzlösung „BigBlueButton“ integriert. Beide Dienste hätten sich bereits während des Distanzunterrichts 2020 und 2021 bewährt.

Der Landkreis Gifhorn kann dagegen keine "Pauschalaussagen zur Situation aller zirka 60 Schulen im Kreisgebiet unabhängig von Zeitpunkt, Kurzfristigkeit und Umfang" treffen. Der Distanzunterricht stelle vor allem die Schulen, Eltern und Schüler vor erhebliche Herausforderungen und hänge in erheblichem Maße von verschiedenen Ressourcen, der jeweiligen Organisation vor Ort ab. Letztere variierten je nach Größe der Schule und Umfang der gegebenenfalls erforderlichen Distanzbeschulung. Es bestünden allerdings aus den vergangenen Monaten und Jahren bei allen Beteiligten bereits entsprechende Vorerfahrungen.

"Technische Voraussetzungen gut"


"Aus meiner Sicht sollten Schulschließungen grundsätzlich ausgeschlossen werden", betont Goslars Landrat Dr. Alexander Saipa. "Sollte dieses Instrument wider besseren Wissens dennoch zur Anwendung kommen, können die technischen Voraussetzungen als gut bezeichnet werden. Der Landkreis hat in enger Abstimmung mit den Schulen unter Einsatz von Mitteln aus dem Digitalpakt Schule für eine deutliche Verbesserung der sächlichen Ausstattungen gesorgt", so der Verwaltungschef.

Landrat Dr. Alexander Saipa. Archivbild
Landrat Dr. Alexander Saipa. Archivbild Foto: Thomas Stödter


„Schulschließungen sind derzeit weder wegen Corona noch im Hinblick auf die Energiekrise vorgesehen", so Gerhard Radeck, Landrat in Helmstedt. Die Schulen im Kreis verfügten aber grundsätzlich über eine ausreichende Internetanbindung, so dass Homeschooling angeboten werden könnte. "Außerdem wurden bedürftige Schülerinnen und Schüler mit Hilfe des entsprechenden Förderprogrammes mit I-Pads ausgestattet, so dass wir im Falle eines Falles gerüstet wären", so Radeck.

Doppelherausforderung von Eltern vermeiden


"Dass die Chancen gut stehen, dass erneuter Distanzunterricht mit großer Wahrscheinlichkeit auch bei wieder zunehmendem Infektionsgeschehen vermieden werden kann, ist von unschätzbarem Wert: Dafür, dass Schülerinnen und Schüler wieder gut lernen können, sie täglich wieder ihre Freundinnen und Freunde sehen, und dass Eltern von der Doppelherausforderung mit einer Kinderbetreuung im Home Office entlastet sind", findet Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum. Die Stadt Braunschweig sei aber für den Fall der Fälle in Bezug auf Distanzunterricht mit Unterstützung von Landesförderung gut vorangekommen. 2.400 Laptops für Schülerinnen und Schüler, die keinen eigenen Rechner für den Distanzunterricht hätten, seien zwischenzeitlich beschafft worden. Dazu kämen 2.800 Laptops für Lehrkräfte.

Auch in Salzgitter habe sich in Sachen Digitalisierung und Breitbandausbau viel getan, wie Oberbürgemeister Frank Klingebiel berichtet. Als Sofortausstattung für Schülerinnen und Schüler seien rund 1.880 Tablets und rund 180 Notebooks beschafft worden, die entweder als Klassensatz zur Nutzung an Schulen zur Verfügung stehen oder an bedürftige Familien ausgegeben werden. Die Kosten dafür lagen bei rund 830.000, wobei diese mit rund 800.000 Euro gefördert wurden. Auch für Lehrkräfte seien rund 1.070 Tablets und 85 Notebooks beschafft worden. Die Kosten in Höhe von etwa 520.000 Euro wurden durch Förderprogramme übernommen. Aktuell angelaufen sei der Breitbandausbau an den Schulen im Stadtgebiet. Die ersten elf Schulen würden durch die Avacon Connect an das Breitbandnetz angeschlossen, die anderen Schulen folgten bis Sommer 2023.

Landrätin Christiana Steinbrügge. Archivbild
Landrätin Christiana Steinbrügge. Archivbild Foto: Anke Donner


Im Landkreis Wolfenbüttel seien die kreiseigenen Schulen ebenfalls gut auf digitalen Unterricht vorbereitet, erklärt Landrätin Christiana Steinbrügge. "Wir haben die Schulen flächendeckend mit Tablets oder Laptops für Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler ausgestattet. Außerdem wurden die Bandbreiten für den digitalen Unterricht erhöht, und es steht ein eigenes IT-Team für alle kreiseigenen Schulen zur Verfügung. Zugleich bieten wir über unser Medienzentrum Fortbildungen für Lehrkräfte zum sinnvollen Einsatz von digitalen Medien im Unterricht an“, berichtet die Landrätin.

Impfen als wichtiger Faktor


Die Oberbürgemeister der Städte Braunschweig und Salzgitter bringen zusätzlich den Faktor "Impfen" ins Spiel. Ein wichtiger Aspekt dafür, dass sich Schüler und Lehrer sicher fühlten, sei natürlich auch die erfolgreiche Impfkampagne der vergangenen Monate, so Dr. Kornblum. Und Amtskollege Klingebiel gibt der inzwischen in der Stadtgesellschaft erreichte Impfstatus Zuversicht, dass nach rund 2,5 Jahren Corona-Pandemie mit harten Schutzmaßnahmen auch im Schulbetrieb alle Schülerinnen und Schüler ohne erneute Schulschließungen am Unterricht teilnehmen können. "Ich appelliere an alle Impfberechtigte, die sich noch nicht haben impfen lassen, diesen Schritt vor dem nächsten Herbst zu gehen", so der OB.

Natürlich haben wir auch beim Landkreis Peine nach einem Statement von Landrat Henning Heiß angefragt. Leider ohne Rückmeldung.


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