Mythos Clan-Kriminalität: Nur ein rechtspopulistisches Narrativ?

Die Linke kritisiert den Begriff "Clan-Kriminalität". Es handle sich um reißerische Stimmungsmache gegen Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte. Echte Probleme blieben unbeachtet.

Razzia in Salzgitter (Archiv).
Razzia in Salzgitter (Archiv). | Foto: Rudolf Karliczek

Region. Heute wurde von Niedersachsens Innenministerin Behrens und Justizministerin Wahlmann das gemeinsame „Lagebild von Polizei und Justiz zur Clankriminalität 2022“ in Niedersachsen vorgestellt. Die Linke kritisiert den Begriff der „Clan-Kriminalität“ sowie die Praxis teils unverhältnismäßiger Razzien. Die Partei fordert zudem, künftig Wirtschaftskriminalität stärker ins Visier von Ermittlungen zu nehmen. Dies geht aus einer Pressemitteilung der Linken hervor.



Marianne Esders, Mitglied im Landesvorstand der Partei DIE LINKE Niedersachsen, sagt dazu: „Der Mythos der sogenannten Clankriminalität ist ein gefährliches, rechtspopulistisches Narrativ, das seit ein paar Jahren verstärkt durch mediale Berichterstattung und die Aufmerksamkeit der Politik für reißerische Stimmungsmache gegen Menschen mit Einwanderungs- und Fluchtgeschichte inszeniert und mit einem statistisch fragwürdigen Lagebild verfestigt wird."

Wie schon in den letzten Jahren zeige auch das aktuelle "Lagebild von Polizei und Justiz zur Clankriminalität 2022", dass die vermeintliche "Clankriminalität" in Niedersachsen nur einen verschwindend geringen Anteil im Bereich der Organisierten Kriminalität ausmachen würde. Hinzu käme, dass auch Bagatelldelikte, wie niedrigschwellige Verkehrsstraftaten, Beleidigungen und Körperverletzungen, in die Statistik einfließen würden. Diese würden somit aufgebauscht und seien nicht repräsentativ für die reale Lage.

Viel mehr würden in Niedersachsen die vom Bund registrierten Delikte der Wirtschafts- und Steuerkriminalität ins Gewicht fallen, die auch finanziell in viel größerem Ausmaß Schaden anrichteten, so die Linke. Einen Lagebericht zur Wirtschaftskriminalität in Niedersachsen gebe es bislang aber nicht.

Tausend Nadelstiche


Auch die von einigen Bundesländern gefahrene "Strategie der tausend Nadelstiche" sei ein Instrument, das eingewanderten Menschen, die sich vorbildlich integrieren, zum Beispiel indem sie ein Geschäft aufgebaut hätten und damit erfolgreich seien, das Leben erschwerten, kritisiert die Linke weiter. Sei es ein gut laufender Späti oder Kiosk, ein viel besuchter Friseursalon oder Barber-Shop, ein Gemüseladen oder eine Shisha-Bar, in der man sich gerne trifft.

Wenn der Laden erst einmal von Polizisten in Sturmmasken und Kampfmontur gestürmt wurde, in Kooperation mit Gesundheitsbehörde, Zollamt und Finanzamt, dann würden die dadurch befeuerten Vorurteile bei vorbeigehenden Passanten verstärkt und gefestigt. Als Folge bliebe die Kundschaft aus und der Umsatz verringerte sich. "Festgestellt wird bei diesen Razzien meist nichts oder es werden nur Bagatelldelikte entdeckt", so die Linke.

Rassistische Muster hinterfragen


Statt die begrenzten Ressourcen der Polizei so zu binden und zu verschwenden, sollten die strukturell rassistischen Muster bei den Ermittlungen und Einsätzen kritisch hinterfragt werden, ist sich die Linke sicher. Zudem müsste den von jenen Einsätzen betroffenen Menschen Gehör verschafft werden.

Marianne Esders fasst zusammen: "Die Probleme unserer Gesellschaft lösen sich nicht, indem Menschen mit Einwanderungsgeschichte noch weiter ausgegrenzt werden. Wir müssen dort ansetzen, wo schwerwiegende Kriminalität stattfindet, bei den betrügerischen Unternehmen, die ihre Vermögen nicht versteuern und, wie das Beispiel Wirecard gezeigt hat, über Jahre unbehelligt in betrügerische Machenschaften in mehrstelliger Millionenhöhe verwickelt sein können, ohne dass sie in Verdacht gerieten. Die Fallzahlen zur Wirtschaftskriminalität lagen in der Vergangenheit drastisch über jenen der sogenannten Clankriminalität. Hier wäre die Regierung gefordert, tätig zu werden.“


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