Kiel/München. Führende deutsche Ökonomen halten die wirtschaftspolitischen Ziele der AfD für widersinnig und gefährlich. "Die AfD wirft populistische, aber zu kurz gedachte Ansätze in eine Suppe, in der sie miteinander schwimmen, aber nicht zueinander passen", sagte Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, dem "Spiegel". So wolle die Partei zwar den "Dexit", also den Austritt Deutschlands aus der EU, bekenne sich aber zum Freihandel.
"Das zentrale Problem ist, dass die AfD auf Abschottung und Autarkie setzt, was deutsche Wettbewerbsvorteile zunichtemacht", sagte Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts. Diese Politik stehe "in diametralem Widerspruch zu der tiefen Integration Deutschlands in die Weltwirtschaft."
Der frühere Wirtschaftsweise Lars Feld warnt vor dem AfD-Plan, in Europa zu nationalen Währungen zurückzukehren. "Ein Ausstieg aus dem Euro oder gar der Europäischen Union wäre ein Programm zur Vernichtung des deutschen Wohlstandes", so Feld. Ein Comeback der D-Mark wäre mit einer gigantischen Aufwertung verbunden, durch die Vermögen im Ausland entwertet und die Industrie im europäischen Wettbewerb geschwächt würde. "Eine internationale Finanzkrise wäre nicht auszuschließen."
"Die AfD hat den Ruf einer Kleine-Leute-Partei, aber das ist sie nicht", sagte Holger Stichnoth vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Er hat die finanziellen Effekte wichtiger AfD-Forderungen zur letzten Bundestagswahl berechnet. "An den Zahlen sieht man klar, wer davon profitiert - die Besserverdiener", so der Forscher.
Karen Pittel, die am Ifo-Institut das Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen leitet, warnt vor einem von der AfD geforderten Stopp aller Subventionen für Solar- und Windkraft. "Wer den Ausbau der Windkraft verbietet, verlässt den ökonomisch effizienten Weg", so die Forscherin. "Die Energiewende würde viel teurer."
"Das ist alles ziemlich unausgegoren und offensichtlich widersprüchlich", kommentiert der Wirtschaftsweise Martin Werding die Rentenpläne der Partei. "Für die Finanzierungsprobleme, die wir bis 2035 durch den Eintritt der Babyboomer in der Rente haben, hat die AfD keine Lösung."
"Wir sind als Volkswirtschaft dringend auf Innovationen angewiesen, die uns produktiver machen, dazu brauchen wir innovationstreibende, qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland", sagte Simon Jäger, früherer Chef des Instituts zur Zukunft der Arbeit. Potenzielle Zuwanderer würden aufmerksam beobachten, dass der AfD rassistische Vorstellungen wichtiger seien als wirtschaftliche Fragen, die ohnehin nicht die Kompetenz der Partei seien. Sie fragten sich: "Will ich mit meinen Kindern in ein Land ziehen, in dem bald schon die AfD etwas zu sagen haben könnte? Da geht bereits jetzt schon viel kaputt."
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