Polizei lud zu Symposium über extremistische Radikalisierung


Am Donnerstag trafen sich rund 130 Interessiert zu einem Symposium der Polizei zum Thema: "Extremistische Radikalisierung junger Menschen - Erkennen - Verstehen- Verhindern". Fotos. Polizei
Am Donnerstag trafen sich rund 130 Interessiert zu einem Symposium der Polizei zum Thema: "Extremistische Radikalisierung junger Menschen - Erkennen - Verstehen- Verhindern". Fotos. Polizei | Foto: Polizei

Braunschweig. Auf großes Interesse in Fachkreisen stieß das Symposium der Polizeidirektion Braunschweig zum Thema "Extremistische Radikalisierung junger Menschen - Erkennen - Verstehen- Verhindern". Rund 130 Interessierte nahmen an der Veranstaltung teil, die von Polizeipräsident Michael Pientka eröffnet wurde.


Ziel dieser Veranstaltung war die Sensibilisierung von Lehrkräften, Polizei, Landesschulbehörde und alle weiteren regionalen Netzwerkpartnern in der Präventionsarbeit über Radikalisierungstendenzen von jungen Menschen. Zudem wurden Möglichkeiten gemeinsamer Präventionsansätze durch eine abgestimmte Zusammenarbeit aller Beteiligten aufgezeigt und die bereits gute Zusammenarbeit weiter vertieft. Polizeipräsident Michael Pientka erläuterte bei der Begrüßung der 130 Gäste die Notwendigkeit einer ganzheitlich im Präventionsnetzwerk abgestimmten Zusammenarbeit aller Beteiligten.

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Polizeipräsident Michael Pientka begrüßte die Teilnehmer. Foto: Polizei



"Es ist in der Fachwelt unumstritten, dass die Radikalisierungsprävention für eine ganzheitliche Terrorismusbekämpfung von wesentlicher und grundlegender Bedeutung ist. Der Zulauf zur islamistischen Szene muss durch einen präventiven, vor allem aber durch einen interdisziplinären Ansatz durchbrochen werden. Um Radikalisierungsgefahren frühzeitig erkennen und entschärfen zu können, bedarf es starker Präventionsnetzwerke vor Ort unter Beteiligung von Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen, Sozialarbeitern, Ordnungsbehörden, Justizeinrichtungen, Präventionsräten, zivilgesellschaftlichen Partnern und den muslimischen Gemeinschaften. Es bedarf darüber hinaus einer intensiven Zusammenarbeit von landesweiten Akteuren. Daher wollen wir mit unserer Veranstaltung für das Thema sensibilisieren, Netzwerke und Akteure vorstellen und Raum für eigene Netzwerkarbeit bieten", so der Polizeipräsident.

Die Auseinandersetzungen in und um Syrien, die Gründung, Festigung und versuchte Ausweitung des sogenannten Islamischen Staates (IS) sowie der Kampf gegen diese terroristische Organisation fordern international und national Politik und Sicherheitsbehörden. Die Ausrufung des Kalifats im Juni 2014 hat Islamisten, in erster Linie Salafisten, weltweit in bisher nicht dagewesenem Maß emotionalisiert und mobilisiert. Dabei nutzen auch in Deutschland vor allem salafistische Einrichtungen und Aktivisten den Konflikt, um ihre extremistische Ideologie zu verbreiten und neue Anhänger zu rekrutieren.

Die Referenten, der Berliner Psychologe und Islamismus-Experte Ahmad Mansour, der Islamwissenschaftler Toni Uwe Klingbiel vom Landespräventionsrat Niedersachsen und die Polizeihauptkommissarin Heike Ehlers vom Landeskriminalamt Niedersachsen, befassten sich mit den Fragen:

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Islamismus-Experte Ahmad Mansour. Foto:



Wie begegnen wir dem Phänomen in geeigneter Weise repressiv sowie präventiv, um weitere Ausreisen in Kriegsgebiete zu verhindern und andererseits die Sicherheitsrisiken mit der Gruppe der Rückkehrer zu kontrollieren? Wie kann dem Prozess der Entstehung und der Dynamik einer Radikalisierung von Einzelpersonen begegnet werden, die unter Umständen zu der Bereitschaft führt, im In- und Ausland terroristische Anschläge zu begehen? Auch Fragen wie sich junge Menschen in der heutigen Zeit radikalisieren und was sie zu gewaltverherrlichenden Extremisten macht, standen im Focus der Diskussionen.

Islamwissenschaftler Klingbiel stellte Ursachen der salafistischen Radikalisierung und Islamfeindlichkeit in den Mittelpunkt seines Beitrages. Er gab den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Einblicke in die Denkstrukturen sich radikalisierender Menschen. Nach Einschätzung des Experten ist Radikalisierung immer ein ganz individueller Prozess, dem auch nur mit individuellen Präventionsansätzen begegnet werden kann.

Polizeihauptkommissarin Heike Ehlers vom Landeskriminalamt Niedersachsen schilderte die Möglichkeiten der ressortübergreifenden Kompetenzstelle Islamismusprävention Niedersachsen (KIP NI) im Bereich der Radikalisierungsprävention mit der Koordinierung von Maßnahmen an salafistischen Brennpunkten. Frau Ehlers gab insbesondere Einblicke in die Einzelfallbearbeitung und forderte die Zuhörerschaft auf, das eigene Bauchgefühl nicht zu verdrängen und sich im Verdachtsfall beraten zu lassen. Als eine Option nannte sie das Aussteigerprogramm "Aktion Neustart".

Psychologe und Islamismus-Experte Ahmad Mansour schilderte aus seinem großen Erfahrungsschatz über die Faktoren, die eine Radikalisierung fördern. Anhand der fast identischen Biografien von 400 Personen, die er in einem Projekt begleitet hat, zeigte er auf, wie die Suche nach der eigenen Identität, das Fehlen von Halt und Orientierung zu Radikalisierung führten. Herr Mansour ist davon überzeugt, dass jeder Mensch, der selbstständig denkt und kritisch hinterfragt, sich nicht radikalisieren wird. Er beschreibt die sozialen Medien als den Ort, an dem heute die Sozialarbeit stattfinden muss. Salafisten würden diesen Raum geschickt nutzen und so den Zugang zu den jungen Menschen gewinnen.

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Angelika Henkel. Foto:



In der abschließenden Podiumsdiskussion, moderiert durch Angelika Henkel, Redakteurin vom Norddeutschen Rundfunk, stand der Hinwendungsprozess zum Dschihadismus im Zentrum der Expertenrunde. Als Teilnehmer auf dem Podium diskutierten Polizeipräsident Michael Pientka, die Referenten Herr Klingbiel und Herr Mansour, der Leiter der Regionalabteilung Braunschweig der Niedersächsischen Landesschulbehörde, Herr Torsten Glaser. Zum Abschluss der Diskussionrunde fand Frau Henkel lobende Worte für die Initiative der Polizeidirektion Braunschweig, "solch eine Veranstaltung auf die Beine gestellt zu haben".

Abschließend führte Herr Pientka aus, dass polizeiliche Maßnahmen und Instrumente bei radikalisierten Jugendlichen begrenzt sind. Aus diesem Grund ist die ständige Arbeit an der Vernetzung unerlässlich, um Hintergründe zu erkennen und Hemmschwellen abzubauen. Der Polizeipräsident verabschiedete die Gäste nach einem spannenden Veranstaltungstag mit intensiven Diskussionen und neuen Erkenntnissen. Zudem vereinbarten die Netzwerkakteure, den Dialog und die Zusammenarbeit im Rahmen der Radikalisierungsprävention fortzusetzen.

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Rund 130 Interessierte nahem an der Veranstaltung teil. Foto:




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