Regionale Wirtschaft: Pessimismus schwindet, Belastungen bleiben

Die Sorge vor anhaltenden Preisspiralen sei deutlich spürbar und drücke auf die geschäftlichen Perspektiven.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Nach dem letztjährigen Absturz im Zuge des Ukraine-Krieges und den dadurch ausgelösten Preissteigerungen für Energie und Rohstoffe hat sich die Stimmung der regionalen Wirtschaft zum Frühjahr hin weiter stabilisiert. Die auf allen Ebenen stark gestiegenen Kosten – nicht nur für Energie und Rohstoffe, sondern auch für Vorprodukte, Dienstleistungen, Transporte oder Personal – stellen die Unternehmen jedoch unverändert vor große Herausforderungen. Das geht aus dem gemeinsamen Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern Braunschweig und Lüneburg-Wolfsburg hervor.



Die Sorge vor anhaltenden Preisspiralen sei deutlich spürbar und drücke auf die geschäftlichen Perspektiven. Da die schlimmsten Befürchtungen – etwa ein winterlicher Energienotstand – ausgeblieben sind, blicken die Betriebe aber nicht mehr ganz so pessimistisch voraus. Dies ergibt sich aus dem gemeinsamen Konjunkturbericht der IHK Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das erste Quartal 2023.

Die allgemeine Konjunkturlage.
Die allgemeine Konjunkturlage. Foto: IHK


Demnach stieg der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sowohl die derzeitige geschäftliche Lage der Unternehmen als auch ihre Geschäftserwartungen abbildet, zum Frühjahr um sieben Punkte an und erreichte einen Wert von 98. Damit konnte er seine im Vorquartal begonnene Erholung fortsetzen. Der Indikator liegt nun wieder auf dem Niveau seines fünfjährigen Durchschnitts, der allerdings stark durch Coronakrise und Ukraine-Krieg geprägt ist.

Dienstleistungswirtschaft ganz vorne


Fast alle befragten Wirtschaftszweige konnten zum registrierten Indikatoranstieg beitragen. Ganz vorn positioniert sich einmal mehr die Dienstleistungswirtschaft mit einem sektoralen Konjunkturklimaindikator von 113, acht Punkte mehr als im Vorquartal. Es folgt die Industrie mit einem Indikatorstand von 99, einem Plus von sechs Punkten. Der Großhandel kommt auf einen sektoralen Konjunkturklimaindikator von 87 und muss als einziger Wirtschaftszweig einen geringfügigen Verlust von 3 Indikatorpunkten verkraften. Der Einzelhandel konnte zwar nochmals 18 Punkte gutmachen, bildet mit einem Indikatorstand von 82 aber weiterhin das Schlusslicht.

Der frühjährliche Anstieg des Konjunkturklimaindikators ergibt sich aus konstanten Lagebeurteilungen sowie verbesserten Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen. Ähnlich wie im Vorquartal zeigt sich die überwiegende Mehrheit der Betriebe mit ihrem derzeitigen Geschäftsverlauf durchaus zufrieden. So bezeichnen 27 Prozent ihre Geschäftslage als gut und 59 Prozent sehen sie immerhin als befriedigend an. Lediglich 14 Prozent beurteilen ihre momentane Situation als schlecht. Der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen beträgt unverändert +13, reicht damit aber nach wie vor nicht an das Level vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine heran.

31 Prozent rechnen mit geschäftlichen Einbußen


In die Höhe getrieben wird der Konjunkturklimaindikator durch die Rückmeldungen der Unternehmen zu ihren geschäftlichen Aussichten. Trotz der eingetretenen Verbesserung sind die Erwartungen der Unternehmen an die künftige Geschäftsentwicklung aber weiter von Skepsis geprägt. Aktuell rechnen immer noch 31 Prozent der befragten Unternehmen mit geschäftlichen Einbußen. Jedoch ist der Anteil der Betriebe, die meinen, ihr Geschäftsniveau halten zu können, mittlerweile auf mehr als die Hälfte angewachsen. Und an eine Aufhellung ihrer Geschäftstätigkeit glauben inzwischen wieder 16 Prozent der Unternehmen. Die negativen Vorhersagen überwiegen damit immer noch deutlich, allerdings fällt der Blick nach vorn nicht mehr so umfassend pessimistisch aus wie vor einem halben Jahr.

„Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen, dass in Sachen Krisenbewältigung noch längst keine Entwarnung angesagt ist“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Wolfsburg Michael Wilkens. „Die Belastungen für unsere Wirtschaft bleiben enorm. An vorderster Stelle sind hier die Energiepreise zu nennen, die fast drei Viertel der von uns befragten Unternehmen als ein erhebliches Risiko für ihre Geschäftsentwicklung ansehen. Hier muss weiter Entlastung geschaffen werden, zumal ausländische Wettbewerber keine derartige Preisentwicklung zu schultern haben. Als ersten wichtigen Schritt schlagen wir deshalb vor, jetzt die Stromsteuer zu senken. Deutschland muss ein wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort bleiben.“

"Wandel des Energiemixes eine Herkulesaufgabe"


Auch Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, stellt das Thema Energie in den Mittelpunkt seiner Analyse: „Insgesamt müssen wir ein Jahr nach Beginn der schwersten Energiekrise in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die notwendigen Lehren ziehen und auf dieser Basis die Zukunft der Energieversorgung unter neuen Rahmenbedingungen gestalten. Der Wandel des Energiemixes von fossilen zu erneuerbaren Energien in Deutschland in den kommenden sieben Jahren ist eine Herkulesaufgabe. Gerade auch unter Berücksichtigung der insgesamt bestehenden Herausforderungen drohen erhebliche negative Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft, wenn nicht zügig politische Weichenstellungen vorgenommen werden. Nur so kann im Jahr 2030 eine bezahlbare, sichere und klimafreundliche Energieversorgung für die deutsche Wirtschaft gewährleistet werden. Entsprechende Forderungen hat die IHK-Organisation in Form eines Positionspapiers unterbreitet.“


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