Regionalverband stellt neues SPNV-Konzept 2030+ vor

Verbandsdirektor Ralf Sygusch und Fritz Rössig, Abteilungsleiter Verkehr, haben das neue SPNV-Konzept 2030+ vorgestellt.

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Mit einem neuen, zukunftsweisenden Konzept schlägt der Regionalverband Großraum Braunschweig ein neues Kapitel im Schienen-Personennahverkehr (SPNV) auf. Das SPNV-Konzept 2030+ dient als Handlungsgrundlage für die nächsten Jahre, wie der Schienenverkehr in der Region gestaltet werden soll: Wie sollen die Anbindungen sein? Mit welcher Antriebstechnologie können klimafreundlicher und funktionierender Betrieb gewährt werden? Welche Infrastruktur muss an Strecken und Stationen dafür geschaffen werden? Dabei liegen die langen Planungs-, Genehmigungs- und Realisierungsprozesse bei Schienenprojekten zugrunde. Das Konzept wurde am heutigen Mittwoch von Verbandsdirektor Ralf Sygusch und Fritz Rössig, Abteilungsleiter Verkehr, vorgestellt. Dies teilte der Regionalverband mit. Im anschließenden Ausschuss für Regionalverkehr habe die Politik das Konzept mit großer Mehrheit beschlossen.



„Die Verfahren, um ein Unternehmen für den Betrieb zu finden, Züge zu beschaffen und die Infrastruktur anzupassen, dauern allesamt mehrere Jahre“, betont Verbandsdirektor Ralf Sygusch. Gerade deswegen sei es so wichtig, die Planungen frühzeitig anzuschieben und in die richtigen Bahnen zu lenken. „Mit unserem SPNV-Konzept 2030+ haben wir die notwendigen Schritte für die Erreichung der Mobilitätswende fest im Blick.“ Am Mittwoch beriet der Ausschuss für Regionalverkehr des Regionalverbandes über das Konzept.

ÖPNV wichtiger Baustein


Vor dem Hintergrund aktueller Anforderungen an Klimaschutz und Mobilitätswende komme der deutlichen Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs eine entscheidende Bedeutung zu, so Sygusch weiter. Der Schienenverkehr dient als Rückgrat des ÖPNV durch schnelle und direkte Verbindungen, ein dichtes Taktangebot, den Einsatz umweltfreundlicher wie komfortabler Fahrzeuge sowie eine gute Vernetzung zu anderen Verkehrsmitteln wie Bus, Auto oder Rad.

Die wesentlichen Bausteine für einen attraktiven und zukunftsorientierten SPNV im Großraum Braunschweig umfassten: das SPNV-Angebot, die Streckeninfrastruktur, die Verkehrsstationen und klimaneutrales Fahren.

Angebot, Infrastruktur, Verkehrsstationen


Seit Dezember 2020 verkehren alle Regionalzüge im Verbandsgebiet mindestens im Stundentakt, von früh bis spät, an allen Wochentagen. Damit sei ein wichtiger Meilenstein erreicht. Nun sollen die Verbindungen zwischen den Oberzentren wie auch Oberzentrum-Mittelzentrum zu Halbstundentakten beziehungsweise darüber hinaus verdichtet werden, wo dies noch nicht der Fall ist.

In diesem Kontext müssen unter anderem die Weddeler Schleife zweigleisig ausgebaut (Inbetriebnahme Dezember 2023), die Strecke Braunschweig Hbf – Gifhorn Stadt für einen Halbstundentakt ertüchtigt und der Streckenabschnitt Gifhorn – Dollbergen viergleisig ausgebaut werden. Bis 2027/28 sollen in der Region 46 der bestehenden 47 Bahnhöfe und Verkehrsstationen zudem barrierefrei ausgebaut sein. Im Rahmen der „Stationsoffensive“ der DB Station&Service AG sind sieben neue beziehungsweise zu reaktivierende Verkehrsstationen geplant. Mit dem Bau der Stationen soll ab 2026 begonnen werden.

Gegenwärtig werden zudem drei Streckenerweiterungen bzw. -reaktivierungen untersucht:
Braunschweig – Harvesse | Salzgitter-Lebenstedt – Salzgitter-Lichtenberg | Helmstedt – Schöningen.

Klimaneutrales Fahren


Der Großteil des Schienennetzes im Regionalverband (circa 60 Prozent) ist nicht elektrifiziert und wird mit Dieseltriebwagen befahren. Das politische Ziel ist es, künftig auf allen Bahnstrecken im Großraum Braunschweig „klimaneutrales Fahren“ zu ermöglichen. Deshalb hat der Regionalverband mehrere Untersuchungen unter anderem bei DB Energie und DB Netz AG in Auftrag gegeben, um ein tragfähiges Alternativkonzept zu finden. Im Ergebnis strebt der Regionalverband langfristig die Elektrifizierung der Strecken in der Region an. Damit sei man besonders flexibel sowohl bei der Energieträgerwahl als auch bei der Betriebsdurchführung, ohne dass die Fahrzeuge verändert werden müssten, verdeutlicht Rössig, Leitung der Abteilung Regionalverkehr.

Das ist wegen der enormen Kosten, langer Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie fehlender Ingenieurs- und Baukapazitäten nicht kurzfristig machbar, deshalb braucht es Zwischenschritte und eine Brückentechnologie. Das sollen laut Konzept vor allem batterieelektrische Triebwagen (BEMU = battery electric multiple unit) sein.

Schnelle Umsetzung möglich


Diese Technologie sei laut gutachterlicher Bewertung bezogen auf die regionalen Gegebenheiten schnell umsetzbar und am wirtschaftlichsten. Die Fahrzeuge schaffen etwa 100 Kilometer und können ihre Batterien beim Fahren aus der Oberleitung beziehungsweise an Ladestationen aufladen.

Das Konzept zum klimaneutralen Fahren sieht vor, dass mit Auslaufen der bestehenden Verkehrsverträge in 2030 und der Neuausschreibung der SPNV-Netze an zukünftige Eisenbahnverkehrsunternehmen zunächst die Streckenabschnitte elektrifiziert werden, die für den BEMU-Betrieb notwendig sind. Neben der Elektrifizierung der Strecke Braunschweig Hbf – Gifhorn Stadt gehört dazu auch der Bau von Ladestationen in Goslar und in Bad Harzburg. In Abhängigkeit der finanziellen Verfügbarkeiten sowie ingenieurs- und bautechnischer Kapazitäten sollen in den Folgejahren weitere Streckenabschnitte sukzessive –elektrifiziert werden.

Ziel ist es, bis 2060 das gesamte Streckennetz elektrifiziert zu haben, was auch mit der Einsatzzeit von Schienenfahrzeugen von bis zu 30 Jahren korrespondiert. Der Regionalverband steht mit seinem Konzept nicht alleine da, auch in anderen Regionen in Deutschland sei man zu ähnlichen Ergebnissen und Entscheidungen gekommen.

Für den Einsatz von Wasserstoffzügen (FCEMU = fuel cell electric muliple unit) werden entsprechende Betankungsanlagen sowie vor allem ausreichend grüner Wasserstoff benötigt. Wasserstoffzüge sind insbesondere in größeren, zusammenhängend nicht elektrifizierten Netzen vorteilhaft einsetzbar. Vor dem Hintergrund, dass in Salzgitter ein Wasserstoffcampus errichtet wird, prüft der Regionalverband, inwieweit Synergieeffekte genutzt werden können, die einen wirtschaftlichen Betrieb von Wasserstoffzügen auf den Strecken Braunschweig – Salzgitter-Lebenstedt sowie Braunschweig – Salzgitter-Bad – Seesen/Herzberg (Harz) ermöglichen können.


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