Berlin. Wegen Uneinigkeit und ungeklärter Finanzierungsfragen sind inzwischen rund 30 Vorhaben in der Ampel-Koalition blockiert oder verzögern sich. Das berichtet die "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstagsausgabe).
Bei mindestens acht Vorhaben gibt es Einwände des von FDP-Chef Christian Lindner geführten Bundesfinanzministeriums. Das betrifft auch sachfremde Projekte wie eine Baugesetzbuch-Änderung für tierfreundlichere Ställe. Zudem gibt es unter anderem Einwände gegen das Weiterbildungsgesetz und zu Details bei der Polizeizulage. Erschwerend wirkt sich aus, dass mehrere Projekte miteinander gekoppelt wurden: Die FDP pocht auf eine Beschleunigung der Genehmigungen für den schnelleren Bau von Autobahnen. Das wurde gekoppelt an den beschleunigten Aus- und Neubau von Bahnstrecken im Land, auf den die Grünen pochen. Auch die Novelle des Straßenverkehrsgesetzes hakt, und das Klimaschutzsofortprogramm, zudem ein Gesetz für mehr Energieeinsparungen. Angesichts des Reformstaus wird in Koalitionskreisen dem nächsten Koalitionsgipfel besondere Bedeutung für die Lösung einiger Streitthemen beigemessen, Kanzler Olaf Scholz (SPD) präferiert generell aber Lösungen auf der Fachebene. Der nächste Koalitionsausschuss war eigentlich für den 1. März geplant - aber nun heißt es, das werde wohl nichts. Wann das Treffen dann stattfinden soll, ist bisher unklar. Ein echtes Großprojekt ist die Pflegereform: Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss bis 1. Juli eine Neuregelung vorliegen, hier müssen sich vor allem Lindner und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einigen. In Lindners Ministerium heißt es, dass nicht alles mit immer mehr Geld gelöst werden könne. Eine Pflegereform müsse über reine Leistungserweiterungen hinausgehen, sondern die Finanzierung müsse langfristig und tragfähig gesichert werden.
Auch bei dem geplanten neuen Staatsangehörigkeits-Gesetz und dem Fachkräfteeinwanderungsrecht haben Lindner wie Justizminister Marco Buschmann (FDP) noch Klärungsbedarf geäußert. Lindners Ministerium gab zu Protokoll, Deutschland brauche ein modernes Einwanderungsrecht, das ausländischen Fachkräften den Zuzug erleichtere und andererseits ungeregelte Migration verhindere. Lindner hat darüber hinaus auch bei dem Gesetz zu waffenrechtlichen Personenüberprüfungen noch Bedenken angemeldet, das als Reaktion auf Reichsbürger-Umtriebe und die Silvester-Ereignisse von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) forciert wird. Hier brauche es erst mal eine Datengrundlage.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Hubertz mahnte rasche Lösungen an: "Wir müssen wieder zu einem konstruktiven Miteinander kommen", sagte sie der SZ. Die Menschen seien genervt von Streitigkeiten, in diesen Krisenzeiten würden Konfliktlösungen erwartet. "Wir brauchen wieder den Geist der Koalitionsverhandlungen."
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