Autor Ganghof über die Kriegsgeneration, die geschwiegen hat

von Antonia Henker


Karl-Heinz Ganghof stellte heute im Gemeindehaus Barum sein Buch der evangelischen Frauenhilfe vor. Foto: Antonia Henker
Karl-Heinz Ganghof stellte heute im Gemeindehaus Barum sein Buch der evangelischen Frauenhilfe vor. Foto: Antonia Henker | Foto: Antonia Henker

Salzgitter. Am heutigen Mittwochnachmittag stellte Karl-Heinz Ganghof der evangelischen Frauenhilfe im Gemeindehaus Barum sein Buch "Laband-Gleiwitz: Lebensspuren eines Kriegskindes" vor. Davor zeigte er sich gern bereit, regionalHeute.de über die Entstehung des Buchs zu berichten.


Karl-Heinz Ganghof fuhr im Jahr 1989 zusammen mit seiner Frau Ella zurück in seine alte Heimat nach Oberschlesien, um seine Vergangenheit aufzuarbeiten, Orte zu besuchen - und das Massengrab zu sehen, in dem sein kleiner Bruder liegt. Da entstand die Idee, seine Geschichte aufzuschreiben. Zunächst nur für seine beiden Kinder und seine fünf Enkel. Erst Ende 2014 schickte er sein Buch beim Verlag ein. Inzwischen hat Ganghof auch auf der Leipziger und Frankfurter Buchmesse gelesen. Der 78-Jährige ist auch in den sozialen Netzwerken aktiv und mischt sich ein. Es komme ihm vor, als läge "Mehltau auf unserer Republik". Er meint damit die stärker werdenden rechtspopulistischen Meinungen. Sein Buch soll nun aufrütteln, ist an Alte wie an Junge gerichtet. Er sucht den Dialog, geht in Schulen, spricht mit Jugendlichen, hat sich mit der Landeszentrale für politische Bildung in Verbindung gesetzt.

"Man kann immer etwas tun"


Der Autorhat sich viel mit Traumaforschung befasst und bedauert die Verschwiegenheit der Kriegsgeneration, die durch das Trauma des Erlebten zustande käme. Er selbst ist ein "Kriegskind", ein Kriegsflüchtling und ein Zeitzeuge. Er floh mit sechs Jahren zusammen mit seinen Eltern aus Oberschlesien vor der anrückenden russischen Armee nach Salzgitter Gebhardshagen. Die Familie musste binnen einer Stunde die Wohnung verlassen. Der kleine Bruder Jürgen verhungerte mit nur sieben Monaten. Er meint heute: "Das Gefühl der Demütigung bleibt. Man ist auf die Hilfe anderer angewiesen. Was die Unterkunft angeht, was Nahrung betrifft." Er habe betteln müssen, um essen zu können. Flüchtlinge seien als Konkurrenten angesehen worden: "Die nehmen uns die Wohnungen weg", hieß es im Zuge der Wohnungsbewirtschaftung. Er sei wegen des "Wasserpolnischen", was er aufgrund seiner Herkunft gesprochen habe, auch in der Schule diskriminiert worden. Ganghof meint, die Schulen seien heute zum Teil noch nicht bereit, sich der Aufklärung dieser Diskriminierung von Flüchtlingskindern zu stellen.

Ganghof möchte das Schweigen der Kriegsgeneration brechen und freut sich über den Anklang, den sein Buch bisher gefunden hat. Er meint, von den 35.000 Vertriebenen im Raum Salzgitter müssten noch viel mehr ihre Stimme erheben und den Jüngeren die Augen öffnen.

Lesen Sie auch


https://regionalsalzgitter.de/lebensspuren-eines-kriegskindes-ein-zeitzeuge-erinnert-sich/


mehr News aus Salzgitter


Themen zu diesem Artikel


Schule Schule Salzgitter