Berufsorientierung für Schüler als wirtschaftspolitischer Faktor

Kann so der Fachkräftemangel bekämpft werden? Der Verein Partnerschaft für Lehrstellen ging der Frage zusammen mit Kultusministerin Julia Willie Hamburg und weiteren Experten nach.

Olaf Brandes (Niedersachsen Metall), Kerstin Kuechler-Kakoschke (Agentur für Arbeit), Peter Schürmann (Partnerschaft für Lehrstellen e.V.), Ministerin Julia Willie Hamburg, Heidi Kluth (Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade) und Dr. Martin Koch von der Leibniz Universität Hannover (v. li.).
Olaf Brandes (Niedersachsen Metall), Kerstin Kuechler-Kakoschke (Agentur für Arbeit), Peter Schürmann (Partnerschaft für Lehrstellen e.V.), Ministerin Julia Willie Hamburg, Heidi Kluth (Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade) und Dr. Martin Koch von der Leibniz Universität Hannover (v. li.). | Foto: Rudolf Karliczek

Salzgitter. Am Mittwoch fand im Veranstaltungssaal der Berufsbildenden Schulen Fredenberg die Informationsveranstaltung „Effektive Berufsorientierung“ unter anderem mit der Niedersächsischen Kultusministerin Julia Willie Hamburg statt. Eingeladen hatte der Verein Partnerschaft für Lehrstellen, der nun in einer Pressemitteilung darüber berichtet. Mit Gästen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen sowie Lehrern, Schülern und Eltern wurde diskutiert, inwiefern Berufsorientierung als bildungs- und wirtschaftspolitischer Faktor eine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel sein kann.



„Berufsorientierung ist wie eine Schatzsuche. Jeder hat einen einzigartigen Schatz an Fähigkeiten und Talenten – die Kunst liegt darin, ihn zu entdecken." Mit diesen Worten eröffnet der Vorsitzende des Vereins Partnerschaft für Lehrstellen e.V. die Veranstaltung. „Berufliche Perspektiven junger Menschen ist zu einem dringenden Anliegen geworden und so von entscheidender Bedeutung für die zukünftige berufliche Laufbahn,“ führte Schürmann in seiner Eröffnungsrede weiter an. Angesichts des gegenwärtigen Fachkräftemangels und der Tatsache, dass - laut jüngster Erhebungen - nur noch etwa 30 Prozent der Schulabgänger sich um einen Ausbildungsplatz bewerben, würde deutlich, dass dringender Handlungsbedarf bestehe. Hinzu komme, dass mehr als 25 Prozent der Auszubildenden ihre Ausbildung meist schon im ersten Ausbildungsjahr wieder abbrechen würden.

Orientierungslose Schüler


Dies habe vielfältige Gründe, doch ein besonders bedeutsamer Aspekt scheine auch, dass über berufliche Orientierung im Elternhaus kaum gesprochen werde und öffentliche Maßnahmen zur Thematik offensichtlich bei den jungen Erwachsenen kaum ankämen. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage in Zusammenarbeit mit der Stadt Salzgitter sei festgestellt worden, dass viele Schüler - im Gegensatz zu früheren Erhebungen - am Ende ihrer Schulzeit orientierungslos weder wüssten, ob sie eine weiterführende Schule besuchen wollen, noch, was sie beruflich machen sollen. Sie seien orientierungslos bezüglich ihrer weiteren Bildungs- und Berufslaufbahn. Dies verdeutliche den dringenden Bedarf einer effektiven Berufsorientierung bereits während der Schulzeit.

Um dieser Herausforderung zu begegnen und Lösungsansätze zu erarbeiten, initiiert der Verein die Informationsveranstaltung "Effektive Berufsorientierung“. Gastgeberin Anja Wolfgram-Funke, Schulleiterin der Berufsbildenden Schulen Salzgitter-Fredenberg begrüßte die Kultusministerin Julia Willie Hamburg und mehr als hundert Expertinnen und Experten unter ihnen auch Schüler und Eltern.

Möglichkeiten zur Verbesserung


Julia Willie Hamburg beleuchtete in ihrem Vortrag den aktuellen Stand der Berufsorientierung (BO) in den Schulen und zeigte Möglichkeiten zur Verbesserung auf. Die Ministerin wies auf eine aktuelle Evaluation des aktuellen BO-Erlasses hin, an der fast 4.000 Personen, darunter mehr als 1.400 Unternehmen, beteiligt waren. Die Auswertung zeige, dass der aktuelle Erlass zur Beruflichen Orientierung aus dem Jahre 2018 auf große Zustimmung treffe und als eine solide Grundlage für die BO-Arbeit der Schulen diene.

Hamburg führte weiter aus, dass die Auswertung der Evaluation ein gutes Fundament bilde, um den Erlass neu aufzustellen und die Angebote der Berufsorientierung weiterzuentwickeln. Schulen sollten mehr Möglichkeiten erhalten, die BO individueller zu gestalten, bemerkte die Ministerin.

"Merkwürdige kulturelle Krise"


Dr. Martin Koch von der Leibniz Universität Hannover gab vertiefende Einblicke in das Thema und potenzielle Handlungsempfehlungen für das nachfolgende Podiumsgespräch. Dr. Koch führte seine drei Thesen zur Berufsorientierung zu einer "merkwürdigen kulturellen Krise" aus. Immerhin zeige eine Studie, dass immer noch 73 Prozent der Schulabgänger die Eltern als Unterstützer bei der Berufsorientierung sehen. Die Agentur für Arbeit rangiere - zur Überraschung von Kerstin Kuechler-Kakoschke von der Arbeitsagentur Braunschweig-Goslar - lediglich mit 36 Prozent an vierter Stelle.

Der Journalist Henning Noske moderierte den Austausch von Anregungen und Ideen der Podiumsteilnehmer mit dem Plenum aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen sowie Lehrern, Schülern und Eltern und beleuchtete die Problematik des Fachkräftemangels sowie die Notwendigkeit einer effektiven Berufsorientierung, verbunden mit konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Problematik. Veranstalter Peter Schürmann führte in seinem Schlusswort aus, dass alle Teilnehmer gemeinsam daran arbeiten wollen, die Berufsorientierung für Jugendliche zu stärken und somit ihre Zukunftsaussichten zu verbessern.


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