Salzgitter. Vergangene Woche erreichte die Redaktion die E-Mail einer Elternvertreterin der Grundschule Nord, in der die Verfasserin auf die aus ihrer Sicht unhaltbaren Zustände an der Schule aufmerksam machen möchte. Von einem Brennpunkt ohne Fortschritte ist die Rede und davon, dass man von den zuständigen Behörden im Stich gelassen werde. regionalHeute.de konfrontierte diese mit den Aussagen.
Seit Jahren kämpfe man als Elternschaft für Verbesserungen an der Grundschule Nord, doch die Situation verschlechtere sich zunehmend, heißt es in dem Schreiben der Elternvertreterin. Dabei reicht die Palette der Kritikpunkte von Unterricht in asbestbelasteten Räumen über fehlende Toiletten bis hin zu mangelnder Sicherheit. Wir fragten hierzu die Stadt Salzgitter als Schulträger sowie das übergeordnete Regionale Landesamt für Schule und Bildung an.
Landesamt nicht zuständig
Letzteres erklärte sich in dieser Sache allerdings für nicht zuständig. "Ihre Fragen betreffen die Zuständigkeit des Schulträgers, in diesem Fall die Stadt Salzgitter. Das Regionale Landesamt für Schule und Bildung Braunschweig könnte hierbei lediglich bei Bedarf die Schule in der Kommunikation mit dem Schulträger unterstützen und sie beraten", schreibt Bianca Trogisch, Pressesprecherin der Behörde.
Die Stadt Salzgitter geht ausführlich auf die einzelnen Kritikpunkte der Elternvertreterin ein. Doch zunächst gilt es eine Frage vorab zu klären. Was wurde aus dem Neubau der Grundschule Nord? Im Januar 2024 war Baustart und damals hieß es, dass der Bau zügig fertiggestellt werde und schon zu Beginn des Schuljahres 2024/25 in Betrieb gehen soll. Laut Mail der Elternvertreterin sei der Neubau längst überfällig und komme nicht voran. Was ist da los?
Neubau teilweise in Betrieb
Wie Dr. Dirk Härdrich, Schuldezernent der Stadt Salzgitter, klarstellt, seien Teile des Neubaus bereits in Betrieb. Zunächst sei festzuhalten, dass es eine außergewöhnliche Bauleistung sei, eine solche Schule in dieser kurzen Zeit fertigzustellen. "Am 8. Januar 2024 war der Spatenstich für die Grundschule Nord. Der Neubau hat eine Größe von zirka 2.950 Quadratmeter bei etwa 50 Räumen. Zum Schuljahresbeginn konnte die Schule den 1. Jahrgang im Neubau, in vier Klassenräumen plus Nebenräumen, unterbringen."
Die Fertigstellung und der endgültige Umzug seien für Mai 2025 geplant. Dass dennoch nicht alles nach Plan lief, räumt Härdrich aber ein. "Im Zuge der Baumaßnahmen kam es immer wieder auch zu unvorhergesehenen Ereignissen wie zum Beispiel einen Wassereinbruch mit erheblichem Schaden."
Unterricht in Asbest-Gebäude
Doch zurück zu den konkreten Kritikpunkten der Elternvertreterin. Demzufolge mussten die Kinder zum Schuljahr 2022/2023 in ein mit Asbest belastetes Gebäude ziehen, da die vorgesehenen Container nicht rechtzeitig fertiggestellt worden seien. Auch im darauffolgenden Schuljahr 2023/2024 seien versprochene Container nicht fristgerecht geliefert worden.
Dr. Dirk Härdrich bestätigt dies teilweise. Er schreibt: "Zum Schuljahresbeginn 2022/2023 kam es zu Verzögerungen bei der Fertigstellung der Container. Daraufhin wurde das Gesundheitsamt der Stadt Salzgitter gebeten zu prüfen, ob für einen begrenzten Zeitraum bestimmte Räume der ehemaligen Pestalozzischule genutzt werden können. Das Gesundheitsamt hat unter Auflagen diesem zugestimmt. Die Auflagen betrafen das Lüftungsverhalten für die einzelnen Klassenräume. Hierzu wurde mitgeteilt, dass in den Pausen die Fenster der benutzten Räume komplett geöffnet werden mussten. Eine Gesundheitsgefährdung hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben."
Zum Schuljahresbeginn 2023/2024 hätten die zusätzlichen Container aber sofort genutzt werden können.
Stürze auf dem Weg zur Toilette
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die fehlenden Toilettenalagen und daraus resultierende Sicherheitsprobleme. Die jetzigen Erstklässler hätten keine funktionstüchtigen Sanitäranlagen im Schulgebäude. Sie müssten das Gebäude verlassen und nahe dem Ausgang zu einer Containereinrichtung gehen. Das koste Zeit, Nerven und gefährde die Sicherheit der Kinder, so die Elternvertreterin. Die Baustellen sowie der Schotterweg führten zudem immer wieder zu Unfällen.
Hierzu schreibt der Schuldezernent: "Für die Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse des neuen Schulgebäudes stehen die Toiletten in den Containern und in einem Toilettenwagen bereit. Dazu müssen sie, wie beschrieben, das Schulgebäude verlassen. Nach Rücksprache mit der Schulleitung ist aktuell nur eine Situation bekannt, in der ein Kind auf dem Schotterweg gestürzt ist. Zusätzlich hat sich eine Lehrkraft in der letzten Woche verletzt. Es sind nach dem Unfall so weit wie möglich alle Gefahrenstellen abgesichert beziehungsweise überarbeitet worden."
Widerspruch in Sachen Pausenhof
Dem Kritikpunkt, dass es seit drei Jahren keinen Pausenhof gebe, auf dem die Kinder sich austoben könnten, widerspricht Härdrich: "Die Aussage ist schlicht falsch. Im Rahmen der Containerlösung ist ein gepflasterter Schulhof mit Spielgeräten entstanden. Weiterhin gibt es auf dem Schulgelände noch eine Rasenfläche zum Toben. Die Schule hat verschiedene mobile Spielgeräte beschafft."
Darauf, dass die Sporthalle am Amselstieg seit mehr als sechs Monaten geschlossen habe, sodass kein Sportunterricht stattfinden könne, habe man dagegen keinen Einfluss gehabt. "Die Amselstiegsporthalle ist aufgrund eines Brandes gesperrt. Solche unerwarteten Ereignisse sind nicht voraussehbar und dafür gibt es auch keine Ersatzlösungen", so der Schuldezernent. Leider sei es nicht möglich, für alle Schülerinnen und Schüler eine Ausweichsporthalle zu finden. Von der Grundschule Nord gingen zwei Klassen in eine andere Sporthalle, hierfür sei auch eine Beförderung eingerichtet worden.
Katastrophale Sicherheitsmängel?
Auch der nächste Kritikpunkt, führt zu Widerspruch seitens der Stadt. Laut Elternvertreterin habe ein Amok-Test katastrophale Sicherheitsmängel aufgedeckt. Es hätten weder Feuerwehralarme noch andere wichtige Vorkehrungen funktioniert. Selbst die Polizei sei entsetzt gewesen.
Hierzu schreibt Dr. Dirk Härdrich: "Über einen Amok-Test ist hier nichts bekannt. Auch die Schule hat auf Nachfrage erklärt, dass kein Amok-Test, sondern eine Evakuierungsübung im Rahmen eines Feueralarms durchgeführt worden ist. Im Rahmen dieser Übung waren alle Schüler innerhalb von sieben Minuten auf dem Sammelplatz angetreten." Die Mängel, die während der Übung beziehungsweise vorher aufgefallen seien, seien so weit wie möglich behoben worden. "Der Einschätzung, dass es `katastrophale´ Sicherheitsmängel gegeben habe, wird inhaltlich und bezogen auf die völlig überzogene Wortwahl entschieden widersprochen", betont Härdrich.
Die Pressestelle der Polizei konnte auf Nachfrage nichts zu dieser Übung sagen.
Von den Behörden im Stich gelassen?
Abschließend kritisiert die Elternvertreterin, dass man sich von den zuständigen Behörden im Stich gelassen fühle. Man habe diese als Elternvertretung mehrfach auf die Missstände hingewiesen und eine Unterschriftenaktion gestartet. Doch auch das sei nicht ernst genommen worden. Seitens des Schuldezernenten heißt es: "Es wurde durch die Elternvertretung ein Beschwerdebrief mit einigen Unterschriften eingereicht. Von einer Unterschriftenaktion ist der Stadtverwaltung aktuell nichts bekannt."
Eine Unterschriftenaktion sei auch der Schulleitung derzeitig nicht bekannt. Sie hätte nur gerüchteweise davon etwas gehört. Die Schulverwaltung sei ebenso wie der Eigenbetrieb Gebäudemanagement, Einkauf und Logistik ständig am Standort und über die vorgetragenen Mängel informiert. Die geäußerte Erwartungshaltung sei jedoch in Teilen nicht realistisch, so Härdrich abschließend.