Das Ende einer Ära: Kultkneipe Jazz Galerie für immer zu

Inhaberin Bianca Koch verrät im Interview, warum sie schließen musste und warum es auch keinen Nachfolger geben kann.

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Bianca Koch mit Kneipenhund Motte. Auch er wird die Jazz Galerie vermissen.
Bianca Koch mit Kneipenhund Motte. Auch er wird die Jazz Galerie vermissen. | Foto: Rudolf Karliczek

Salzgitter. Sie war das letzte Überbleibsel der großen Salzgitteraner Party-Meile im Alten Dorf in Lebenstedt: die Kultkneipe Jazz Galerie. Doch auch diese hat Mitte Dezember ihre Pforten für immer geschlossen. Warum dies so ist, weshalb es keinen großen Abschied gab und warum es auch keinen Nachfolger geben kann, verrät Inhaberin Bianca Koch im Interview.



Wie bei so vielen in der Branche heißt der Sargnagel auch hier "Corona". Bianca Koch hatte die Jazz Galerie Anfang 2018 übernommen. Damals noch mit 18 Mitarbeitern und jeden Tag die Woche geöffnet. Die gebürtige Salzgitteranerin, die aber 30 Jahre in den USA gelebt hat, war eher zufällig in die Sache reingerutscht, hatte aber tolle Zeiten mit schönen Erinnerungen. Doch dann kam die Pandemie. "Corona hat uns unheimlich runter gezogen", betont die 53-Jährige. Das habe sich nie wieder erholt.

Sargnagel Corona


Die Stammgäste blieben weg. Zum einen, weil sie erkannt haben, dass man zuhause günstiger trinken kann, zum anderen aus gesundheitlichen Gründen. Manche seien sogar weggestorben. Und Nachwuchs gebe es nicht. Jüngere Menschen würden, wenn überhaupt in Braunschweig ausgehen. Zudem decke sich ihr Musikgeschmack nicht mit dem der Stammkundschaft.

Die Jazz Galerie hat die Pforten für immer geschlossen.
Die Jazz Galerie hat die Pforten für immer geschlossen. Foto: Rudolf Karliczek


Zudem komme der Preisfaktor. "Wir mussten im letzten Jahr dreimal die Preise erhöhen", klagt Bianca Koch. Das könne und wolle sich kaum mehr einer leisten. Eine kleine Cola koste mittlerweile 3 Euro, ein halber Liter Bier 4,40 Euro. Zum neuen Jahr hätte man aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung und Anhebung des Mindestlohnes wieder erhöhen müssen. Das Bier hätte dann 5,40 Euro gekostet.

Gesundheit angeschlagen


Zuletzt habe man nur noch drei Tage die Woche geöffnet gehabt, kaum mehr Mitarbeiter beschäftigen können. Um so mehr habe Bianca Koch selbst arbeiten müssen. Es habe nur noch wenig umsatzstarke Abende gegeben. Auch die Konzerte seien nicht mehr so gut besucht gewesen. "Wenn man jeden Tag 15 Stunden arbeitet und noch drauf zahlt, dann schafft man es nicht mehr", wird die Inhaberin deutlich. Zudem habe sich der mentale und physikalische Stress negativ auf die Gesundheit ausgewirkt.

Daher habe sie jetzt einen Schlussstrich gezogen. Auch, um nicht in die Insolvenz zu rutschen und die Sache noch aus freien Stücken selbst zu beenden. Der 17. Dezember sei daher der letzte Tag in der Jazz Galerie gewesen. "Nun ist eine Ära abgeschlossen", erklärt Koch. Großes Aufsehen um den Abschied habe sie nicht machen wollen. Noch einmal die Werbetrommel rühren für eine Abschiedsparty kam nicht in Frage. Ein paar Erinnerungsstücke habe sie behalten, einige wurden auch an Gäste verschenkt, aber jetzt sei endgültig Schluss.

Kneipe nicht mehr möglich


Denn, dass es keine Nachfolge geben kann, liegt an den behördlichen Auflagen. Als Eigentümerin der Kneipe, aber nicht des Gebäudes, habe Bianca Koch als letzter Betreiber Bestandsschutz erhalten. Nun sei an diesem Standort keine Kneipe mehr möglich. Selbst wenn man Hunderttausende Euro in den Brandschutz und die Erfüllung anderer Auflagen stecken würde, entscheiden ist: Die Decke ist zu niedrig, und das sei ein Ausschlusskriterium. Als Nachfolge sollen wohl Wohnungen in dem Gebäude entstehen.

Somit kann man wirklich vom Ende einer Ära sprechen. Seit 1972 gab es die Kultkneipe in Alt-Lebenstedt. Und früher befand man sich in bester Gesellschaft. Von der Nobel-Disko "Scotch Club" bis zum Hippie-Laden "Wildes Huhn" war hier alles vertreten. "Das Alte Dorf war DIE Partyzone. Bis zum frühen Morgen saßen und standen hier überall Leute", berichtet Koch, die nun Salzgitter komplett verlassen will. Sie verspüre große Traurigkeit und nehme tolle Erinnerungen mit. Doch jetzt sei es Zeit für einen kompletten Neuanfang.


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