Berlin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach dem Großangriff der Hamas ein Betätigungsverbot für die Organisation in Deutschland angekündigt. Das Bundesinnenministerium werde ein solches Verbot erlassen, sagte er am Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung zur Lage in Israel.
Zudem werde man Vereine wie Samidoun, "dessen Mitglieder brutalste Terrorakte auf offener Straße feiern", in Deutschland verbieten. "Unser Vereinsrecht ist ein scharfes Schwert. Und dieses Schwert werden wir als starker Rechtsstaat hier ziehen", so Scholz. Mit Blick auf jubelnde Hamas-Anhänger in Deutschland sprach er von "beschämenden Bildern", die man nicht "tatenlos" hinnehmen werde: "Null Toleranz gegenüber Antisemiten - das müssen und werden unsere Sicherheitsbehörden mit aller Konsequenz durchsetzen."
Wer die Verbrechen der Hamas verherrliche oder ihre Symbole verwende, mache sich in Deutschland strafbar. Das Gleiche gelte für jeden, der Mord und Totschlag billige oder zu Straftaten aufrufe, israelische Flaggen verbrenne oder eine "Terrororganisation wie die Hamas" unterstütze, so Scholz. "Die Strafverfolgungsbehörden von Bund und Ländern werden jeden, der so etwas tut, zur Rechenschaft ziehen - mit allen Mitteln, die unser wehrhafter Rechtsstaat bietet." Der Kanzler erneuerte zudem seine Warnung vor einem Flächenbrand im Nahen Osten: "Die Hisbollah darf nicht in die Kämpfe eingreifen", sagte er.
"Dies hätte nicht nur eine gerechtfertigte und harte israelische Reaktion zur Folge. Der Libanon, der durch das unselige Handeln der Hisbollah ohnehin destabilisiert ist, geriete an den Rand des Abgrunds." Vor allem aber drohte dann ein "verheerender Flächenbrand" - mit möglichen Auswirkungen bis nach Nordafrika und in den Jemen, so Scholz. Gemeinsam mit Partnerländern nutze man daher alle Kanäle, um ein solch "apokalyptisches Szenario" zu verhindern.
"Gemeinsam rufen wir alle in der Region auf, von weiteren feindseligen Akten gegen Israel abzusehen." Die Botschaft sei klar: "Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, Israel anzugreifen", sagte Scholz. Er fügte hinzu, dass er in Kontakt zum ägyptischen Staatschef Al-Sisi stehe, noch am Donnerstag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sprechen und zudem den Emir von Katar empfangen werde - alle drei könnten laut Scholz bei der "Vermittlung und Deeskalation" in der aktuellen Lage eine "wichtige Rolle" spielen. "Den Kritikern solcher Kontakte möchte ich sagen: Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können", so Scholz weiter.
"Wir tun dies im Übrigen in enger Abstimmung mit Israel und für diejenigen, die von der Hamas entführt wurden." Dem Iran machte der Kanzler schwere Vorwürfe: "Wir haben bisher zwar keine handfesten Belege dafür, dass Iran diesen feigen Angriff der Hamas konkret und operativ unterstützt hat. Aber uns allen ist klar: Ohne iranische Unterstützung über die letzten Jahre wäre die Hamas zu diesen präzedenzlosen Angriffen auf israelisches Territorium nicht fähig gewesen." Die jubelnden Äußerungen der Spitze des iranischen Regimes und manch anderer Regierungsvertreter in der Region seien "abscheulich".
Die Führung in Teheran zeige "ohne Scham ihr wahres Gesicht" - und bestätige damit ihre Rolle in Gaza. Konsequenzen kündigte Scholz für die Zusammenarbeit mit den Palästinensern an: Er frage sich, wo die "klare Verurteilung der terroristischen Gewalt" durch die Autonomiebehörde und durch ihren Präsidenten Mahmud Abbas bleibe - deren Schweigen sei "beschämend". Die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensischen Gebieten stelle man "auf den Prüfstand", kündigte der SPD-Politiker an. "Unser Maßstab dabei wird sein, ob und wie unsere Projekte dem Frieden in der Region und der Sicherheit Israels am besten dienen."
Bis diese Überprüfung abgeschlossen sei, werde man keine neuen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen. Nach der Debatte zur Regierungserklärung soll der Bundestag über einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Ampel-Fraktionen sowie der Union abstimmen. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, Israel vor dem Hintergrund der "brutalen Angriffe gegen sein Land und unschuldige Bürger" volle Solidarität und "jedwede Unterstützung" zu gewähren. Zudem soll die Regierung weiterhin "aktiv für die Existenz und die legitimen Sicherheitsinteressen des Staates Israel als ein zentrales Prinzip der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik" eintreten und "die Anstrengungen für eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung" verstärken.
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