Papenburg. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will der angeschlagenen Meyer Werft nur vorübergehend unter die Arme greifen - wie zuvor schon der TUI und der Lufthansa. Man wolle die "Grundlage für eine gute Zukunft auf privatwirtschaftlicher Basis" legen, sagte der SPD-Politiker nach seiner Teilnahme an einer Betriebsversammlung des Unternehmens in Papenburg. "Wenn jetzt für eine gewisse Zeit der Bund und auch das Land hier einsteigen, dann machen sie das nicht, um für immer Partner zu bleiben."
Scholz nannte die Werft ein "industrielles Kronjuwel für Deutschland" und lobte die Arbeiter des Unternehmens. "Was hier gearbeitet wird, ist beste deutsche Arbeit", sagte er. Deshalb müsse und werde man dafür sorgen, dass "das hier weiter eine große Kraft entfalten kann in der Region und für unser Land".
Einen Grund für die missliche Lage der Werft sieht der Bundeskanzler in der Corona-Pandemie. Der Bund werde nun seinen Teil zur Lösung beitragen, wenn alle anderen Akteure mitziehen. Man sei bereits sehr weit. Nun brauche es etwa noch die Zustimmung der Europäischen Union und des Deutschen Bundestages.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) rechtfertigte die Kosten der Rettung für Bund und Land. "Das ist für das Land Niedersachsen mit nicht unerheblichen Anstrengungen verbunden, das ist wahr, aber wir sind sicher, das sind Anstrengungen, die lohnen sich im wahrsten Sinne des Wortes", so Weil. "Nicht nur, was die Arbeitsplätze angeht, sondern hinterher auch was Steuern und Sozialversicherungsbeiträge angeht."
Der maritime Koordinator der Bundesregierung, Dieter Janecek (Grüne), warnte davor, bei der Meyer Werft bereits von einem fertigen Rettungskonzept zu sprechen. "Am heutigen Tag können wir noch nichts verkünden, außer dass wir weiter Fortschritte machen", sagte Janecek der "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). "Noch sind wir aber nicht über der Ziellinie."
Es gebe noch einige Fragen zu beantworten. "Die Prüfung von Tragfähigkeitsgutachten, die komplizierten Fragen der Finanzierung, die Frage der Zustimmung durch den Haushaltsausschuss des Bundestags und der EU-Kommission, um nur einige zu nennen", sagte er. "Wir hoffen, spätestens bis Mitte September zu einem positiven Ergebnis zu kommen. In den nächsten Wochen wird es also noch mal ins Eingemachte gehen."
Entscheidend werde sein, dass "wir für dieses Weltunternehmen eine positive Zukunftsperspektive beschreiben und zugleich verantwortlich mit den Steuergeldern umgehen", sagte der Grünen-Politiker. Die konkrete Finanzierungslücke bei der Werft liege bei rund 400 Millionen Euro. "Hier geht es um eine Eigenkapitalaufstockung. Bund und Land sind über die Deckung dieser Lücke im Gespräch, damit Banken der Werft neue Kredite geben können", sagte Janecek. "Das andere sind staatliche Bürgschaften für die Absicherung der Aufträge."
Der Bestellwert für ein neues Kreuzfahrtschiff gehe schnell über eine Milliarde Euro hinaus, und der Markt habe nach der Pandemie wieder massiv angezogen, erklärte er. "Vom Käufer bekommt die Werft aber anfangs nur 20 Prozent Anzahlung, die restlichen 80 Prozent erst bei der Auslieferung. Es braucht also eine Bauzeitfinanzierung. Gegenwärtig decken wir solche Lücken mit Bürgschaften bereits bei den Konverter-Plattformen", sagte der Grünen-Politiker.
Die FDP im Deutschen Bundestag warnte vor einem dauerhaften Staatsengagement. "In den noch laufenden Gesprächen ist das Ziel eine überbrückende Hilfe für die Meyer Werft, keine dauerhafte Staatsbeteiligung", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). "Dazu werden die noch offenen Fragen mit der EU-Kommission und den Banken innerhalb der nächsten Wochen geklärt."
Seiner Ansicht nach könne der Bund in regionalen wirtschaftspolitischen Fragen nur zurückhaltend agieren. Das Land Niedersachsen trage die Hauptverantwortung, so Meyer.
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