Berlin. Leni Breymaier, familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, hat zügige Fortschritte beim geplanten Rechtsrahmen für Frauenhäuser gefordert. "Es sind zwar die Länder zuständig, ohne Beteiligung des Bundes wird das aber nichts", sagte sie dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe).
"Wir sollten unbedingt zügig die Finanzierungsstrukturen zwischen Bund, Ländern und Trägern fertig haben." Auch gehe es darum, nicht nur die Folgen von Gewalt in den Blick zu nehmen, sondern Gewalt zu verhindern, so Breymaier.
Am Mittwoch wurde bekannt, dass die gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr angestiegen sind. Dieser Anstieg wird im aktuellen Lagebild "Häusliche Gewalt" ausgewiesen, das am Freitag in Berlin vorgestellt werden soll. Als "sehr besorgniserregend" hat Müserref Tanriverdi, Leiterin der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt, den Anstieg bezeichnet.
"Welche genauen Ursachen der Anstieg hat, muss näher betrachtet werden. Der Anstieg kann auch ein Indiz für eine erhöhte Meldebereitschaft und für eine höhere Sensibilisierung in der Gesellschaft sein. Aber wir wissen es nicht", sagte Tanriverdi der Zeitung.
Bund, Länder und Kommunen verhandeln derzeit über den von der Ampel geplanten einheitlichen Rechtsrahmen für Frauenhäuser und deren Finanzierung. Federführend ist auf Bundesebene das Familienministerium.
"Wir sind derzeit in der Debatte weiter, als wir je in einer Legislaturperiode gekommen sind. Das begrüßen wir ausdrücklich", sagte Sibylle Schreiber, Geschäftsführerin des Vereins Frauenhauskoordinierung. "Aber die wichtigste Frage ist noch völlig offen: nämlich mit welchen Summen Bund und Länder jeweils für den dringend notwendigen Ausbau des Hilfesystems zahlen."
Vor wenigen Tagen wurde eine Kostenstudie veröffentlicht, die das Familienministerium beauftragt hat. Demnach wurden im Jahr 2022 für das gesamte Hilfssystem aus Frauenhäusern und Beratungsstellen 270,5 Millionen Euro ausgegeben. Es gibt in der Studie zwei Szenarien für den Ausbau des Hilfesystems: In einem Fall würden pro Jahr insgesamt mehr als 1,6 Milliarden Euro benötigt. Im günstigeren Fall wären es immer noch knapp 673 Millionen Euro. In Verhandlungskreisen ist die Sorge zu hören, die FDP könne zusätzliche Mittel verweigern.
Das geplante Gewalthilfegesetz wäre im Bundesrat zustimmungspflichtig, denn die Länder müssten für den künftigen Rechtsanspruch geradestehen. Also werden die Länder dem Vernehmen nach nur ihren Segen geben, wenn der Bund einen deutlichen Anteil der Mehrkosten übernimmt.
Mittlerweile gibt es einen Diskussionsentwurf als Grundlage des geplanten Gesetzes, über den der "Tagesspiegel" berichtet. "Personen, die von geschlechtsspezifischer oder häuslicher Gewalt im Sinne des Gesetzes betroffen sind, haben Anspruch auf Schutz und auf fachliche Beratung", heißt es darin. Das wäre der Paradigmenwechsel, für den Frauenrechtsorganisationen seit Langem kämpfen: ein Rechtsanspruch. In Kraft treten soll er am 1. Januar 2030.
Der Entwurf gibt als Ziel vor, das Hilfesystem "bedarfsgerecht" auszubauen. Schutz-, Beratungs- und Unterstützungsleistungen sollen für die Opfer künftig kostenlos sein. Derzeit ist es so, dass Frauen, falls sie über ein entsprechendes Einkommen verfügen, für den Aufenthalt im Frauenhaus zahlen müssen. Geplant ist auch eine bundesweite Fallstatistik. Ein solcher Überblick fehlt bisher.
mehr News aus der Region