Start ins Schuljahr: So will man den Lehrermangel in den Griff kriegen

Auch im neuen Schuljahr bleibt der Fachkräftemangel ein großes Thema. Doch es gibt offenbar einen Plan, um dem entgegenzuwirken.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Region. Das neue Schuljahr hat in Niedersachsen begonnen und Schulen, Eltern und Schülerinnen und Schüler bereiten sich intensiv auf das neue Schuljahr vor. Die Folgen der Corona-Pandemie und der brutale Angriffskrieg auf die Ukraine sind Herausforderungen, die bereits das vergangene Schuljahr geprägt haben. Neben diesen und weiteren Herausforderungen bleibe auch der Fachkräftemangel ein großes Thema. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg habe bereits die ersten großen und auch kleineren, wichtigen Schritte umgesetzt und weitere eingeleitet, heißt es in einer Mitteilung des Kultusministeriums.



Der bisher größte und bedeutendste Schritt auf diesem Weg sei die geplante Anhebung der Einstiegsgehälter ab dem Schuljahr 2024/2025 für Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte und Fachpraxislehrkräfte. „Niedersachsen wird diese Maßnahme zum Schuljahr 2024/2025 in einem Schritt umsetzen und damit im Ländervergleich mit vorne sein. Schon jetzt hören wir von Studierenden, die sich nun wieder nach Niedersachsen orientieren. Das ist sehr erfreulich“, so Hamburg. Insgesamt würden von der Anhebung rund 34.670 Lehrkräfte profitieren.

"Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon"


Um dauerhaft ausreichend Fachkräfte in die Schulen zu holen, brauche es neben kurzfristigen Maßnahmen ebenso eine langfristige Strategie. Deshalb habe die Kultusministerin den vergangenen Monaten einen intensiven Dialogprozess unter Beteiligung von Bildungsexpertinnen und -experten, Verbänden, Schulleitungen, Lehrkräften sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Kultusministerium und den nachgeordneten Behörden gestartet. In zwei Dialogforen seien Ideen zur Bewältigung des Fachkräftemangels zusammengetragen worden. Zudem seien zu den zahlreichen Anregungen, die in den zwei Dialogforen erarbeitet wurden, Arbeitsgruppen gebildet, aus denen weitere Maßnahmen generiert werden sollen. Ziel sei es, dadurch Maßnahmen zu ergreifen und so umzusetzen, dass sie an Schule praktisch und umsetzbar wirksam werden. Hierbei gehe es unter anderem um pädagogische Maßnahmen, Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung und Arbeitsplatzattraktivität sowie den Aufbau von multiprofessionellen Teams. Hamburg betont: „Wir befinden uns auf einem langen Weg. Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon. Ein Weg der 1000 Schritte, die mal klein und mal sehr groß sein können, die aber nur zusammen am Ende Sinn ergeben.“


Mehr Geld für Sozialarbeiter und Psychologen


Neben Lehrkräften wolle das Land vermehrt zusätzliches Personal für die Schulen gewinnen. „Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, die im Rahmen des Aktionsprogramms „Startklar für die Zukunft“ eingestellten Schulsozialarbeitenden und Schulpsychologen nun dauerhaft zu entfristen und damit gewonnene Fachkräfte zu binden“, so Hamburg. Für dieses Vorhaben stünden 10 Millionen Euro zur Verfügung, heißt es aus dem Ministerium. Damit werden 60 Vollzeiteinheiten für Schulsozialarbeitende und 36 Vollzeiteinheiten für Schulpsychologen bereitgestellt sowie viele Mini-Jobber und pädagogische Mitarbeitende. Um Schule und Lehrkräfte nachhaltig zu entlasten, sollen künftig auch 100 zusätzliche pädagogische und therapeutische Fachkräfte an Förderschulen und den sonstigen allgemein bildenden Schulen bereitgestellt werden. Kostenpunkt: 3,5 Millionen Euro. „Damit bauen wir multiprofessionelle Teams konsequent weiter aus und geben damit eine weitere Antwort für die vielen Herausforderungen an Schulen“, betont die Ministerin.

Zur Unterstützung von Beschäftigten in Schulen und Studienseminaren, die sich in einer gesundheitsbelastenden Situation befinden oder von einer längerfristigen Erkrankung bedroht sind, steht seit einiger Zeit das CARE-Angebot sowie die Arbeitspsychologie in den Regionalen Landesämtern zur Verfügung (CARE steht für Chancen Auf Rückkehr Ermöglichen). „Es ist wichtig, gerade in belastenden Zeiten auch den Gesundheitsschutz in den Blick zu nehmen. Ich freue mich, dass es gelungen ist, ab dem kommenden Jahr diese Angebote dauerhaft zu verstärken.“

Die gesellschaftlichen Herausforderungen würden zudem Veränderungsprozesse in den unterschiedlichsten Facetten an den Schulen erfordern, heißt es weiter. Um Kinder und Jugendliche bestmöglich auf ein Leben in einer dynamischen Gesellschaft vorzubereiten, brauche es veränderte Lern- und Unterrichtssituationen, die beispielsweise Eigenverantwortung und Handlungskompetenzen stärken. Hamburg: „Damit stärken wir bewusst Schulen, die von den ausgetretenen Pfaden abweichen und Neues wagen und damit am Ende erfolgreich sind und zum Beispiel den Deutschen Schulpreis erhalten. Viele Schulen nutzen schon heute diese Freiräume, andere sind zögerlicher – vielleicht auch, weil sie den Rahmen noch nicht kennen. Das wollen wir ändern.“ Um die bestehenden Möglichkeiten bekannter zu machen, hat das Kultusministerium eine Handreichung mit dem Titel „Schule gestalten – Freiräume nutzen“ erarbeitet.

Zahlen zum Schulstart


Für rund 841.000 Schüler an den allgemein bildenden Schulen beginnt nun wieder der Unterricht. Damit ist die Zahl deutlich gestiegen: Im Vorjahr betrug die Gesamtschülerzahl gut 812.400. Rund 82.000 Kinder wurden am vergangenen Samstag eingeschult. Im Vorjahr waren es mit insgesamt 80.000 eingeschulten Kindern etwas weniger. Aufgrund steigender Geburtenzahlen sei auch für die nächsten Schuljahre mit ansteigenden Zahlen zu rechnen. Allerdings könnten die genauen Zahlen von diesen Prognosewerten abweichen, sie werden in der jährlichen Schulstatistik Ende August erhoben.

Unter den Schülern werden auch viele geflüchtete Kinder und Jugendliche - nicht nur aus der Ukraine - sein. Julia Willie Hamburg sagt dazu: „Es steht außer Frage, dass wir diese Kinder und Jugendlichen, die aufgrund von Krieg, Verfolgung oder Armut aus ihren Heimatländern geflohen sind oder noch fliehen werden, ohne Wenn und Aber in unseren Schulen aufnehmen und beschulen werden. Mir ist dabei durchaus bewusst, dass auch die Betreuung von Geflüchteten zu den vielen zusätzlichen Herausforderungen zählt, die die Arbeit in den Schulen schon heute und auch in Zukunft maßgeblich prägen werden.“

Neue Lehrkräfte für Niedersachsens Schulen


Zum Start des 1. Schulhalbjahres 2023/2024 werden an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen vorerst 1.425 neue Lehrkräfte ihren Dienst aufnehmen. Unter den rund 1.425 neuen Lehrkräften sind bisher rund 83 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger; das entspriche einem Anteil von knapp 6 Prozent. Das Einstellungsverfahren bleibe offen und werde seitens der Schulbehörden auch nach dem Beginn des Schuljahres intensiv fortgesetzt.

Erneut seien deutlich mehr Stellen zur Verfügung gestellt und besetzt worden, als Lehrkräfte aus dem Dienst ausscheiden. Seit Jahresbeginn summieren sich die neuen und damit erstmals besetzten Stellen auf etwa 2.475 - das ist bei etwa 1.830 „Aussteigern“ ein Plus von mehr als 600 Lehrkräften. Sowohl die Lehrkräfte-Ist-Stunden als auch die Lehrkräfte-Soll-Stunden (einschließlich 20 Prozent Zusatzbedarfsstunden) erreichen erneut historische Höchststände. „Damit sichern und gewährleisten wir eine hohe Qualität an unseren Schulen, auch wenn wir nicht alle Stellen besetzen können“, so Hamburg. Im Einstellungsverfahren sei eine relativ hohe Zahl Grundschullehrkräfte (414) eingestellt worden. Die Bewerberlage an den Haupt- und Realschulen, Oberschulen und Förderschulen sowie einigen ländlichen Grundschulen bleibe aber problematisch. An Haupt- und Realschulen konnten bisher 102 neue Lehrkräfte eingestellt werden, an Oberschulen 224, an Gymnasien 315, an Gesamtschulen 275 sowie 95 an Förderschulen. Hamburg: „Wir werden nicht nachlassen in unserem Bestreben, auch an diesen Schulformen eine bessere Versorgung zu erreichen.“

Die schulformübergreifenden Abordnungen konnten auf voraussichtlich 9.500 Stunden durch etwa 848 Lehrkräfte („Köpfe“) im neuen 1. Schulhalbjahr zurückgefahren werden. Das sind 133 weniger als im letzten Halbjahr. Gleichzeitig können wir nicht an das 1. Schulhalbjahr 2022/23 anknüpfen, als 715 Lehrkräfte abgeordnet wurden. Zugleich betont die Ministerin, Abordnungen künftig auch vermehrt als Anreizinstrument zu nutzen: Sind junge Lehrkräfte bereit, für ein paar Jahre zunächst eine schwer zu besetzende Stelle zum Beispiel an einer ländlichen Schule zu übernehmen, erhalten sie später einen Platz an ihrer Wunschschule.


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