Streitfrage Quarantäne - Familie in Papenteich hatte 250 Kontaktpersonen

Die Stadt Gifhorn antwortet auf Widersprüche bei den angeordneten Tests und Quarantänen.

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Die Befürchtungen, dass Papenteich sich zu einem "Hotspot" entwickeln könnte, weist der Landkreis zurück. (Symbolbild)
Die Befürchtungen, dass Papenteich sich zu einem "Hotspot" entwickeln könnte, weist der Landkreis zurück. (Symbolbild) | Foto: Marvin König

Gifhorn. Für Irritationen sorgte in den vergangenen Tagen der Fall einer Familie mit Kindern aus der Samtgemeinde Papenteich, die durchweg positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Hierzu berief Landrat Dr. Ebel am heutigen Dienstag eine telefonische Pressekonferenz ein.


"Wir wissen erst heute, wie viele Kontakte das sind. Wir dachten, die Recherche wäre unendlich", erläutert Amtsarzt Josef Kraft dazu, der mit seinem Gesundheitsamt bei der Recherche der Kontaktpersonen maßgeblich beteiligt war. Es handele sich um etwa 250 Kontakte. "Bis jetzt ist nicht bekannt, dass jemand angesteckt worden ist", berichtet der Amtsarzt. Doch wer von diesen Personen muss nun in Quarantäne, und wer nicht? Eine Streitfrage.

Die Familie sei viel unterwegs gewesen ohne zu wissen, dass sie Corona-positiv getestet worden sei. Es habe deshalb Verunsicherung aufgrund der Gründe der angeordneten Quarantänen gegeben. Landrat Dr. Andreas Ebel zufolge richte sich das Gesundheitsamt des Landkreises Gifhorn streng nach den Vorgaben des sogenannten "Kontaktmanagements" des Robert Koch-Institutes, wofür auch Aussagen der Betroffenen maßgeblich sind. Dieses kategorisiert in zwei Gruppen. "Kontakt I" betrifft Personen mit hoher Priorität. Diese müssten direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht für mindestens 15 Minuten miteinander gehabt haben. Personen dieser Gruppe kommen unter gesundheitsamtlicher Beobachtung für 14 Tage in die häusliche Isolation.

Empfehlung ja, Anordnung nein


Bei der zweiten Gruppe handele es sich um Kontakte im weiteren Sinne. "Kontakt II" betrifft demnach Personen, die sich mit der infizierten Person im selben Raum aufgehalten haben, aber keinen 15 Minütigen Kontakt von Angesicht zu Angesicht hatten. Hierzu können auch Familienmitglieder, wie beispielsweise die Eltern oder Ehepartner gehören. "Auch bei der betroffenen Familie in Papenteich gab es verschiedene Gruppen - Kinder im Hort oder in der Kindergruppe hatten direkten Kontakt zu den Betreuern und anderen Kindern. Die Betreffenden wurden auch sofort unter Quarantäne gestellt. Deren Eltern müssen jetzt darauf achten, ob die Symptome entwickeln", erläutert Dr. Kraft und ergänzt: "Die Eltern sind Kontaktpersonen der zweiten Gruppe. Die müssen in diesem Moment nicht in Quarantäne, auch wenn wir das ausdrücklich empfehlen. Wir können da aber keine Isolation verordnen. Für die erste Kontaktgruppe ja, für die zweite nicht."

Eltern von Kindern in Quarantäne sollen demnach darauf achten, ob die Kinder Symptome entwickeln. Falls ja, müssten auch die Eltern in Quarantäne. "Solange keine Erkrankung ausgebrochen ist, dürfen sich Familienmitglieder noch frei bewegen. Wir können das nicht verhindern - Leider, muss man sagen", erklärt Landrat Dr. Ebel dazu. Hierzu hebt der Landrat hervor, dass ohnehin erst ein erhöhtes Ansteckungsrisiko gilt, sobald Symptome aufgetreten sind.

Die Papenteicher Familie handele korrekt


"Ich muss die Familie in Papenteich auch in Schutz nehmen", erklärt Amtsarzt Kraft und führt aus: "Dass sie positiv getestet wurden und trotzdem das Haus verlassen, ist uns nicht bekannt. Wir nehmen täglich Kontakt auf zu allen Personen, die von uns unter Quarantäne gesetzt wurden. Es ist noch nie passiert, dass wir jemanden unter seiner Festnetznummer nicht erreichen konnte." Dabei sei Kraft zufolge zu beachten, dass die Quarantäne auch keinen strikten Hausarrest bedeute: "Wenn ein bestätigter Fall zum Beispiel seine Tiere füttern muss - Wenn der Stall nicht weit von seinem Garten entfernt ist und er keinen Kontakt mit Menschen hat, dann können die Tiere natürlich auch ihr Futter bekommen!"

Man kann nicht jeden testen


Unmittelbar alle Personen durchzutesten, die mit den Betroffenen Kontakt hatten, halte das Gesundheitsamt für wenig zielführend: "Das wäre vielleicht für Forschungszwecke interessant, sonst aber überhaupt nicht", setzt der Amtsarzt an. Ein Abstrich bei Personen, die keine Symptome aufweisen, erfolge nur bei Personen, die sich nach den Kriterien des Robert Koch-Institutes in einem Risikogebiet aufgehalten haben oder unter "Kontakt I" fallen: "Wichtig sind die Abstriche im Krankenhaus - wenn dort Differenzialdiagnostisch Krankheiten festgestellt werden müssen die Ärzte wissen, warum ein Patient so schwer krank ist, ob er am Coronavirus erkrankt ist oder etwas anderem", zudem ergänzt Kraft: "Die 14 Tage Quarantäne sind das A und O. Nur so kann man die Weiterverbreitung des Virus verhindern."

Ein Gifhorner Patient wird beatmet


Von den aktuell 38 Infizierten in Gifhorn sind derzeit drei Personen mit einem schweren Verlauf einer COVID-19 Erkrankung in Krankenhäusern. Zwei davon im Helios Klinikum in Gifhorn, einer wurde an die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) verlegt und muss beatmet werden. Bei den anderen infizierten Personen habe sich Kraft zufolge nur ein leichter bis mittelschwerer Verlauf eingestellt. Kraft berichtet: "Die Fälle, die wir haben, sind Reiserückkehrer aus Risikogebieten. Jetzt sind die Rückkehrer alle da. Ich hoffe, dass wir in der Richtung jetzt weniger Fälle haben. Wir konzentrieren uns jetzt auf die Ausbreitung der positiven Fälle hier." Landrat Dr. Ebel schließt: "Wir können nach zwei Wochen, wenn die Quarantänen aufgehoben werden, eine vorsichtige Prognose wagen."

Am heutigen Dienstag ab 16 Uhr werden laut Gesundheitsamt weitere fünf Fälle auf das Coronavirus getestet. Mit einem Ergebnis sei am Nachmittag des 25. März zu rechnen.


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