Tauben in der Corona-Krise: Darum wäre das Füttern gerechtfertigt

Die Stadttauben finden während der Corona-Krise nicht mehr genügend Futter. Der Tierschutzbund fordert Maßnahmen für das "menschengemachte Problem".

von Julia Seidel


Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Pixabay

Region. Kürzlich appellierte der Deutsche Tierschutzbund in einer Pressemitteilung die Grundversorgung der Tauben sicherzustellen, um einen Hungertod der Tiere zu vermeiden (regionalHeute.de berichtete). Dies führte zu einem Aufschrei auf Facebook. Viele Nutzer sprachen sich gegen eine Fütterung der "Ratten der Lüfte" aus. Man solle die Tiere sich selbst überlassen, da ohnehin bereits eine Überpopulation in den Städten vorhanden wäre.


"Sollen die sich doch ihr Futter irgendwo anders suchen, so wie andere Vögel auch", war unter anderem einer der Kommentare. Hierbei gibt es jedoch einen Unterschied, wie der Deutsche Tierschutzbund auf Nachfrage von regionalHeute.de berichtet. So handele es sich bei den Stadttauben keineswegs um Wildtiere, sondern um Nachfahren von Haustauben. Diese wurden durch gezielte Züchtung domestiziert. Dies geschehe über Generationen hinweg und führe nicht nur zu einer Gewöhnung an den Menschen, sondern auch zu einer genetischen Anpassung. Diese Züchtung ermöglicht es den Tieren unter anderem sich über das ganze Jahr hinweg zu vermehren. Sie würden nicht automatisch wieder zu Wildtieren werden, sobald sie in Freiheit sind. Wie beispielsweise auch Straßenkatzen seien sie weiterhin auf die Versorgung durch den Menschen angewiesen.

Das Gesetz des Stärkeren - Nur ein Übersetzungsfehler



Dieser Unterschied schlägt sich auch im Jagdgesetz wieder. Denn dort wird klar unterschieden: Im Jagdrecht werden nur Wildtauben aufgeführt. Eine Bejagung von Stadttauben würde aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes ohnehin ineffektiv und nicht nachhaltig sein, denn die Tiere würden im Normalfall in der Stadt ausreichend Futter finden und sich die Bestände innerhalb weniger Wochen regenerieren.

Dass die derzeitige Situation der "Kreislauf der Dinge" sei, wie eine Facebooknutzerin behauptet, wolle Hester Pommerening, Mitarbeiterin der Pressestelle des Deutschen Tierschutzbundes so nicht stehen lassen. "Das vermeintliche „Gesetz des Stärkeren“ ist eine überholte, da absolut unwissenschaftliche Fehlinterpretation der Darwin‘schen Evolutionstheorie, die auf einem Übersetzungsfehler von Spencers berühmtem Begriff des „survival of the fittest“ beruht. In Darwins Beschreibung des Prinzips natürlicher Selektion kam es nie auf „Stärke“ an, sondern den Grad der Anpassung einer Art."

Sich auf dieses falsche "Naturgesetz" zu beziehen sei lediglich ein schlechter Versuch sich der Verantwortung für die Tiere zu entziehen. Der Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert. "Davon abgesehen sollten natürlich auch andere Wildtiere, deren Lebensräume durch uns bedroht sind oder die anderweitig im Ausleben ihrer natürlichen artspezifischen Eigenschaften durch den Menschen beeinträchtigt sind, menschliche Unterstützung und Schutz erfahren", räumt Pommerening auf Nachfrage nach dem Umgang mit anderen Tierarten ein.

Population tierschutzgerecht verringern



Betreute Taubenschläge, seien nach Ansicht des Deutschen Tierschutzbund die einzige Möglichkeit die Population an Tauben tierschutzgerecht zu verringern. Dort würden die Tiere mit artgerechtem Futter versorgt werden. Die Eier in den Nestern könnten hier einfach durch Attrappen ersetzt werden.

In Zeiten von Nahrungsknappheit, wie jetzt durch die Corona-Pandemie, müsse den Tieren diese zur Verfügung gestellt werden, damit ihnen die Untätigkeiten der meisten Städte in den letzten Jahren nicht zum Verhängnis werde.


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