Braunschweig. Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg richtete sich nun auch Dr. Sadiqu Al-Mousllie, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen im Zentralrat der Muslime, an die Öffentlichkeit. Er äußerte sein Mitgefühl und warnte gleichzeitig vor falschen Schuldzuweisungen.
"Mit großer Betroffenheit nehmen wir den Anschlag in Magdeburg zur Kenntnis. Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Verletzten, den Hinterbliebenen der Opfer sowie allen, die durch diese schreckliche Tat Leid erfahren haben", so Dr. Sadiqu Al-Mousllie.
Es sei als positiv zu bewerten, dass sowohl verantwortungsbewusste Politiker als auch die zuständigen Behörden keine voreiligen Schlüsse gezogen oder unüberlegte Vermutungen in die Öffentlichkeit getragen hätten. Dies zeige eine angemessene Besonnenheit im Umgang mit solch sensiblen Situationen.
Gleichzeitig würde es aber Anlass zur Besorgnis geben, so Al-Mousllie:
"Trotz der bekannten Fakten über den mutmaßlichen Täter – darunter seine extreme Nähe zur AfD und seine Ansichten als Islamkritiker oder Islamhasser – wird bewusst oder unbewusst seine Tat bislang nicht als Terroranschlag eingestuft. Dieser Umstand wirft Fragen auf. Es entsteht der Eindruck, dass der Begriff „Terrorist“ in der öffentlichen Wahrnehmung fast ausschließlich mit Tätern assoziiert wird, die muslimischen Glaubens sind oder sich zum Islam bekennen oder als solche gelesen werden. Man beachte die Benennung der Nationalität des mutmaßlichen Täter wenige Minuten nach dem Anschlag durch den Ministerpräsidenten Haseloff."
Diese Haltung stehe in klarem Widerspruch zur Tatsache, dass Terrorismus keine Religion hat. Vielmehr widerspriche Terror in jeglicher Form den Grundwerten des Zusammenlebens – unabhängig von der Ideologie oder dem Glauben der Täter, so Al-Mousllie. Solingen habe gezeigt, wie schnell ein Täter als „islamistisch“ bezeichnet und eine Tat als „islamistischer Anschlag“ eingestuft werden kann. Ein ähnliches Muster zeige sich in der zögerlichen Anerkennung des Anschlags von München 2016 gegen ausländische Mitbürger als Terroranschlag.
Diese scheinbar unbewusste Differenzierung vermittele eine höchst problematische Botschaft. Sie könne den Eindruck erwecken, dass nur muslimische Täter oder religiöse Muslime den Stempel „Terrorist“ erhalten, was eine gefährliche Verzerrung darstellt, so Al-Mousllie. Solche unausgesprochenen Muster in der öffentlichen Kommunikation würden unbewusst zur Verstärkung von Vorurteilen beitragen und wirkten wie eine erzieherische Maßnahme, die das Zusammenleben belastet.
"Terror hat keine Religion!"
Al-Mousllie abschließend: "Die Herausforderungen unseres Zusammenlebens erfordern von uns allen ein Höchstmaß an Vorsicht, Authentizität und Rücksichtnahme. Nur so können wir ein Miteinander fördern, das von Respekt, Gerechtigkeit und einem klaren Bewusstsein für gemeinsame Werte geprägt ist. Terror hat keine Religion!"
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