Ungesundes Essen: Politik diskutiert über ein Werbeverbot

Gesellschaftliche Pflicht und Aufklärung. In der Diskussion um das Werbeverbot äußerten sich nun auch Bundestagsabgeordnete aus unserer Region.

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Symbolfoto.
Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Region. Schokolade, Burger, Limonade und Co. - die Hersteller locken uns mit ihrer Werbung und versprechen manch einen süßen, fettigen, salzigen Genuss. Doch all diese Leckereien sind alles andere als gesund. Das wissen die meisten von uns. Kinder hingegen sind für die verheißungsvollen Werbebotschaften besonders empfänglich. Das hat fatale Folgen, denn unsere Gesellschafft ernährt sich immer ungesünder, so gibt es auch immer mehr übergewichtige Kinder. Dem will Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, nun einen Riegel vorschieben: Heranwachsende sollen vor dieser Werbung geschützt werden.



Wie der Politiker der Grünen seinen Vorstoß kommentierte, hätte es nicht zum Ziel geführt, den Menschen selbst die Verantwortung über die Ernährung zu überlassen. Hier sollen nun gesetzliche Regelungen greifen. So sollte die Werbung zukünftig beschränkt werden. Man solle sich dabei zudem an den Maßgaben zur Nährwertberechnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren, wenn es um die Entscheidung geht, welche Lebensmittel als ungesund einzustufen sind.

regionalheute.de fragte hierzu die beiden Bundestagsabgeordneten Carsten Müller (CDU) und Christos Pantazis (SPD) - was halten die Politiker aus der Region von der Idee?

Die Gesellschaft ist mitverantwortlich


Dr. Christos Pantazis
Dr. Christos Pantazis Foto: Photothek


Christos Pantazis ist sich sicher, Ernährungsgewohnheiten prägen unser gesamtes Leben. Also müssten die Grundlagen für eine gesunde und ausgewogene Ernährung schon in der Kindheit gelegt werden. Daher liege es auch in der Verantwortung der Eltern, wie sich die Beziehung der Kinder zum Essen entwickelt. "Jedoch dürfen wir auf keinen Fall das alles auf die Individualverantwortung schieben. Denn auch als Gesellschaft liegt es in unserer Verantwortung, für eine gesunde Lebenswelt für Kinder zu sorgen", so Pantazis. Der Vorstoß des Bundesernährungsministers Cem Özdemir an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde besonders viel zuckerenthaltende Lebensmittel einzuschränken, sei ein wichtiger Schritt zur Förderung gesunder Ernährungsgewohnheiten bei unseren Kleinsten, stimmt der SPD-Politiker zu.

Denn dadurch würde man aktiv zu einer Verbesserung der Gesundheit von Erwachsenen in der Zukunft beitragen und Erkrankungen, wie Adipositas präventiv bekämpfen damit diese gar nicht erst entstehen. Und dass die Gesellschaft an dieser Stelle Nachholbedarf habe, liege auf der Hand: Mittlerweile sei über die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland übergewichtig.

Pantazis:
"Wir entwickeln uns zu einer Gesellschaft, die von Fettleibigkeit und damit einhergehenden gesundheitlichen Problemen auch finanziell überfordert sein wird. Das darf nicht passieren. Daher müssen wir auch künftig weitere Maßnahmen zur Förderung der gesunden Ernährung ergreifen. Als Mediziner und Vater von neunmonatigen Zwillingen möchte ich mich für eine striktere Kontrolle von Zuckergehalt bei Lebensmitteln aussprechen. Hinzu kommt die Notwendigkeit von Aufklärungskampagnen, die sich an alle Gesellschaftsschichten richtet und entsprechend niedrigschwellig ausgelegt sein sollte. Bevor Übergewicht zu einer Volkserkrankung wird, müssen wir das Übel an der Wurzel packen."




Verbote allein helfen nicht


Carsten Müller (CDU), Mitglied des Bundestages.
Carsten Müller (CDU), Mitglied des Bundestages. Foto: CDU


Carsten Müller: „Allein springt die Forderungen eines Werbeverbots für ungesunde Lebensmittel deutlich zu kurz". Verbote würden nicht automatisch das erkannte Problem beheben. In der Tat sei die Zunahme übergewichtiger Menschen, zunehmend auch mehr Kinder, ein Problem mit weitreichenden Folgen. Dies für die Betroffenen selbst, aber auch für die Gesellschaft, da ist sich der CDU-Politiker sicher.

Müller:
"Die Hauptursache der ungesunden Ernährung sehe ich in einer übermäßigen, unausgewogenen Ernährung mit ungesunden Lebensmitteln in Kombination mit fehlender Bewegung in allen Altersgruppen. Daher halte ich ein Bündel von Maßnahmen erforderlich, um die selbstbestimmte Ernährungsentscheidung aufgrund von Wissen in den Vordergrund zu rücken."

Zunächst brauche es eine breit aufgestellte Aufklärungsarbeit. Diese Bildungsmaßnahmen müssten forciert werden und möglichst frühzeitig einsetzen. Kinder sollten sich altersgerecht in den Schulen und Kitas mit gesunder und idealerweise regionaler Ernährung befassen. Dabei sollten sie über Lebensmittel, Inhaltsstoffe, den täglichen Bedarf, bewusster, regelmäßiger Ernährung, Essstörungen und den Folgen einer Fehlernährung aufgeklärt werden. Entsprechend müsse sich die gesunde und ausgewogene Ernährung auch in regelmäßigen Mahlzeiten in den Einrichtungen selbst widerspiegeln.

Gleichzeitig müssten Aufklärungskampagnen auch Eltern und Erwachsenen erreichen und stets neueste Erkenntnisse vermitteln. Diese Aufklärungen zu gesunder Ernährungsweise müsse mit ergänzenden Bewegungsanreizen gekoppelt werden, die bereits den Kindern den Spaß an der Bewegung vermitteln und sie später auch über Schulsport und Vereinsarbeit erreichen und animieren. Ausreichende Bewegung sicherte im gesamten Leben ganz wesentlich die Lebensqualität. Hier müssten die Rahmenbedingungen stimmen. Stichworte seien hier: Vereinsarbeit, Ehrenamt, Sporteinrichtungen.

Müller:

"Große Sorge machen mir aktuell zunehmende Beobachtungen von Lehrerinnen und Lehrern, dass gesundes Obst und Gemüse in den Brotboxen aktuell seltener wird. Das hängt mit den massiv gestiegenen Preisen zusammen und verdeutlicht, dass hochwertige und bezahlbare Lebensmittel von großer Wichtigkeit sind. Hier muss gehandelt werden."


Handeln müsse auch die Bundesregierung, die hier einmal mehr nicht abgestimmt handele. Erneut kündige ein Minister etwas an, produziert eine Schlagzeile, aber bei der Umsetzung hake es in dieser "Ankündigungskoalition" dann wieder, kritisiert Müller.


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