Region. Konträr zur sommerlichen Witterung hat sich die Stimmung der Unternehmen im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg zuletzt merklich eingetrübt. Die regionale Wirtschaft leidet unter der immer noch hohen Inflation, kämpft mit einer schwachen Binnennachfrage und erhält auch auf der Exportseite kaum Impulse. Dies zeigt der gemeinsame Konjunkturbericht der IHK Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das zweite Quartal 2023, über den in einer gemeinsamen Pressemeldung berichtet wird,
Die schleppenden Auftragseingänge lassen die vormals dicken Auftragspolster weiter abschmelzen. Zu all dem gesellen sich Belastungen durch überbordende Bürokratie, durch den allgegenwärtigen Arbeits- und Fachkräftemangel sowie eine spürbare Verunsicherung durch das Agieren der Politik. Auf diese Weise hat der Erholungsprozess von den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges einen heftigen Dämpfer bekommen.
Ein deutlicher Rückschlag
Demnach fiel der IHK-Konjunkturklimaindikator, der sowohl die derzeitige geschäftliche Lage der Unternehmen als auch ihre Geschäftserwartungen abbildet, zum Sommer hin um 13 Punkte und erreichte nur noch einen Stand von 85. Nach zwei vorangegangenen Anstiegen verzeichnet er damit einen deutlichen Rückschlag. Der Indikator bewegt sich nun wieder erkennbar unter seinem fünfjährigen Durchschnitt – wobei zu berücksichtigen ist, dass dieser Durchschnittswert (96) stark durch die Coronakrise und den Ukraine-Krieg geprägt ist und somit ohnehin eher mäßig ausfällt.
Zum festgestellten Indikatorrückgang haben fast alle von der IHK befragten Wirtschaftszweige ihren Beitrag geleistet. Den stärksten Verlust hat dabei die Industrie zu verzeichnen. Hier stürzte der sektorale Konjunkturklimaindikator um satte 24 Punkte auf einen Stand von 75 ab. Ein Minus von 13 Punkten musste der zuvor schon stark gebeutelte Einzelhandel hinnehmen, der mit einem sektoralen Indikatorwert von 69 weiterhin das Schlusslicht des Konjunkturzuges bildet. Auch die Dienstleister verloren 10 Punkte, stehen aber mit einem Indikatorwert von 103 immer noch an dessen Spitze. Einzig im Großhandel blieb der Indikatorstand konstant und liegt unverändert bei 87.
Erwartungen zunehmend pessimistisch
Ursächlich für den Abfall des IHK-Konjunkturklimaindikators sind schwächer als zuvor ausgefallene Lagebeurteilungen, vor allem aber die nun wieder merklich pessimistischeren Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen. Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass die Mehrheit der Betriebe mit ihrem derzeitigen Geschäftsverlauf immer noch zufrieden ist. So bezeichnen 27 Prozent ihre Geschäftslage als gut und etwas mehr als die Hälfte schätzt sie als befriedigend ein. 21 Prozent beurteilen ihre momentane Situation hingegen als schlecht. Folglich liegt der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen mit +6 noch erkennbar im Positivbereich. Im Vorquartal hatte er allerdings noch +13 betragen.
Belastet wird der Konjunkturklimaindikator in erster Linie durch die Rückmeldungen zu den geschäftlichen Aussichten. Verglichen mit der Frühjahrsumfrage hat die Skepsis zum Sommer hin erheblich zugenommen. Aktuell rechnen 41 Prozent der befragten Betriebe mit geschäftlichen Einbußen in der zweiten Jahreshälfte. Jeder Zweite meint, das Geschäftsniveau immerhin halten zu können. An eine Aufhellung der Geschäftstätigkeit glaubt inzwischen aber nicht einmal mehr jedes zehnte Unternehmen. Düsterer waren die geschäftlichen Prognosen bisher lediglich zum Höhepunkt der Coronakrise und nach dem Schock zu Beginn des Ukraine-Krieges ausgefallen.
"Kaum Anzeichen für Aufschwung"
„Auch wenn die Mehrheit der Unternehmen mit ihren Geschäften derzeit noch zufrieden ist, werden die Wolken am Konjunkturhorizont immer dichter“, kommentiert Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, die Ergebnisse der Umfrage. „Momentan sind kaum Anzeichen in Richtung Aufschwung zu erkennen. Zwar gehen die Inflationsraten zurück, sie bewegen sich aber immer noch auf hohem Niveau. Zusammen mit den gestiegenen Zinsen drückt das auf die Nachfrage. Und die eingetretenen Preissteigerungen insbesondere für Energie und Rohstoffe schlagen auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Betriebe durch. Um gegenzusteuern braucht es jetzt Wachstumsimpulse, auch durch die Politik – und keinesfalls immer wieder neue Belastungen und Hürden für die Wirtschaft.“
Produktionskapazitäten ins Ausland verlagern
Das bekräftigt IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert: „Immer neue Verpflichtungen mit weiter verkürzten Umsetzungsfristen sind Gift für unseren Standort und drohen, die Unternehmen zu überfordern. Nach dem verunfallten Gebäudeenergiegesetz werden nun mit dem geplanten Energieeffizienzgesetz erneut Vorschriften auf den Weg gebracht, die die Konkurrenzfähigkeit der Betriebe und des Wirtschaftsstandortes gefährden. In Niedersachsen zieht bereits jeder zehnte Betrieb in Betracht, einen Teil seiner Produktionskapazitäten ins Ausland zu verlagern. Das sollte ein Weckruf für die politisch Verantwortlichen sein, Klimapolitik gemeinsam mit der Wirtschaft zu denken und zu gestalten – beispielsweise durch mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien, Technologieoffenheit und einen flexibleren Zeitplan zur Realisierung der Kohlenstoffdioxid-Reduktionsziele.“
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