Vorwurf der Volksverhetzung - Bloggerin freigesprochen

Das Oberlandesgericht hat jetzt ein Urteil des Landgerichts bestätigt, das eine Verurteilung der Frau durch das Amtsgericht Goslar aufgehoben hatte.

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Braunschweig. Der Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig hat am heutigen Freitag die Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein am 17. März 2025 verkündetes Urteil des Landgerichts Braunschweig verworfen, mit dem dieses eine Bloggerin von dem Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen hatte. Darüber informiert das Oberlandesgericht in einer Pressemitteilung.



Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen postete die Angeklagte über ihren Account auf der Internet-Plattform Twitter einen Beitrag unter anderem mit folgendem Inhalt: „Ein großer Teil der Sinti und Roma in Deutschland und anderen Ländern schließt sich selbst aus der zivilisierten Gesellschaft aus, indem sie den Sozialstaat und damit den Steuerzahler betrügen, der Schulpflicht für ihre Kinder nicht nachkommen, nur unter sich bleiben, klauen, Müll einfach auf die Straße werfen und als Mietnomaden von Wohnung zu Wohnung ziehen.“ Die Angeklagte habe – so das Landgericht – jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass Sinti und Roma sich dadurch verletzt fühlten.

Geldstrafe wegen Volksverhetzung


Das Amtsgericht Goslar hatte die Angeklagte wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf die Berufung der Angeklagten hatte das Landgericht Braunschweig das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Angeklagte freigesprochen. Der Tatbestand der Volksverhetzung nach Paragraph 130 Strafgesetzbuch sei nicht erfüllt. Das Erfordernis eines Angriffs auf die Menschenwürde lasse sich nicht feststellen.

Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen diesen Freispruch ein. Diese blieb ohne Erfolg. Der Strafsenat hat nach mündlicher Verhandlung die Entscheidung des Landgerichts bestätigt und die Revision – auch auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft – verworfen. Der Tatbestand des Paragraph 130 Absatz 2 Nr. 1 c) des Strafgesetzbuche knüpfe an Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes an und schütze den unverzichtbaren Kernbereich der menschlichen Persönlichkeit und damit der Menschenwürde.

Besonders gravierende Verletzung erforderlich


Bei dem Straftatbestand gehe es gerade nicht um den Schutz vor Beleidigungen im Sinne eines erweiterten Ehrschutzes. Er verlange – auch zum Schutz der Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes – vielmehr einen Angriff auf die Menschenwürde und damit eine besonders gravierende Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Der Täter müsse der Person des Angegriffenen durch seine Tathandlung ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft absprechen.

Der Senat führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus, dass sich nach der von dem Landgericht vorgenommenen – nicht zu beanstandenden – Gesamtwürdigung des Beitrags nicht feststellen lasse, dass die Angeklagte einem großen Teil der Sinti und Roma ein gleichwertiges Lebensrecht abspreche. Sie habe sie mit ihrem Beitrag an den Rand der Gesellschaft gestellt und damit gerade nicht „entmenschlicht“.

Kernbereich der Persönlichkeit nicht verletzt


Die Beurteilung, ob die beanstandete Äußerung die Menschenwürde anderer angreift, obliege dem Tatrichter, in diesem Fall dem Landgericht. Dieser habe nach ständiger Rechtsprechung den tatsächlichen Sinngehalt der beanstandeten Äußerung zu ermitteln. Komme der Tatrichter zu einem vertretbaren Ergebnis, so hat das Revisionsgericht dessen Auslegung hinzunehmen, sofern sie sich nicht als rechtsfehlerhaft erweist, mag auch ein anderes Ergebnis durchaus vertretbar sein oder aus Sicht der Rechtsmittelinstanz sogar näher iegen. Die Angeklagte habe mit ihrem – ohne Zweifel diskriminierenden und ehrverletzenden – Beitrag nicht den Kernbereich der Persönlichkeit verletzt.

Eine Strafbarkeit wegen eines Beleidigungstatbestandes scheitere aber bereits am Fehlen eines zwingend erforderlichen Strafantrags. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

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