Wechselunterricht ab Mai auch bei hoher Inzidenz - Es hagelt Kritik

Der Verband niedersächsicher Lehrkräfte hält das Vorgehen für unverantwortlich. Der FDP-Landtagsabgeordnete Björn Försterling spricht von einem "Schlingerkurs".

Der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Foto: Tanja Bischof
Der Niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Foto: Tanja Bischof | Foto: Tanja Bischoff

Region. Kultusminister Grant Hendrik Tonne hat am gestrigen Freitag in Aussicht gestellt, Wechselunterricht an Schulen auch mit einer Inzidenz von über 100 zu ermöglichen. Ein Kurswechsel des Kultusministeriums, das bislang abweichend vom Infektionsschutzgesetz des Bundes an einer Inzidenz von 100 für Schulschließungen festhalten wollte, statt an der vom Bund vorgegebenen Grenze von 165. Kritik an dieser Ankündigung äußerten der Verband niedersächsischer Lehrkräfte (VNL/VDR) und der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag, Björn Försterling, in einer Pressemitteilung.


Zu der Ankündigung von Kultusminister Grant Hendrik Tonne, bereits ab Mitte Mai Wechselunterricht an allen Schulen zu ermöglichen, erklärt Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte VNL/VDR: "Wir halten Kultusminister Grant Hendrik Tonnes Äußerungen zum jetzigen Zeitpunkt für unverantwortlich, für alle Schülerinnen und Schüler bereits ab Mitte Mai Wechselunterricht in Aussicht zu stellen, auch wenn der Inzidenzwert bei über 100 liegt." Selbsttests und Impfangebote für alle an Schulen Tätigen würden für eine erweiterte Schulöffnung nicht ausreichen. Selbsttests seien, so Neumann, erwiesenermaßen nicht sicher, sie seien daher nur bedingt als Schutz anzusehen, erst recht, wenn sie nur zweimal die Woche erfolgen und bei Abschlussprüfungen ausgesetzt werden: "Impfangebote sind – wie der Begriff es auch sagt – Angebote, noch längst keine durchgeführten Impfungen. Impfankündigungen sind beruhigend, aber es müs- sen dann auch erst Taten, sprich: Impfungen, folgen."

Rekordniveau bei jungen Corona-Betroffenen


Außerdem müssten auch die neuesten Erkenntnisse zur Infektionslage von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sind die Inzidenzwerte für Kita-Kinder und Schüler auf ein Rekordniveau geklettert. Grundschüler liegen demnach bei einem Inzidenzwert von 185, Zehn- bis 14-Jährige bei 205 und Jugendliche (15 bis 19) bei 271. "Hinzu kommt noch die verstärkte Aus- breitung aggressiverer Corona-Mutationen", fügt Neumann hinzu und erklärt: "Wir können nur davor warnen, unsere Schulen voreilig öffnen zu wollen, auch wenn wir alle unsere Schülerinnen und Schüler lieber im Präsenzunterricht sehen würden. Es geht nicht nur um die Gesundheit der Lehrkräfte und der an Schule Tätigen, sondern auch um die Gesundheit der Kinder und deren Familien." Es fehle stattdessen an Überlegungen, wie der bislang ausgefallene Unterricht kompensiert werden könne.

"Nicht nachvollziehbarer Schlingerkurs"



Björn Försterling, FDP-Landtagsabgeordneter aus Wolfenbüttel.
Björn Försterling, FDP-Landtagsabgeordneter aus Wolfenbüttel. Foto: regionalHeute.de



„Mit dem Kurswechsel der Landesregierung zur Öffnung der Schulen innerhalb weniger Stunden setzt sie ihren nicht mehr nachvollziehbaren Schlingerkurs in der Corona-Politik fort", meint der FDP-Landtagsabgeordnete Björn Försterling aus Wolfenbüttel. Er ist bildungspolitscher Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. "Das belegt", so Försterling, "dass man die Lage in den Schulen überhaupt nicht mehr im Griff hat. Mit dem Eingeständnis, dass Meldeketten und Testungen noch nicht einwandfrei funktionieren, dokumentiert der Kultusminister sein Versagen und seine Untätigkeit der letzten Wochen." Es sei aus Sicht von Försterling richtig, Schulen zu öffnen, "aber mit entsprechender Sicherheit, täglichen Tests und geteilten Lerngruppen, so wie wir es schon seit Monaten fordern. Das muss der Minister garantieren und darf nicht die Schüler, Lehrer und Eltern mit ihren Sorgen und Ängsten um einen sicheren Schulbetrieb alleine lassen."


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