Wenig Zeit für Abi-Korrekturen: Sind Lehrer überlastet?

Bei der Landesschulbehörde ist eine Überlastungsanzeige eines Gymnasiums eingegangen. Das Kultusministerium klärt über die Problemlage auf.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Pixabay

Niedersachsen. Aktuell werden an Niedersachsens Gymnasien die Abiturklausuren geschrieben. Das bedeutet nicht nur für die Schüler Stress, sondern im Nachgang auch für die Lehrer. Denn diese müssen die gesammelten Werke ihrer Schüler im Anschluss korrigieren und benoten. Dies führt offenbar aktuell zu Problemen. Der NDR berichtete, es gebe eine sogenannte Gefährdungsanzeige eines Braunschweiger Gymnasiums, da man befürchte, nicht genug Zeit für die Korrekturen zu haben. regionalHeute.de fragte bei der Landesschulbehörde und dem Niedersächsischen Kultusministerium nach.



Gefährdungsanzeige oder besser Überlastungsanzeigen sind prinzipiell schriftliche Informationen eines Arbeitnehmers an seinen Vorgesetzten oder Arbeitgeber, dass eine überhöhte Arbeitsbelastung zu Schäden führen könne. Die Pressestelle der Regionalen Landesämter für Schule und Bildung teilt auf Anfrage mit, dass aktuell eine schriftliche Überlastungsanzeige aus einer Schule vorliege.

"Gesundheitsgefährdende Belastungssituationen"


Und darum geht es: "Es wird befürchtet, dass aufgrund der terminlichen Vorgaben durch das Zentralabitur und der sich daraus ergebenden sehr kurzen Korrekturfristen für die Fachprüfungsausschüsse – im vorliegenden Fall im Fach Englisch – nicht ausreichend gewissenhaft und somit gegebenenfalls auch nicht ausreichend rechtssicher korrigiert werden kann und dass dieser Umstand in einzelnen Fällen auch zu gesundheitsgefährdenden Belastungssituationen für die davon betroffenen Lehrkräfte führen kann", berichtet Pressesprecherin Bianca Trogisch.

Doch was hat so eine Anzeige für Auswirkungen und Konsequenzen? "Der Sachverhalt wird schulfachlich und dienstrechtlich in den dafür zuständigen Dezernaten im jeweiligen regionalen Landesamt geprüft. Je nach Ergebnis der Prüfung werden daraus gegebenenfalls Maßnahmen zur Abhilfe der Belastungssituation abgeleitet", so die Pressesprecherin.

Vergleichbarkeit des Abiturs in Deutschland


Im Kultusministerium hat man grundsätzlich Verständnis für die Problematik und erläutert die Hintergründe. In einigen Fächern müssen nach Absprache der Länder die Klausuren bundesweit am gleichen Termin geschrieben werden. Ziel sei es, die mit den Abiturprüfungen der Länder verbundenen Anforderungen anzugleichen, um die Vergleichbarkeit des Abiturs in Deutschland sicherzustellen. Seit 2022 finden die Klausuren in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik deutschlandweit weitgehend zu demselben Termin statt. Die Koordination der Terminsetzung obliegt dem IQB (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen) in Berlin. In diesem Jahr kamen auch die Fächer Biologie, Chemie und Physik hinzu.

Für Niedersachsen bedeute diese Entwicklung eine große Herausforderung, berichtet Britta Lüers vom Niedersächsischen Kultusministerium: Vor allem deswegen, weil in Niedersachsen (und auch in anderen Bundesländern) der Sommerferienbeginn sich jährlich verschiebt, während er in anderen Bundesländern (zum Beispiel Bayern und Baden-Württemberg) traditionell festliegt und die Ferien dort sehr spät beginnen. Damit sei der Abiturprüfungszeitraum in diesen Ländern auch deutlich länger.

Die zentralen Klausur-Termine für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik und Französisch werden vom IQB in etwa in der Mitte dieses gesamtmöglichen Zeitraums gelegt. Gleichzeitig liegen die Termine deswegen auch in dichter Folge (2025: Deutsch 29.04.; Englisch: 07.05.; Mathe: 09.05.). Das IQB sehe zu dieser Terminsetzung keine Alternative, da nur so sichergestellt werden könne, dass diese Termine in die Abiturprüfungspläne aller Länder aufgenommen werden können.

Von vielen Schülern belegt


Dies bedeute jedoch für Niedersachsen, dass die Klausurtermine in den genannten Fächern in diesem Jahr relativ spät und damit am Ende des Klausurenblocks liegen. Dies ist insofern schwierig, da in der Vergangenheit gerade diese Fächer eher zu Beginn der Klausurenphase geschrieben worden seien, da diese Fächer von sehr vielen Schülern belegt würden und daher auch ein höherer Korrekturaufwand für die Schulen bestehe.

Genau aus diesem Grund habe das Kultusministerium seit der Abiturprüfung 2019 Korrekturtage im Abitur eingeführt, an denen Lehrkräfte teilweise oder ganz vom Unterricht freigestellt werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass die Lehrkräfte die zeitintensiven Abiturkorrekturen in einem angemessenen Rahmen erfüllen können. Über die konkrete Handhabung in der Schule entscheidee im Einzelfall die Schulleitung unter Berücksichtigung dienstlicher – insbesondere pädagogischer – Erfordernisse, besonderer Umstände, der auf das Jahr bezogenen Arbeitsleistung sowie des Ziels einer gleichmäßigen Verteilung von Belastungen.

Arbeitsspitzen abmildern


Die Korrekturtage verfolgten ausdrücklich nicht das Ziel, den gesamten Aufwand der Abiturkorrektur abzubilden, denn diese seien auch Teil der üblichen Dienstaufgaben einer Lehrkraft. Es gehe vornehmlich darum, Arbeitsspitzen abzumildern. Daher halte man die getroffenen Maßnahmen nach fachlicher Einschätzung grundsätzlich für geeignet, um eine angemessene Korrektur der Abiturarbeiten sicherzustellen. Es sei jedoch nachvollziehbar, dass für die genannten Fächer eine längere Korrekturfrist wünschenswert wäre – dies sei bei den derzeitigen Rahmenbedingungen jedoch leider nicht möglich, so das Ministerium.

Zusammenfassend lasse sich jedoch festhalten, dass die zentralen Prüfungstermine in Kombination mit dem „rollierenden Feriensystem“ eine große Herausforderung darstellten. Genau deshalb habe das Ministerium darauf bereits vor einigen Jahren mit den Korrekturtagen reagiert. "Wir nehmen die Kritik, die nun offenbar einzelne Lehrkräfte vorgebracht haben, selbstverständlich zur Kenntnis, halten jedoch alle bisher getroffenen Entlastungsmaßnahmen für ausreichend", so Britta Lüers abschließend.