Niedersachsen. Eine gute und eine schlechte Nachricht hatte Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne am heutigen Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich des Starts ins 2. Schulhalbjahr 2021/2022 zu verkünden. 961 neue Lehrkräfte nahmen heute ihren Dienst auf, fast 300 mehr als aus dem Dienst ausgeschieden sind. Allerdings ging die Unterrichtsversorgung im vergangenen Jahr deutlich auf 97,4 Prozent zurück.
Im 2. Schulhalbjahr 2021/2022 werden an den öffentlichen allgemein bildenden Schulen in Niedersachsen 961 neue Lehrkräfte ihren Dienst aufnehmen: 232 neue Lehrkräfte wurden an Grundschulen eingestellt, 84 an Haupt- und Realschulen, 118 an Oberschulen, 209 an den Gymnasien, 240 an Gesamtschulen und 78 an Förderschulen. Unter den 961 neuen Lehrkräften sind auch 29 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, das entspricht einem Anteil von rund gut drei Prozent. Aus dem Dienst ausgeschieden sind rund 670 Lehrkräfte. Damit konnten im laufenden Einstellungsverfahren erneut deutlich mehr neue Lehrkräfte eingestellt werden, als Stellen durch Pensionierungen frei wurden, was zu einem positiven Saldo von rund 300 Lehrkräftestellen führt.
Besetzungsquote bei 80 Prozent
Bei zunächst 1.200 ausgeschriebenen Stellen liegt die Besetzungsquote bei 80 Prozent. Das Einstellungsverfahren bleibt weiter geöffnet, grundständig ausgebildete Lehrkräfte sowie Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger können sich weiterhin auf dem Einstellungsportal unter https://www.eis-online.niedersachsen.de/ über offene Stellen informieren und direkt bewerben. Zusätzlich zu den rund 961 neuen Lehrerinnen und Lehrern stehen aus dem Aktionsprogramm „Startklar in die Zukunft" 13 Millionen Euro für weitere befristete Einstellungen im Umfang von 120 Vollzeiteinheiten bereit. Bereits bestehende 160 Vollzeiteinheiten aus dem ersten Schulhalbjahr werden damit aufgestockt, so dass insgesamt bis Ende des Jahres 2022 280 Vollzeiteinheiten zur Verfügung stehen. Damit können insbesondere Studierende sowie Pensionäre und Quereinsteigende noch kurzfristig zusätzlich eingestellt werden.
Die Unterrichtsversorgung an den niedersächsischen öffentlichen allgemein bildenden Schulen erreicht zum Statistikstichtag im 1. Schuljahr 2021/2022 am 16. September 2021 einen landesweiten schulformübergreifenden Durchschnittswert von 97,4 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 99,0 Prozent).
Die Werte nach Schulformen:
- Grundschulen 100,1 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 101,5 Prozent)
- Realschulen 96,4 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 98,0 Prozent)
- Hauptschulen 93,0 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 93,7 Prozent)
- Oberschulen 94,6 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 96,1 Prozent)
- Förderschulen 90,8 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 93,2 Prozent)
- Gesamtschulen 95,9 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 98,9 Prozent)
- Gymnasium 99,3 Prozent (Schuljahr 2020/2021: 100,2 Prozent)
"Nicht prognostizierbar hohes Ausmaß von Elternzeit"
Das Minus von 1,6 Prozentpunkten bei der statistischen Unterrichtsversorgung setze sich einerseits zusammen aus höheren Bedarfen durch gestiegene Schülerzahlen sowie einem Anwachsen der Bereiche Inklusion und Ganztag, was bereits 330 Vollzeitlehrereinheiten (VZE) oder 0,6 Prozentpunkte bei der Unterrichtsversorgung ausmache. Außerdem sehe sich das Land aktuell einem nicht prognostizierbar hohen Ausmaß von Elternzeit, Teilzeitbeschäftigung aus familiären Gründen und Ermäßigung der Arbeitszeit wegen Elternzeit - insgesamt im Umfang von rund 14.000 Lehrkräftestunden mehr im Vergleich zum letzten Stichtag im Vorjahr 2020 - konfrontiert. Diese Stunden ergeben ein Fehl von rund 510 Vollzeitlehrereinheiten oder von rund 1,0 Prozentpunkten bei der Unterrichtsversorgung.
Weiterhin zu Buche schlagen die Wiederbereitstellung von 7.000 Poolstunden und damit die Erhöhung der Lehrkräfte-Soll-Stunden zur schulischen Schwerpunktsetzung (270 VZE beziehungsweise 0,5 Prozentpunkte Unterrichtsversorgung) sowie die Fortschreibung der zusätzlichen 6.200 Corona-Entlastungsstunden für Grundschulleitungen im Umfang von 221 Vollzeitlehrereinheiten oder rund 0,4 Prozentpunkten in der Unterrichtsversorgung.
"Der Wert ist unbefriedigend"
Kultusminister Tonne kommentiert: „Ich bin natürlich nicht glücklich mit diesem Wert, er ist unbefriedigend. Wir waren auf einem guten Weg, was die Stabilisierung der Unterrichtsversorgung angeht. Jetzt haben wir eine Delle. Aber eine Delle, die erstens erklärbar ist und die wir zweitens absehbar wieder ausgleichen können. Wir haben es in diesem Jahr mit einer Mischung aus Sondereffekten durch die Pandemie, der individuellen und nicht zu kritisierenden Entscheidung von Lehrkräften für die Familie und sehr bewussten Maßnahmen pro Qualität in Schule und Entlastung zu tun. Das Volumen von 510 Vollzeiteinheiten steht perspektivisch allerdings wieder zur Verfügung. Sukzessive werden die Lehrkräfte in den Dienst zurückkehren, Stunden wieder aufstocken und für Unterricht zur Verfügung stehen. Die 14.000 im laufenden Schuljahr fehlenden Stunden sind also weiterhin grundsätzlich im System. Nichts desto weniger gilt es, insbesondere die anhaltenden strukturellen Herausforderungen noch konsequenter anzupacken. Insbesondere die Schwierigkeiten beim Quereinstieg werden wir beseitigen. Zudem muss die Attraktivität des Lehrkräfteberufes allgemein und an bestimmten Schulformen in für Absolventinnen und Absolventen weniger beliebten Standorten im Land erhört werden."
Über eine neu eingesetzte Steuerungsgruppe zur Lehrkräftegewinnung würden kurz-, mittel-, und langfristige Maßnahmen umgesetzt. Kurzfristig sind ergänzend zu den bereits erfolgten Kompensationsmaßnahmen durch die rund 300 Mehreinstellungen und das 120-VZE-Volumen für befristete Einstellungen auch die Verfahren zur Einstellung in den Quereinstieg beschleunigt worden, unter anderem durch die vorsorgliche Prüfung aller noch im Bewerberpool vorrätigen Bewerberinnen und Bewerber auf Eignung und Fächer (Vorratsprüfung). Zudem würden Bewerbungen für Personen ohne Bachelor- oder Masterabschluss für befristete Einstellungen in den Schulen des nicht gymnasialen Sekundarbereichs I künftig ermöglicht und zwar durch die Anerkennung von Fachschulausbildungen und Meisterprüfungen als Bachelorersatz.
Flächenprämie als Argument
Der Kultusminister: „Wir werden zudem die Lehrkräfte in den benachteiligten Regionen und Schulformen verstärkt auf die Flächenprämie hinweisen, die in Einzelfällen gezahlt werden und einen nennenswerten Aufschlag auf das Gehalt darstellen kann. Diese Flächenprämie kann einen echten Anreiz bieten und wir werden sie auch für das kommende Einstellungsverfahren so intensiv bewerben und nutzen wie möglich."
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