Schladen. Am Abend der Deutsch-Russischen Sommernacht 2013 wurde die Vorsitzende des Förderkreises Heimathaus Alte Mühle Dorothee Schacht von Frau Dagmar Nabert auf deren besonderes Schicksal als Baby einer Zwangsarbeiterin angesprochen. Schnell entstand die Idee von einem Lichtbildervortrag bei einen Winterabend zu gestalten, untermalt von russischen Liedern ihres Ehemanns Rudolf Nabert, einem ausgebildeten Konzertsänger.
Am 23. Januar war es soweit und im gut gefüllten Heimathaus stimmten Bilder und Gedichte die Zuhörer auf das große, weite und faszinierende Russland ein.
Dagmar Nabert berichtete wie ihre Mutter in Belgorod von deutschen Soldaten gefangen und mit vielen anderen jungen Frauen zur Arbeit in einem Lazarettzug gezwungen wurde. 1943 wurde wegen der vorrückenden Roten Armee dieser Zug ins Reich zurück verlegt. Ein Arzt holte sie in die Praxis seines Schwagers nach Jesnitz. Dass sie schwanger war, hatte sie die ganze Zeit verschwiegen, damit sie nicht zur Abtreibung gezwungen wurde. Bis kurz vor der Entbindung musste sie dort hart arbeiten und wurde dann nach Burg abgeschoben. Ohne jegliche finanzielle Unterstützung auf sich allein gestellt, gab sie dann ihre Tochter in ein Kinderheim. In den ersten neun Monaten konnte sie ihr Baby 1 mal in der Woche besuchen. Danach war es nicht mehr möglich. Am Kriegsende suchte sie ihre Tochter, konnte sie aber nicht mehr finden und musste ohne sie wieder nach Russland zurückkehren. Dort verschwieg sie ihr Schicksal, denn Zwangsarbeiter galten unter Stalin als Verräter und wurden nach Sibirien verschleppt.
Als die Amerikaner einrückten, war nämlich die kleine Dagmar zu ihrer Sicherheit von einem lieben Ehepaar adoptiert worden.
Mit zwölf Jahren wurde sie von einer Gleichaltrigen angesprochen: Du bist ja gar keine Deutsche! Sie traute sich nicht mit ihren Eltern darüber zu sprechen. Es war ihr ungeheuerliches Geheimnis. Erst mit 16, als sie ihren späteren Mann kennenlernte, offenbarte sie ihm dieses Geheimnis das erste Mal. Als sie ihn mit 20 Jahren heiratete, hielt sie zum ersten Mal ein Dokument mit ihrem wirklichen Namen in den Händen. Zwei Töchter wurden geboren. Erst als diese erwachsen waren und die Wende kam, begann sie nach ihrer Herkunft zu suchen. In Burg begann ihre Odyssee mit Hoffnung und Verzweiflung. Urkunden, Archive, Presse, DRK mit dem internationalen Suchdienst brachten keine Ergebnisse nach dem Grab ihrer Mutter. Erst nach einer Fernsehsendung über solche Schicksale meldete sich eine Russin aus Berlin, die aus Belgorod stammte. Diese Frau übersetzte einen Suchbrief ins Russische, welcher in der Presse von Belgorod erschien.
Im September 1999 meldete sich dann tatsächlich ihre Mutter, welche sie 2 Monate später bei einem Besuch in Belgorod endlich in die Arme schließen konnte. Außer ihrer Mutter fand Dagmar Nabert auch noch einen Halbbruder mit seiner Familie. Auch die Gräber ihrer Großeltern konnte sie besuchen. Ihr Ehemann stand immer an ihrer Seite und hat sie immer bei der Suche unterstützt.
Nach 14 Besuchen und 2 Gegenbesuche starb dann ihre Mutter im Alter von 88 Jahren. Es waren zehn geschenkte Jahre.
Die Bilder von Russland mit der schönen Natur und der russischen Bevölkerung und den stimmungsvollen russischen Lieder von Rudolf Nabert ließen die Zuhörer die russische Seele spüren, wofür sie begeistert Beifall spendeten.
Mina Egel von den Landsmannschaften der Deutschen aus Russland war sehr ergriffen und überreichte Dagmar Nabert und Dorothee Schacht für ihren Einsatz einen Blumenstrauß. In der anschließenden Gesprächsrunde bei Glühwein und Käsespießen berichteten Elisabeth Ehrmanntraud und Olga Kriger aufgewühlt über ihre eigenen Erlebnisse.
Wer Interesse an einer solchen Veranstaltungen hat, kann sich bei Dagmar Nabert unter 05322 51216 melden.
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