Anfrage zum Hochwasserschutz: Pink zeigt sich irritiert


Bürgermeister Thomas Pink (li.) ist über die Öffentlichmachung seiner Anfrage irritiert. Archivfoto: regionalHeute.de
Bürgermeister Thomas Pink (li.) ist über die Öffentlichmachung seiner Anfrage irritiert. Archivfoto: regionalHeute.de

Wolfenbüttel. Vergangene Woche hatte der Wolfenbütteler Landtagsabgeordnete Frank Oesterhelweg in einer Pressemitteilung darüber berichtet, dass er eine Anfrage an die Stadt Wolfenbüttel gestellt habe, welche Maßnamen zum Hochwasserschutz getroffen worden seien. Bürgermeister Thomas Pink zeigt sich nun seinerseits in einer Pressemeldung über die Vorgehensweise irritiert, gibt aber ausführlich Auskunft.


Etwas irritiert, aber nicht verwundert über den Politikstil des Herrn Landtagsabgeordneten Oesterhelwegsei Bürgermeister Thomas Pink schon. „Es ist eigentlich nicht üblich, dass Amtsträger Anfragen an Hauptverwaltungsbeamte öffentlich machen. Insofern zweifele ich hier schon etwas an der Ernsthaftigkeit in der Sache und denke vielmehr, dass es sich um einen neuerlichen Versuch persönlicher Profilierung handelt“, so Thomas Pink.

"Die Maßnahmen können sich durchaus sehen lassen"


Klar sei auf jeden Fall, dass durch die Öffentlichmachung derartiger Korrespondenz ganz sicher kein zusätzlicher Druck auf den Adressaten der Anfrage entwickelt werde. „Da die Stadt Wolfenbüttel nach dem Hochwasser 2017 jedoch erhebliche Maßnahmen ergriffen hat, die sich durchaus sehen lassen können, habe ich die Fragen selbstverständlich gern beantwortet und denke, dass dieses ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte!“, unterstreicht der Bürgermeister.

Die Stadt Wolfenbüttel betreibt angesichts des hiesigen Verlaufs der Oker und der damit in Zusammenhang stehenden abstrakt-generellen Gefährdung der flussnahen Gebiete, insbesondere im Bereich der historischen Alt- und Innenstadt, seit jeher einen aktiven Hochwasserschutz. Nach Auswertung des Hochwasserereignisses im Sommer 2017 wurden die ohnehin gegebenen Schutzmaßnahmen noch einmal punktuell und zielführend verstärkt.

Die Maßnahmen im Einzelnen


1. Entwicklung eines digitalgestützten Frühwarnsystems

Die Stadt hat in Eigenregie ein digitalgestütztes Frühwarnsystem entwickeln lassen, durch welches der Eintritt, Verlauf und der Stand des Hochwassers im Gebiet der Stadt Wolfenbüttel mit einem Vorlauf von mehreren Stunden exakt vorhergesagt werden kann. Auf Grundlage dieser Daten kann sodann ein hocheffizienter Einsatz der für die Bekämpfung des Hochwassers eingesetzten haupt- und ehrenamtlichen Kräfte erfolgen sowie konkrete Schutzmaßnahmen zielführend und standortbezogen umgesetzt werden. Dieses Frühwarnsystem gewährleistet es, „vor die Lage zu kommen“ und damit das Potential präventiver und im Notfall auch repressiver Maßnahmen des Hochwasserschutzes bestmöglich auszuschöpfen.

2. Zusätzliche Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehr Wolfenbüttel

Weiterhin wurde der Freiwilligen Feuerwehr Wolfenbüttel durch Ratsbeschluss zum Doppelhaushalt 2018/2019 über die Budgetmittel hinausgehend ein „Sondertopf Hochwasserschutz“ in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung gestellt. Mit diesen zusätzlichen Mitteln wurde und wird die Ausstattung der hiesigen Feuerwehr, die ihr bei Hochwassereinsätzen zur Verfügung steht (unter anderem) verfügt dieFreiwillige Feuerwehr Wolfenbüttel über einen Mobildeich) entsprechend ergänzt.

3. Hochwasserschutzkonzept

Naturgemäß ist Hochwasserschutz eine Aufgabe, die über den eigenen kommunalen Zuständigkeitsbereich hinausgeht und im überregionalen Kontext steht. Im Rahmen der „Hochwasserpartnerschaft Oker“ wird im interkommunalen Austausch das 2012 erstellte „Integrierte Hochwasserschutzkonzept Nördliches Harzvorland“ fortlaufend aktualisiert und mit Maßnahmen unterlegt. Koordiniert durch den Wasserverband Peine wurden die Grundlagen für die Hochwasserverläufe im Flusssystem der Oker sowie Handlungserfordernisse für Schutzmaßnahmen, auch und insbesondere im städtischen Gebiet bezüglich der Altenau und des Brückenbaches, untersucht. Daraus ergaben sich unter anderem die nachfolgend genannten städtischen Initiativen:

4. Vorhaben Rückhaltebecken Altenau

Die Stadt Wolfenbüttel setzt sich seit mehreren Jahren für ein Rückhaltebecken an der Altenau östlich der Wendessener Mühle ein. Diese Maßnahme stellt einen wichtigen Baustein zur Entschärfung der Hochwassersituationen im flussaufwärtigen Verlauf der Oker dar. Die Planungen für dieses Vorhaben werden in enger Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Wolfenbüttel unter Einbeziehung eines auf wasserbauliche Untersuchungen spezialisierten Ingenieurbüros aus Braunschweig vorangetrieben.

5. Rückhaltebecken Halchtersche Straße

An der Halchterschen Straße ist 2013 ein etwa 13.000Quadratmeter großes Retensionsbecken zur Kompensation der Eingriffe in das Überschwemmungsgebiet der Oker entstanden. Auf der Fläche an der Halchterschen Straße ist eine insgesamt 30.500Quadratmeter große Fläche als Retensionsvolumen genehmigt. Um den kurzfristigen Bedarf zu decken, hat die Stadt in diesem Jahr weitere 12.200Quadratmeter als Hochwasserrückhaltfläche hergerichtet. Die Erweiterung der Maßnahme als Überschwemmungsfläche wurde für rund 420.000Euro umgesetzt. Die Wirksamkeit der Fläche ist bereits durch das Hochwasser im Jahre 2017 belegt worden.

6. Hochwasserschutz „Am Okerufer“

Im Rahmen der Umsetzung der Bauleitplanung wurde ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt, in dessen Zusammenhang der Hochwasserschutz für die Bereiche „Am Okerufer“, „Grüner Platz“ und für das Pflegewohnstift Steinhäuser Gärten vorbereitet worden ist. Die Auftragserteilung für die Fortführung der Planung zur Realisierung der Maßnahme ist bereits angebahnt. Die Hochwasserschutzmaßnahme ist im Haushaltsentwurf der Stadt für die Jahre 2021/2022 veranschlagt und soll planerisch in Kürze umgesetzt werden. Hier entsteht eine Mulde, die sich positiv auf den Abfluss des Gewässers auswirkt und durch eine Verwallung die angrenzenden Wohngebiete dauerhaft vor künftigen Überschwemmungen schützen wird.

7. Kooperation der Städte Braunschweig und Wolfenbüttel zum Hochwasserschutz

Darüber hinaus haben die Städte Wolfenbüttel und Braunschweig im Wege der Kooperation Maßnahmen zum Hochwasserschutz erörtert und sich in einer gemeinsamen Stellungnahme an das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz (als Anlage beigefügt) gewandt. In dieser Stellungnahme sprechen beide Städte unter Bezugnahme auf den Runderlass des Ministeriums vom 11. November 2016 konkrete Empfehlungen zur Feststellung und Festsetzung des Überschwemmungsgebietes der Oker aus.

8. Versicherungsschutz bei Hochwasser

Die Stadt Wolfenbüttel ist hinsichtlich der durch Hochwasserereignisse entstehenden Schäden an und in städtischen Gebäuden nicht versichert. Von Seiten der Versicherungsunternehmen werden im Hinblick auf den Versicherungsschutz für Hochwasserschäden vier verschiedene Gefährdungsklassen geführt, die sich nach der statistischen Häufigkeit des wahrscheinlichen Schadeneintritts unterscheiden. Während die Gefährdungsklasse 1 (sehr geringe Gefährdung) von einem statistischen Hochwasser ausgeht, das sich alle 200 Jahre realisiert, liegt der Gefährdungsklasse 4 (hohe Gefährdung) ein statistisch alle 10 Jahre auftretendes Hochwasser zugrunde. Die in Okernähe befindlichen städtischen Gebäude liegen, wie zum Beispiel das vom Hochwasserereignis 2017 betroffene Gymnasium Große Schule, nahezu allesamt in Gebieten der Gefährdungsklasse 4. Hier wird von Seiten der Versicherungsunternehmen entweder gar kein Versicherungsschutz angeboten oder ein Versicherungsbeitrag verlangt, dessen Höhe nicht in einem angemessenen Verhältnis zu möglichen beziehungsweise wahrscheinlichen Hochwasserschäden steht.

9. Erforderliche Unterstützung durch das Land

Hochwasserschutz kann nur dann gelingen, wenn das Problem an der Wurzel gepackt wird. Die Verhinderung von Katastrophenszenarien durch Hochwasserereignisse bedingt einen deutlich über den kommunalen Raum hinausgehenden Ansatz. Daher habe ich mit meinem Amtskollegen aus der Partnerstadt Blankenburg, Herrn Bürgermeister Breithaupt, im Jahr 2017 in einem gemeinsamen Brief an die Umweltminister der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt die dringende Bitte geäußert, sich in verstärktem Maße länderübergreifend mit diesem Thema zu befassen. Mein Eindruck ist, dass hier noch Verbesserungspotentiale gehoben werden können.

Gleiches gilt für den Austausch des Landes Niedersachsen mit den betroffenen Kommunen. Unmittelbar nach dem vorgenannten Hochwasserereignis fand im September 2017 im Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport eine Zusammenkunft von Landes- und Kommunalvertretern statt, in denen die Erfahrungen der Einsatzkräfte zusammengetragen und Handlungsbedarfe für künftige Lagen erörtert wurden. In dieser Besprechung wurde von den kommunalen Vertretern darauf hingewiesen, dass es nicht ausreicht, wenn unmittelbar nach einem Hochwasserereignis ein einmaliger Austausch erfolgt, dem dann - bis zum nächsten Hochwasser - keine weiteren nachhaltigen Schritte folgen. Nach meiner Wahrnehmung ist der notwendige Prozess bedauerlicherweise nicht, zumindest nicht in dem gebotenen Umfang fortgesetzt worden. Vielmehr scheint der Hochwasserschutz angesichts der „ruhigen“ Jahre 2018 und 2019 wieder in den Hintergrund gerückt zu sein, was angesichts seiner Bedeutung fatal wäre.

Das Land steht in der Verantwortung, die Kommunen durch Planung, Koordination und Ressourceneinsatz zu unterstützen und in die Lage zu versetzen, die Menschen in den Städten und Gemeinden so umfassend wie möglich vor Hochwassergefahren zu schützen, so Thomas Pink.

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