Astrid Schecker-Loch: "Kunst braucht es"

von Sina Rühland


| Foto: Sina Rühland



Wolfenbüttel. Von ihr ist das wohl prägnanteste Mahnmal der Stadt. Die Künstlerin Astrid Schecker-Loch hat gemeinsam mit ihren Kursschülern vor neun Jahren das Jüdische Denkmal konstruiert, das seither aus dem Boden des Harztorplatzes ragt.

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Das Jüdische Mahnmal am Harztorplatz. Foto: Sina Rühland



Man hat sie dafür gefeiert, man hat sie dafür beschimpft. Nachdem das Mahnmal zum Gedenken der jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft im Boden betoniert war, erntete Astrid Schecker-Loch neben großer Zustimmung auch harsche Kritik. Gegner nannten es Schrott, fragten öffentlich, was denn Kunst mit der Verfolgung der Juden zu tun hätte. Sicherlich hätten Marc Chagall, Charlotte Salomon oder Mark Rothko darauf etwas zu erwidern gewusst. Um die Arbeit an dem Mahnmal und die Prozesse bis hin zur Entstehung festzuhalten, hat Schecker-Loch kürzlich und nur für sich einen Bildband gestaltet. Bilder des Entstehens, Erinnerungen an die Einweihung, eine Interpretation des Werkes. So versinnbildlichen die massiven Stahl-Streben die Deportation und die Zwangsarbeit der Juden. Die Steine weisen auf die jüdische Tradition hin, eben solche am Grabstein eines Verstorbenen abzulegen. Ein Davidstern umringt das Mahnmal.

Während Astrid Schecker-Loch auf der Bank in ihrem aufblühenden Garten sitzt und in dem Buch blättert, streicht sie vorsichtig über die Seiten. Sie hat die Briefe, auch die kritischen, mit abgedruckt. Mit anderen Meinungen kann sie umgehen. „Es war irgendwann zur Fußball-Weltmeisterschaft, da ging ich an dem Mahnmal lang und entdeckte diese Farben daran, die sich Fans oft ins Gesicht schmierten. Einige haben sich furchtbar darüber aufgeregt, ich fand es eigentlich nicht schlimm“, erzählt die 57-Jährige. Alles unterliege einem Prozess, so auch die Kunst.

Werkstattkind


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Die Künstlerin in ihrem Atelier. Foto: Sina Rühland



Schecker-Loch hat schon früh das Gestalten und Handwerken mitbekommen, die Basis eines jeden Kunsthandwerkes. “Mein Vater ist Malermeister, meine Mutter Näherin. Ich habe schon früh mitgeholfen und Farbeimer geschleppt – ich bin ein Werkstattkind. Vielleicht liegt in dieser Zeit auch die Basis für meine Kunstschule, denn ich hatte schon früh viel mit Materialien zu tun und bin zwischen verschiedenen Techniken hin und her gesprungen.“ Das Arbeiten mit den Händen, das Gestalten von Raum, diese Dinge lagen ihr, und so entschied sie sich 1974 für eine Ausbildung zur Schaufensterdekorateurin – ein damals von Männern dominierter Beruf. „Zu dieser Zeit mussten wir noch viel mehr tischlern, als man das heute macht. Ich beendete meine Ausbildung und entschied mich, noch mal zu studieren. Ich ging an die Fachhochschule Hildesheim und studierte dort Grafik-Design.“ Schnell sei ihr klar gewesen, dass sie sich selbstständig machen wolle.

Auf dem Weg zur eigenen Kunstschule


„Ich habe damals für das Dachdeckerhandwerk gearbeitet und fachbezogene Illustrationen gemacht. Es war wohl mal etwas anderes, denn ich nahm nach der Ausstellung nur ein Bild wieder mit nach Hause. Kunst braucht es eben.“ Als sie irgendwann bei einem Ausflug in den Harz eine Töpferei entdeckte, die neben einem Café auch eine Werkstatt und einen Ausstellungsraum hatte, wusste sie, dass sie ein eigenes Atelier haben wollte. „Das war der Anfang. Ich fand einen leerstehenden Raum und stellte erstmal Bilder von David Powel aus“, erzählt sie. Das Atelier brachte den Namen ihrer privaten Kunstschule hervor: Rundum Kunst. Mittlerweile ist das alles knapp zwei Jahrzehnte her; Astrid Schecker-Loch ist inzwischen mit ihrer Kunstschule in ein großes, helles Atelier in ihrem Haus gezogen. Ihr 20-jähriges Jubiläum feiert sie am 11. Juli mit Freunden, Schülern, Bekannten und Kunst, umgeben von einer weiteren Leidenschaft, dem Garten von ihr und ihrem Dr. Hans-Peter Loch.

Kunst für den Ort


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Eine ihrer Leidenschaften ist der Garten. Foto: Sina Rühland



Seit der Gründung ihrer Kunstschule unterrichtet sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene, arbeitet in Projektgruppen, fertigt Auftragsmalereien oder hilft Studenten bei ihren Mappen für die Kunsthochschule. Das private Zeichnen ist ihr geblieben, oft sitzt sie in dem hellen Dachatelier und malt Aquarelle. Überall im Haus hängen Werke von ihr. Motive, die irgendwo koexistieren. Ihre letzte Ausstellung zierte die Wände des Schmidt-Terminals, ihr nächstes Projekt hat bereits begonnen. „Einer meiner Kurse darf den Titel für einen Gedichtband gestalten. Es sind Texte eines Wolfenbüttelers in der Herzog August Bibliothek gefunden worden, die nun gebunden werden sollen. 'Gedichte vor Auschwitz‘ soll es heißen und einer meiner Schüler gestaltet den Buchdeckel.“ Es ist nicht ihr erstes Projekt, das für und von Wolfenbüttelern entsteht. „Ich habe mir auf die Fahnen geschrieben, etwas für den Ort zu machen“, sagt Astrid Schecker-Loch.


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