AWO kritisiert 10-Punkte-Plan zum Kita-Ausbau: Ein Plan ohne Folgen


| Foto: Marc Angerstein



[image=5e1764c7785549ede64ccec5]„Großen Ankündigungen folgen leider nicht immer große Taten. Wir hatten sehr viel mehr erwartet“, kritisiert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig, Dirk Bitterberg, das heute vorgestellte 10-Punkte-Papier der Bundesregierung zum Ausbau der Kinderbetreuung.

„Der Plan ist ein Offenbarungseid – Die Bundesregierung zeigt damit, dass sie auch vier Jahre nach Vereinbarung des Rechtsanspruchs und ein Jahr vor seinem Inkrafttreten nicht weiß, wie der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz eingehalten werden kann“, erklärt Bitterberg. Zwar enthalte der Maßnahmenkatalog einige richtige Ansätze, sein eigentliches Ziel aber, den Kita-Ausbau so voranzutreiben, dass der Rechtsanspruch nächstes Jahr eingehalten werden kann, werde glatt verfehlt. „Der Plan wird so gut wie folgenlos bleiben“, zeigt sich Bitterberg enttäuscht. „Er kommt viel zu spät und beinhaltet viele bereits bekannte Maßnahmen, die bisher kaum Wirkung gezeigt haben“, moniert der stellvertretende AWO-Bezirksvorsitzende.

„Zinsgünstige Kredite mögen im Einzelfall sinnvoll sein, sie wirken aber nicht in der Fläche. Es ist völlig unverständlich, dass sich die Bundesregierung monatelang in Grabenkämpfen um ein völlig überflüssiges Betreuungsgeld verzettelt, statt sich aktiv für den Kita-Ausbau zu engagieren. Und was die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit mit dem Kita-Ausbau zu tun hat, bleibt auch unklar“, zeigt sich Bitterberg irritiert und fügt hinzu: „Es fällt auf, dass mit einer wolkigen und blumigen Sprache von den Kernproblemen abgelenkt werden soll, nämlich, dass man den Eltern gegenüber sein Versprechen auf einen Betreuungsplatz nicht einhalten können wird.“

Als Trägerin von über 2.200 Kitas in ganz Deutschland, davon 30 in der Region zwischen Harz und Heide, erhebt die AWO  „AWO-Forderungen zur Umsetzung des Rechtsanspruches auf Kindertagesbetreuung zum 1. August 2013“. Hierin fordert die AWO einen Ausbau, der dem tatsächlichen Betreuungsbedarf entspricht, aber gleichzeitig die hohe Qualität der Kindertagesbetreuung garantiert. Darüber hinaus fordert die AWO, ausreichende und flexible Betreuungszeiten und Beitragsfreiheit für alle Kinder, damit diese gleiche Chancen auf frühkindliche Bildung und Betreuung, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Wohnort, haben.

Zu den Punkten im Einzelnen:

1.            Festanstellung von Tagespflegepersonen

Die AWO begrüßt die Festanstellung von Kindertagespflegepersonen ausdrücklich. Bereits seit etlichen Jahren betreibt die AWO ein Modell mit fest angestellten Tagemüttern in Kiel und hat hier gute Erfahrungen gemacht. Indes gilt hier was für den gesamten 10-Punkte-Plan gilt: Für einen nennenswerten Beitrag kommt diese Initiative zu spät. Dies wiegt an dieser Stelle umso schwerer, als das in der Planung von 2007 ein Drittel  aller Plätze in der Kindertagepflege hätten entstehen sollen. 

2.            Stärkung der Kindertagespflege

Ohne eine dauerhafte berufliche Perspektive wird ein Mehr an Plätzen in der Kindertagespflege nicht zu haben sein.  Als Sparmodell taugt eine anspruchsvolle Kindertagespflege aber nicht. Dennoch begrüßt die AWO ihre Stärkung.

3.            Gewinnung von Fachpersonal

Fachkräftegewinnung, -bindung und Qualifizierung sind unbedingt notwendig. So sehr eine bessere Vergütung Not tut, so wenig beantwortet dieser Punkt die Frage, was der Bund zur Finanzierung der Kosten beiträgt.

4.            Ausbau betrieblicher Kinderbetreuung

Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung auszubauen, ist überall da wünschenswert wo andere, wohnortnahe Lösungen versagen. Die AWO begrüßt den Ausbau betrieblicher Kinderbetreuung, gibt aber zu bedenken, dass Betriebs-Kitas kein kommunales, wohnortnahes Betreuungsangebot ersetzen können.

5.            Ausschöpfung von Betreuungs-Potentialen

Was soll das Ziel dieses Punktes sein? Ein Kita Schichtsystem,  Tagesmütter- und Väter, die im Wechsel acht oder zehn Kinder betreuen? Gerade kleine Kinder brauchen verlässliche Bezugspersonen und vertraute Abläufe. Betreuung, Bildung und Erziehung ist nicht modularisierbar. Betreuungsplätz sind nicht teilbar.

6.            Qualitätscheck

Der Qualitätscheck suggeriert ein Qualitätsversprechen und meint möglicherweise Standardsenkung. Das bloße Versprechen des Bürokratieabbaus schafft keine Betreuungsplätze. Die Debatte um die ausbauverhindernden bürokratischen Hindernisse wurde bereits bei der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes Anfang der 90er Jahre geführt. Mal  ist es die Höhe der Kleiderhaken, die den Ausbau angeblich verhindert, mal die Frage nach Toilettenräumen. Nicht jede Regelung muss richtig und notwendig sein, im Kern geht es aber um die Sicherstellung qualitativer Mindeststandards.

7.         Zinsgünstige KfW-Kredite

Es mag im Einzelfall sinnvoll sein über schnell zur Verfügung gestellte Kredite nachzudenken, in der Fläche bleibt dies wirkungslos. Richtiger und konsequent wäre es die Bundesmittel für den Betreuungsausbau zu erhöhen. Für bereits jetzt völlig überschuldete Städte oder Gemeinden ist das keine Lösung. Die AWO fordert, die für das Betreuungsgeld geplanten Mittel in den Kita-Ausbau zu stecken.

8.          Ausschöpfung finanzieller Spielräume  

„Vom Wiegen wird die Sau nicht schwerer“. Es ist schon seit Jahren klar, dass die ursprünglich avisierte Quote von 35 Prozent nicht reichen wird, um den Betreuungsbedarf zu decken, es bleibt das Geheimnis der Regierung woher aus zu wenig Mitteln plötzlich ausschöpfungsfähige Reste entstehen sollen.

9.      Qualitätsgesetz

Die AWO begrüßt die Bestrebungen für ein Qualitätsgesetz auf Bundesebene als Schritt hin zu stärkerer Verlässlichkeit über Landesgrenzen hinweg. Trotzdem wird auch hier nicht klar, wie dadurch mehr Betreuungsplätze entstehen sollen.

10.  Internationale Zusammenarbeit

Auch hier gilt, in der Sache nicht falsch, hinsichtlich des gewünschten Ausbaus an Betreuungsplätzen aber von folgenloser Richtigkeit.


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