Das Klassenbuch der Zukunft: Die Eselsohren werden uns fehlen

von Thorsten Raedlein




Wolfenbüttel. Sehen so heutzutage Nerds aus? Jene Computer begeisterten, jugendlich gebliebenen Programmierer, die 24 Stunden am Tag vor ihrem Rechner kryptische Zeichenketten eingeben, damit sie selbst von ihrem Smartphone aus ein Problem lösen können, dass es ohne Computer nie gegeben hätte?

Thiago de Carvalho Jonas und Christian Nitsche erfüllen dies Klischee nun gar nicht. Weißes Hemd, dunkle Hose – so ist man heute businessfähig. Müssen die beiden auch sein, denn sie wollen ja ihre Idee an den Mann und die Frau, genauer gesagt, an den Lehrer und die Lehrerin bringen. Und die Idee, ja die hat es in sich: de Carvalho Jonas und Nitsche wollen das Klassenbuch in seiner heutigen Form abschaffen. Die Eselsohren werden uns fehlen…

[image=5e176679785549ede64d1245]Damit es soweit kommen kann, haben die beiden eine Server basierende Software namens TEGO.CLASS entwickelt, mit der Lehrer ihre Unterrichtsinhalte gestalten, Fehlzeiten und Noten ihrer Schüler dokumentieren und die Unterrichtsforschritte auswerten können. Das Klassenbuch der Zukunft halt. Von jedem Betriebssystem aus abrufbar, auf jedem PC, Tablet oder Smartphone verfügbar. Automatische Synchronisation und Verschlüsselung der Daten inklusive – nur eine Verbindung zum Internet wird benötigt. "Die Daten liegen sicher verschlüsselt auf einem unserer Server", erklärt de Carvalho Jonas das Konzept hinter dem Programm aus Nullen und Einsen.


[image=5e176679785549ede64d1246]Die Einsen und Sechsen (und auch die Noten dazwischen) kann indes die Lehrkraft mit TEGO.CLASS bequem erfassen und auswerten. "Die Software spart enorm Zeit und bietet viele Filtermöglichkeiten", sagt Nitsche. Natürlich, – sonst wäre es ja auch kein richtiges Klassenbuch, – lassen sich damit auch Anwesenheit und Fehlzeit der Schüler erfassen. Mit Erinnerungsservice, falls eine Entschuldigung durch die Eltern oder ein Attest fehlt und angefordert werden soll.

[image=5e176679785549ede64d1247]Mit Entschuldigungen kennen sich die beiden Unternehmensgründer übrigens ausgezeichnet aus. Denn eine schnöde Entschuldigung legte noch in ihrer Schulzeit den Grundstein für ihr heutiges gemeinsames Unternehmen, der vaitego GmbH. Damals entschied GiS-Schulleiterin Ulrike Schade, keine handschriftlichen Entschuldigungen mehr akzeptieren zu wollen. "Daraufhin entwickelten wir MyExcuse, einen Online-Entschuldigungs-Generator", erinnert sich de Carvalho Jonas. Das Interesse daran war unerwartet groß. Nicht nur Eltern und Schüler, auch die Medien fanden die Idee berichtenswert. MyExcuse schaffte es in die ZDF Heute-Nachrichten und in den Focus. 

Professor Dr. Reza Asghari, Leiter des Entrepreneurship Centers, hat die Berichte über MyExcuse aufmerksam gelesen und lud die beiden Entwickler zu sich ein. Er stellte ihnen das Entrepreneuership Center vor und welche StartUp-Unterstützung beide erhalten könnten, wenn sie an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften studieren würden.


"Das haben wir dann auch gemacht und ein Stipendium für Förderung von innovativen Gründungsprojekten erhalten. Seitdem haben wir im Center am Exer auch ein Büro, wo wir an unserer Idee weitergearbeitet haben", erzählen beide.


In die Heute-Nachrichten oder in die Tagesschau haben es die beiden mit TEGO.CLASS noch nicht geschafft. Aber das bisherige Interessen von Lehrkräften an der Software ist auch schon enorm. Auf der CeBit in diesem Jahr konnten sie die angefragten Termine fast nicht erfüllen und auch die ersten Wochen des regulären Betriebs nach der Betaphase enttäuschten nicht. In der Basis-Version ist TEGO.CLASS übrigens sogar kostenlos. Den vollen Funktionsumfang gibt es gegen einen monatlichen Obolus – steuerlich absetzbar, versteht sich.

Auf dem Erreichten ausruhen wollen sich die beiden Wolfenbütteler Unternehmer natürlich nicht. Da sind sie einmal ganz Nerd. "Wir sind ständig daran, neue Funktionen zu entwickeln und die Software weiter zu verbessern", sagt de Carvalho Jonas. Da darf auch etwas geträumt werden. "Eine Schulversion zu entwickeln, die alle in einer Schule benötigten Funktionen abdeckt, das wär's", schwelgt er, "und dann noch ein Büro, mitten in der Innenstadt und nach unserem Studium von unserer Firma leben können". Es soll ja Träume geben, die in Erfüllung gehen…


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