Immer mehr Jugendliche weigern sich, zur Schule zu gehen. Das Problem herrscht nicht nur in Großstädten mit sozialen Brennpunkten. Auch im Landkreis Wolfenbüttel werden immer wieder Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen solche Schüler eingeleitet, die ihrer Schulpflicht nicht nachkommen. Allein im letzten Jahr wurden 89 Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Jugendliche wegen Schulverweigerung verhängt.
Damit setzt oftmals eine Kettenreaktion ein. Bußgelder, Arbeitsstunden und Beugearrest. Weil die Jugendlichen aus Wolfenbüttel ihren Arrest in Göttingen antreten müssen, blockieren sie dort die dringend für andere Fälle benötigten Arrestzellen. Die Folge: Erhebliche Kosten und Verzögerungen im Arrestvollzug.
In Kooperation mit dem Jugendamt des Landkreises, dem Amtsgericht und der Kompetenzagentur wird seit 2009 aktiv gegen das Problem des Schulabsentismus - oder im Volksmund: "Schulschwänzerei" im Rahmen des Projektes „Der Wolfenbütteler Weg“ vorgegangen. Unterstützung erhält das Projekt dabei von dem Jugendrichter, Andreas Westendorf, und von der Jugendgerichtshilfe des Landkreises.
Ziel des Projekts ist es, dem Jugendlichen, der die Schule verweigert, ein Beratungsangebot zu unterbreiten, als eine reine Vermittlungstätigkeit. Jedem Arbeitsstündler wird ein Beratungsangebot aufgezeigt, um gemeinsam eine berufliche und soziale Perspektive zu erarbeiten. Bei der Ableistung der Arbeitsstunden werden die Jugendlichen von der Kompetenzagentur individuell unterstützt. Dies führt dazu, dass die Auflagen schneller erfüllt werden. Die Kompetenzagentur Wolfenbüttel arbeitet eng mit den Netzwerkpartnern der Jugendhilfe im Landkreis zusammen. So kann für jeden Jugendlichen ein passgenaues Angebot gefunden werden.
Insgesamt wurden seit 2009 im Rahmen dieses Projektes bereits 389 Jugendliche betreut. Die meisten betroffenen Jugendlichen sind in Haupt- und Berufsschulen gemeldet. Dies bedeutet nicht, dass vom Gymnasium keine Fälle bekannt sind und verdeutlicht, dass es die unterschiedlichsten Gründe für eine Schulverweigerung gibt. Keineswegs seien nur Jugendliche aus schwierigen sozialen und finanziellen Verhältnissen betroffen. Die Fälle sind ganz verschieden. Selbst besorgte Eltern wissen häufig nicht weiter, weil sie ihr Kind nicht mehr erreichen.
In dem Projekt können die Jugendlichen während eines pädagogisch betreuten Gruppenangebots zweimal wöchentlich von 14 bis 18 Uhr ihre Arbeitsstunden ableisten. Im Rahmen dieser Owi-Gruppe wurde jetzt eine Holzbank geplant, entworfen und anschließend in den Räumen der Tischlerei in der Jugendwerkstatt Wolfenbüttel hergestellt.
Der Einsatz und die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten sind die Voraussetzung dafür, dass den Jugendlichen eine Perspektive gegeben werden kann. Westendorf: "Letztlich geht es im Jugendrecht nicht um Bestrafung, sondern um Erziehung. Und dazu gehören die schulische und die berufliche Ausbildung."
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