Der Kulturausschuss der Stadt Braunschweig hat die Stadtverwaltung aufgefordert, ein Konzept für eine Ehrung der sozialistischen Politikerin Minna Faßhauer vorzulegen. Faßhauer war nach der Revolution von 1918 als Volkskommissarin des Landes Braunschweig für Bildung und Soziales zuständig und damit die erste weibliche Ministerin auf deutschem Boden. In ihrer kurzen Amtszeit führte sie u.a. den gemeinsamen Unterricht für Jungen und Mädchen ein und brachte eine Trennung von Staat und Kirche auf den Weg.
Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) weigert sich nun, diesen Beschluss umzusetzen, weil Faßhauer in „Dynamitverbrechen“ verwickelt gewesen sei. Dazu erklärte die Braunschweiger Landtagsabgeordnete der Linken, Ursula Weisser-Roelle:
„Gert Hoffmann will eine Ehrung dieser Pionierin der Frauenemanzipation verhindern, weil ihm ihre sozialistische Gesinnung nicht in den Kram passt. Deshalb greift er auf Nazi-Akten zurück, die angelegt wurden, als Faßhauer im KZ Moringen gefangen gehalten und wegen ‚Hochverrats‘ verfolgt wurde. Die ‚Beweise‘ waren damals so dünn, dass selbst die Nazi-Justiz Faßhauer nach einem Jahr freilassen musste – für Hoffmann reichen sie heute noch aus, um ein würdiges Gedenken an sie zu verhindern. Er handelt damit nolens volens ganz im Sinne jener Nazis, die jede Erinnerung an die WegbereiterInnen der ersten deutschen Demokratie aus dem kollektiven Gedächtnis tilgen wollten.
Die Linke im Landtag wird es darauf nicht beruhen lassen. Bereits vor Jahren haben wir einen Förderverein gegründet, der nach Faßhauer benannt ist; und wir unterstützen die Initiative der Linken im Rat, die ihr endlich die gebührende Ehrung zukommen lassen wollen. Minna Faßhauer gehört in eine Reihe mit den großen Braunschweiger Sozialisten von Wilhelm Bracke bis August Merges.“
Zum Hintergrund: Der Minna-Faßhauer-Verein ist der Förderverein der Fraktion Die Linke im Niedersächsischen Landtag. Die Abgeordneten der Linksfraktion haben ihn gegründet, um ihre Diätenerhöhungen für kulturelle und soziale Zwecke zu spenden.
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