Wolfenbüttel. Das war schon eine ziemlich anrührende Geschichte: Als es beim Neujahrsempfang 2018 im Logenhaus des Odd-Fellow-Ordens an die Verteilung der alljährlichen Spenden ging, trat auch Sibylle Schumacher vor. Darüber berichtet das Deutsche Rote Kreuz.
Die Leiterin des Krisen-Interventionsteams (KIT) im DRK-Kreisverband Wolfenbüttel bedankte sich für einen Zuschuss von 3.300 Euro – und lieferte ein anschauliches Beispiel ihrer Arbeit, das wohl niemanden kalt ließ.
"Stellen sie sich vor, einer ihrer Angehörigen bricht zu Hause zusammen", sagte Sibylle Schumacher, und es wurde sehr still im Saal. "Die Retter treffen zwar rechtzeitig ein, doch nach einem langen Kampf um das Leben des Patienten müssen sie schließlich doch aufgeben." Wer in dieser Situation alleine ist, der kann sehr schnell den Boden unter den Füßen verlieren. "Für solche Fälle steht das KIT bereit."
Die geschulten Kräfte haben Zeit. Sie hören zu und bieten den Betroffenen einen geschützten Raum, um sie vor äußeren Einflüssen zu schützen. "Unsere Gruppe besteht aus acht Helfern, die in Ergänzung zu den Notfallseelsorgern arbeiten", berichtete die Leiterin weiter. An einem Wochenende pro Monat übernimmt das KIT deren Notdienst im Landkreis.
Zehnjähriges Bestehen
Die Gruppe wurde 2008 gegründet, feiert also in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. "Seitdem haben wir viel Zeit in die Schulung, die Kontaktpflege und das Netzwerken gesteckt", erzählte Sibylle Schumacher weiter. Die größte Herausforderung bisher war der dramatische Balkonabsturz im Herbst 2016. "Damals mussten wir nicht nur die Opfer und Angehörigen betreuen, sondern auch viele Helfer, die das alles sehr mitgenommen hat."
Es sei gut, dass das DRK in Wolfenbüttel mit dem KIT sehr ordentlich aufgestellt ist. "In meiner Heimat Bayern gibt es diese Einrichtung überall, und zwar schon ziemlich lange." Auch rund um Braunschweig gibt es inzwischen mehrere Teams, die sich manchmal sogar gegenseitig helfen müssen. "Bei Großschadenslagen kann es durchaus zu kreisübergreifenden Einsätzen kommen."
KIT-Leiterin Sibylle Schumacher (vorne rechts) mit den Logenvertreterinnen Heidi Happe (daneben), Gudrun Graupe (hinten links) und Inge Frenzel-Ellerbrock. Foto: DRK
Arbeit im Verborgenen
Ansonsten jedoch arbeiten die Krisen-Experten des DRK weitestgehend im Verborgenen, denn die Betreuung findet ja ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt. Umso erfreuter waren Schumacher und ihre Mitstreiter über die Spende von stattlichen 3300 Euro. Inge Frenzel-Ellerbrock, Altmeister der Rebekka-Loge Eva König, überreichte den Scheck zusammen mit der Rebekka-Vizepräsidentin Heidi Happe und Obermeister Gudrun Graupe. Das Trio wies darauf hin, dass eine Spende in dieser Höhe außergewöhnlich und bislang einmalig ist für die Rebekka-Loge Eva König, die dieses Jahr ihr 45-jähriges Bestehen feiert und die größte Frauenloge der Deutschen Odd Fellows ist. "Der Erlös aus dem Benefizessen 2017, das zu Gunsten des KIT stattfand, konnte nämlich durch den gemeinnützigen Fond der Deutschen Odd Fellows “Ich helfe” deutlich aufgestockt werden", unterstrich Inge Frenzel-Ellerbrock.
Und noch etwas war ihr ganz wichtig: "Wir möchten hervorheben, dass es den Schwestern der Rebekka-Loge Eva König ein besonderes Anliegen ist, den allesamt ehrenamtlich tätigen Mitgliedern des KIT-Teams mit dieser Spende einen Ausgleich für ihre schwere, menschlich emotionale Arbeit zu verschaffen", betonte sie bei dem Jahresempfang. Das KIT-Team setze nämlich das Bestreben der Odd Fellows in bewundernswerter Weise in die Praxis um: "Gutes zu tun und Hilfe zu leisten für den bedrängten und in Not geratenen Mitmenschen."
Außergewöhnliche Zuwendung
DRK-Kreisvorstand Andreas Ring lobte die außergewöhnliche Zuwendung. "Ohne Spenden dieser Art wären die umfangreichen Hilfeleistungen und Herausforderungen auf den unterschiedlichsten Gebieten nicht zu meistern." Sibylle Schumacher kündigte an, die Logen-Spende zum Teil in eine teambildende Maßnahme zu investieren. "Wir planen ein Selbstbehauptungstraining für unsere Mitglieder", sagte sie. Es habe in der Vergangenheit schon knifflige Situationen gegeben. "Bei diesem Training lernt man auch, wie komme ich raus, wenn es mal hart auf hart kommt."
Viel Betroffenheit gab es bei der Vorstellung des Teams, aber auch viel Applaus. "Nach dem Empfang wurden wir ganz oft angesprochen", sagte die Leiterin später. "Im Grunde sind alle froh, dass es uns gibt."
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